Marter: Thriller (German Edition)
Sie wollen ins Innere von Carnivia vordringen .
Und warum? , fragte Eric zweifelnd.
Weil sie die Vorstellung wurmt, dass da draußen zwei Millionen Leute sind, die Unterhaltungen führen, ohne dass sie sie mitverfolgen können , schrieb Max.
Vielleicht ist es aber noch was viel Konkreteres , antwortete Daniele. Es sind noch fünf Wochen bis zu meiner Verurteilung. Das ist nicht gerade lang, aber wir können die Zeit nutzen, um herauszufinden, was hier vor sich geht. Wenn wir nach den Leuten suchen, die hinter der Sache stecken, wissen wir bestimmt bald mehr. Nur werde ich das Gefühl nicht los, dass wir noch schneller auf etwas stoßen, wenn wir in der Welt von Carnivia selbst suchen .
9
»Lassen Sie die hier vermessen und fotografieren«, wies Piola den Erkennungsdienstler an.
Im Raum blitzte ein grellweißes Licht auf, als Hapadis Kamera die Szene ablichtete und so Piola, Kat und das hastig zusammengestellte Team von Kriminaltechnikern vor dem Hintergrund der rissigen Wände des alten Krankenzimmers einfing. Sie alle trugen inzwischen weiße Overalls, und der Blitz der Kamera ließ es so aussehen, als wären sie für einen kurzen Augenblick verschwunden und dann wieder aufgetaucht, wie Geister.
Im Zentrum der Fotos standen die Symbole, mit denen der marode Gipsputz beschmiert war: Es handelte sich um schlichte Strichzeichnungen, mit denen hastig jedes freie Fleckchen besprüht worden war, selbst die zerbrochenen Fenster. Einige schienen den Zeichen auf dem Arm des Opfers zu ähneln.
Man hatte einen Tisch in die Mitte des Raums gerückt: Darauf standen ein Kelch und ein umgedrehtes Kreuz, und es war nur allzu deutlich, wozu man sie hatte benutzen wollen. Doch selbst das war nichts im Vergleich zu den rostroten Spritzern, die sich wie ein riesiger Tintenklecks über die rückwärtige Wand zogen, oder der langen Schmierspur, die Hinweis darauf gab, dass man die Leiche zu der Verandatür geschleift hatte, die direkt hinaus auf die Lagune führte.
»Erinnert an Beasts of Satan«, meinte Piola leise.
Kat nickte. Das Bekanntwerden im Jahr 2004, dass die rituellen Morde an zwei Sechzehnjährigen von einer Heavy-Metal-Band namens Beasts of Satan angestiftet worden waren, hatte einen massiven öffentlichen Aufschrei ausgelöst – die sogenannte »Satanistenpanik«. Der Vatikan hatte neue Exorzismen eingeführt, Tarotkartenleger und Wahrsager wurden aus dem Tagesprogramm im Fernsehen verbannt. Es hatte sogar Stimmen gegeben, die forderten, Heavy-Metal-Musik zu verbieten. Sie war zu der damaligen Zeit selbst ein Teenager gewesen, doch sie erinnerte sich nur allzu gut daran, wie die Medien in ihrer Hysterie der Polizei vorgeworfen hatten, nicht fähig zu sein, die »Auswüchse des Bösen an der Wurzel zu packen«.
»Und deshalb behalten wir das alles vorerst lieber für uns«, fügte Piola hinzu. »Trotzdem müssen wir die Ermittlungen vorantreiben. Ich werde um ein Team von zwanzig Beamten bitten. Doppelschichten, Überstunden, das volle Programm. Und ich will, dass jedem Einzelnen klar ist, dass nichts zur Presse durchsickern darf, sonst kriegen sie es mit mir zu tun. Würden Sie bitte dafür sorgen?«
»Natürlich.« Sie zögerte. »Heißt das, Sie wollen, dass ich im Hauptquartier bleibe?«
»Nein«, erwiderte er nachdenklich. »Ich glaube, ich habe Sie lieber bei mir.«
Wieder einmal hoffte sie, er möge nicht mitbekommen, wie geschmeichelt sie sich fühlte. »Ich rede mit der Einsatzleitung.«
»Colonnello?«
Sie wandten sich um. Eine Kriminaltechnikerin hielt einen kleinen Lederkoffer hoch. »Ich glaube, das hier sollten Sie sich ansehen.«
Obwohl er Handschuhe trug, nahm Piola den Koffer an den Ecken entgegen und öffnete ihn äußerst vorsichtig, um keine Fingerabdrücke zu zerstören. Im Inneren lagen in separaten Fächern, die zweifelsohne eigens zu diesem Zweck gefertigt worden waren, Oblaten und drei Phiolen mit verschiedenen Flüssigkeiten. Der Inhalt der ersten Phiole war rot, der in der nächsten farblos und der in der dritten grünlich golden.
»Wein, Wasser und Salböl«, sagte Piola.
»Ich glaube, das läuft tatsächlich so … bei einer schwarzen Messe. Sie benutzen eine gesegnete Hostie.« Kat war unweigerlich schockiert. »Um sie zu entweihen.«
Nachdenklich betrachtete Piola die Symbole, die an die Wand geschmiert waren. »Sieht auf jeden Fall so aus.«
»Und dann hätten wir noch das hier, Colonnello«, fuhr die Kriminaltechnikerin fort. Sie hielt ein Stück Plastik von der Größe
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