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Martha im Gepaeck

Martha im Gepaeck

Titel: Martha im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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hin?«
    »Wenn ich es dir doch sage«, fuhr Karen leise fort, »ich habe es ges… Martha? Wohin gehst du denn?«
    Martha hatte das Mädchen mit ihren Bildern einfach stehen gelassen und lief zielstrebig die Treppe hoch, die von der Eingangshalle nach oben führte.
    »Sie können da nicht hoch. Hallo?« Das Mädchen war völlig perplex.
    Martha ging einfach weiter.
    »Jetzt sag doch deiner Oma, dass sie zurückkommen soll«, wandte sich das Mädchen an Mark.
    Der blinzelte erschrocken. »Martha«, rief er folgsam, und als sie nicht hörte, lief er ihr einfach hinterher.
    »Hey, was soll’n das?«, fragte das Mädchen. »Das ist nicht erlaubt.«
    »Entschuldigung«, sagte Karen und schob sie kurzerhand zur Seite. »Unsere Tante ist manchmal ein bisschen äh … ja.«
    »Sie können da nicht hoch«, rief das Mädchen wieder. Sie tat Karen leid, aber darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen.
    »Wir kommen ja auch gleich wieder«, beschwichtigte Bernd das Mädchen, aber das hörte Karen nur noch halb, denn sie hatte Mühe, Martha zu folgen, die mal nach rechts und mal nach links eilte und schließlich in einem langen Flur ankam, der sich, den großen Fenstern nach zu urteilen, im zweiten Stock befand.
    »Martha, was soll denn das, komm zurück«, rief Karen, obwohl sie wusste, dass es zwecklos war, Martha riss nämlich gerade eine Tür auf und schlüpfte in das Zimmer dahinter.
    »Verdammt noch mal!« Karen stürzte hinterher. An der Türschwelle stoppte sie. Im Zimmer befanden sich eine enorme Bücherwand und ein alter Schreibsekretär. Darauf stand ein ziemlich neu aussehender PC , und davor saß ein alter Mann auf einem Stuhl und biss gerade von seinem Sandwich ab.
    Es war John. John MacGregor aus der Destillerie. Er sah verwundert hoch. Heute trug er eine Strickweste und dunkelbraune Cordhosen. Karen bemerkte die Verwirrung auf seinem Gesicht, als er sie erkannte. Aber das war nichts verglichen mit Karens Fassungslosigkeit. Denn John riss bei Marthas Anblick ungläubig die Augen auf. Und als er endlich etwas sagte, zweifelte Karen langsam an ihrem Verstand.
    »Meine Mermaid, bist du das?«

23 Ein Stückchen Tomate war aus John MacGregors Sandwich gerutscht und lag nun direkt neben seinem Schuh auf dem Fußboden. Jeden Moment würde er darauftreten. Karen hoffte, er würde es nicht tun. Denn solange Karen sich einfach nur auf dieses harmlose Stückchen Tomate konzentrierte, nur weiter daraufstarrte, würde vielleicht alles um sie herum verschwinden, sich auflösen wie in einem Traum. Ja, wahrscheinlich träumte sie sowieso noch, lag auf der ausgeleierten Matratze im Pack Horse Hotel und lauschte Bernds Schnarchen, während er sich im Schlaf herumdrehte und von Lachsen oder dem nächsten Whiskygelage träumte.
    Aber es war kein Traum. Die Realität drängte sich in Form von Teresas Stimme in Karens Bewusstsein. »Mama! Warum rennst du denn weg?« Ein unterdrückter Fluch von Bernd folgte, der im Flur draußen polternd gegen etwas stieß, und gleich darauf erklang die Stimme des Mädchens im gepunkteten Top.
    »Sorry, John, diese komischen Leute haben einfach nicht auf mich gehört. Ich habe ihnen gesagt, dass sie nicht hier hoch dürfen, aber sie sind alle losgerannt, ich konnte gar nichts machen. Soll ich die Polizei rufen?«
    John MacGregor erwachte aus seiner Starre. Vorsichtig legte er das Sandwich auf einem Teller ab. »Ist schon gut, Lindsey.« Er stand langsam auf. »Das sind alte Bekannte.« Er ließ Martha nicht aus den Augen. »Lange nicht gesehene Bekannte.«
    Martha verzog ihren Mund zu einem kaum sichtbaren Lächeln. »Das Wort ›alt‹ will ich im Zusammenhang mit meiner Person nicht hören, hast du verstanden?«
    »Aber, Mermaid – du bist alt. Genauso alt wie ich.«
    »Ich bin zwei Monate jünger als du. Und habe immerhin noch mehr Haare auf dem Kopf.«
    Urplötzlich fingen die beiden an, schallend zu lachen.
    »Entschuldigung«, mischte Karen sich ein, bevor das hier noch völlig aus dem Ruder lief, »Mr MacGregor, das ist unsere Tante Martha. Tut mir leid, dass wir hier so reinstürmen, aber …«
    »Ich weiß, wer sie ist. Ich habe ja schon die ganze Zeit darauf gewartet, dass sie hier auftaucht.«
    »Ach, tatsächlich?«, gelang es Karen zu sagen. Ihre Gedanken rasten. Was behauptete er da?
    »Na, so was. Du kennst den Herrn MacGregor wohl?«, fragte Bernd.
    »Allerdings«, sagte Martha. »Oder glaubst du, ich platze bei wildfremden Leuten in die gute Stube?«
    »Es hätte mich nicht

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