Martin, Kat - Perlen Serie
weiterzuverfolgen.
Die beiden Frauen blieben eine Weile bei den Kindern, und Danielle versprach Mrs. Gibbons, der Leiterin des Waisenhau- ses, mit dem Duke über das Geld für neue Frühjahrskleider zu sprechen.
„Ein Glück, dass die Sonne endlich wieder scheint", be- merkte Tante Flora, als sie und Danielle wieder in der Kutsche saßen und zurückfuhren.
„Ja, es ist erstaunlich, wie sehr ein freundlicher Tag doch die Stimmung zu heben vermag."
„Das schöne Wetter lässt mich Heimweh bekommen, meine Liebe."
Danielle sah ihre Tante aufmerksam an. „Sie wollen aufs Land zurückkehren?"
„Ja, ich habe beschlossen, bald abzureisen. London ist zu die- ser Jahreszeit einfach unerträglich. Ich halte es keine weitere Woche mehr aus."
„Sind Sie denn sicher, dass die Straßen in einem Zustand sind, der die Reise erlaubt?"
„Es wird schon gehen. Du scheinst mit dem Duke ja gut aus- zukommen, und ich denke, dass meine Anwesenheit nicht län- ger nötig ist. Es wird Zeit, dass ich zurückfahre."
Während Danielle das freundliche Gesicht ihrer Tante be- trachtete, dachte sie daran, dass sie und Rafe jetzt wirklich
Mann und Frau waren, genau wie ihre Tante schon immer ge- glaubt hatte, dass es einmal sein würde. Danielle fragte sich oft, welchen Anteil ihre Tante wohl daran gehabt hatte, dass es schließlich doch noch so gekommen war.
Tante Flora seufzte. „Es wird wundervoll sein, nach Hause zu kommen."
Danielle ließ sie nur ungern gehen, aber ihre Tante liebte die Weite und die frische Luft auf dem Land. Niemand konnte ihr verübeln, dass sie dem düsteren Londoner Himmel, dem rußi- gen Nebel und den schmutzigen Straßen der Stadt entkommen wollte.
Beim Abendessen teilte Danielle Rafe die Entscheidung ih- rer Tante mit. Zu ihrer Überraschung schlug er vor, dass sie Tante Flora begleiten sollten.
„Es ist keine weite Reise, und wir könnten ein bisschen Ru- he auch ganz gut vertragen. McPhee ist derzeit im Norden, um mit Stephen Lawrence, Roberts Cousin, zu sprechen. Während wir auf seine Neuigkeiten warten, könnte eine Fahrt aufs Land Caro vielleicht ein wenig von Robert McKay ablenken."
Die Vorstellung war herrlich, und Rafes Aufmerksamkeit ließ Danielle ganz warm ums Herz werden. Sie lächelte ihn an. In letzter Zeit fiel es ihr zunehmend schwer, ihre Distanz zu ihm zu wahren und an ihrem Entschluss festzuhalten, ihm nie wie- der so zu vertrauen, wie sie es einmal getan hatte.
Immer schwerer wurde es ihr, ihn nicht von ganzem Herzen zu lieben.
Der Gedanke beunruhigte sie zutiefst. Was sollte geschehen, wenn er merkte, dass sie ihm nie ein Kind würde schenken können ... wenn er herausfand, dass er nie einen Sohn haben würde - zumindest nicht mit ihr?
Danielle dachte sofort an Arthur Bartholomew, Rafes nichts- nutzigen Cousin. Die Familie brauchte unbedingt einen Er- ben.
Scheidungen kamen selten vor, eigentlich hörte man kaum davon, doch manchmal gab es sie doch. Meist stellten sie einen Skandal dar, der einen noch nach Jahren verfolgte. Aber Rafe würde einen Sohn brauchen, um den Namen seiner Familie weiterzutragen, und eine Scheidung wäre die einzige Möglich- keit, ihm dies zu ermöglichen. Danielle erschauderte, wenn sie daran dachte, dass ihr erneut all das Gerede und die gesell- schaftliche Verbannung bevorstünden, die sie bereits zuvor er-
lebt hatte.
Und sie würde auch Rafe ein weiteres Mal verlieren ... Sie glaubte nicht, dass sie es diesmal überleben könnte.
Ein tiefer Schmerz durchfuhr ihr Herz, wenn sie sich vor stellte, dass Rafe sein Leben mit einer anderen Frau teilen wür- de, und in diesem Moment wurde ihr die schreckliche Wahrheit bewusst.
Ich liebe ihn!
Nun war es zu spät, sich noch zu retten oder ihre Gefühle vor ihm zu schützen. Sie hatte sich in Rafe verliebt - genau so, wie sie es schon einmal getan hatte.
Eine furchtbare Angst erfüllte sie und ließ sie erbeben. Vor ihr lag ein Weg voller Gefahren, eine leidvolle Zukunft, die sie zerstören würde.
Wie um alles in der Welt hatte sie das geschehen lassen kön- nen?
Die Reisevorbereitungen begannen. Caro half Danielle dabei, für den einwöchigen Aufenthalt zu packen, aber anstatt Vor- freude zu empfinden, spürte Danielle nur eine wachsende Be- sorgnis.
Sie liebte Rafael - dessen war sie sich jetzt sicher, und sie wusste auch, dass ihre Liebe stetig zunehmen würde, je mehr Zeit sie mit ihm verbrachte. Das Schrecklichste war jedoch, dass sie nicht daran zweifelte, Rafael erneut zu
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