Martin, Kat - Perlen Serie
anwesenden Männern gibt es wohl keinen, der sie nicht verstohlen beobachten würde."
Das hatte Ethan auch schon bemerkt, und es gefiel ihm gar nicht. Bevor sie von zu Hause aufgebrochen waren, hatten sie sich bereits über ihr Aussehen gestritten.
Sie war die Treppe zur Eingangshalle heruntergekommen und hatte sich ihm von allen Seiten gezeigt, damit er das Kleid' bewundern konnte. Ihm war sofort der tiefe Rückenausschnitt und der bis zum Knie reichende Schlitz aufgefallen. Um den Hals trug Grace das Hochzeitscollier mit den funkelnden Dia- manten, das den Blick auf ihr üppiges Dekolletee lenkte, und Ethan spürte, wie sein Körper von heftiger Begierde erfasst wurde.
Grace hatte ihn auf eine Weise angelächelt, die sein Verlan- gen ins Unermessliche steigerte. „Wie findest du denn Madame Osgoods Kreation?"
„Du siehst wundervoll darin aus, Grace. Aber es wäre mir lieber, wenn du etwas anderes anziehen würdest."
Sie riss die Augen weit auf. „Wie bitte?"
„Das Kleid ist ein Traum, aber es ist nahezu unschicklich." Sie stützte ihre Hände in die Hüften. „Dieses Kleid ent- spricht der neuesten Mode. Du warst dabei, als ich es mir aus- gesucht habe, und hast mir sogar noch dazu geraten!"
„Da wusste ich noch nicht, dass es einen so tiefen Ausschnitt haben würde. Ich möchte nicht, dass meine Frau heute Abend von jedem der anwesenden Männer mit den Augen verschlun- gen wird."
„Von jedem Mann außer dir, meinst du wohl."
Darauf entgegnete Ethan nichts. Ihr bloßer Anblick hatte ihn vollständig erregt, und sie glaubte, dass er sie nicht be- gehrte? Er fürchtete, dass er den ganzen Abend den Blick nicht von ihr würde abwenden können!
„Ich kann mich erinnern, als ich dir das letzte Mal ein derart ausgeschnittenes Kleid gekauft habe, hast du es vor meinen Au- gen zerrissen und mir ins Gesicht geworfen."
Seine Bemerkung ließ sie lächeln. „Ich kann dich beruhi- gen - dieses Kleid ist ungleich respektabler."
„Wenn du meinst", räumte er schließlich ein und bot Grace seinen Arm. „Es wird Zeit, dass wir gehen."
Die Kutsche hatte sie dann auf direktem Wege zum Ball ge- bracht, und bislang war der Abend sehr erfreulich verlaufen. „Siehst du das Mädchen dort drüben?" Rafes tiefe Stimme riss Ethan aus seinen Gedanken an seine allzu begehrenswerte Frau. „Die kleine Blonde mit den weißen Rosen im Haar?" „Was ist mit ihr?"
„Ich denke, dass ich deinem und Cords Beispiel folgen und mich langsam auf dem Heiratsmarkt umsehen werde."
„Hattest du dir nach der Sache mit Danielle nicht geschwo- ren, nie zu heiraten?"
Rafe zuckte seine breiten Schultern. „Man kann einer ver- lorenen Liebe nicht ewig nachtrauern, und meine Verwand- ten erinnern mich zudem ständig daran, dass ich langsam für Nachkommen sorgen sollte. Was hältst du von der kleinen Blonden?"
„Wer ist sie?"
„Sie heißt Mary Rose Montague und ist die Tochter des Earls of Throckmorton. Guter Stall, gute Erziehung, auf ihre ruhige Art sehr ansprechend, und sie scheint von recht nach- giebigem Wesen zu sein."
„Redest du gerade von einem Pferd oder von deiner zukünf- tigen Gattin?"
„Sehr witzig. Nur weil du eine Vorliebe für Grace' Tempera- ment hast ..."
„Davon kann gar keine Rede sein. Ich hätte auch lieber eine Frau, die etwas fügsamer ist."
Rafe lachte leise. „Lügner."
Ethan schwieg daraufhin. Es stimmte ja - er hatte festge- stellt, dass es ihm in der Tat gefiel, mit einer Frau zusammen zu sein, die so lebhaft und eigensinnig war wie Grace. Wenn sie nur nicht die wäre, die sie nun einmal war ... Nur würde sich daran nie etwas ändern.
„Hatte Grace eigentlich jemals ein Debüt?", fragte Ethan nun, denn ihm wurde bewusst, wie wenig er über sie wusste.
„Ja, als sie siebzehn war. Ihre Mutter war wild entschlossen, ihre Tochter in den Adel zu verheiraten." Rafe grinste. „Amanda Chastain muss jetzt außer sich sein vor Freude."
Ethan schnaubte verächtlich. „Warum hat Grace dann nicht schon früher geheiratet? An Verehrern dürfte es ihr nicht ge- fehlt haben."
„Grace kann ziemlich romantisch sein", meinte Rafe. „Sie wollte nur einen Mann heiraten, den sie liebt."
Mit wachsendem Unbehagen sah Ethan zu Grace hinüber. „Nicht jeder Traum kann in Erfüllung gehen."
Rafe beobachtete ihn aufmerksam. „Vielleicht ja doch." Noch bevor Ethan etwas entgegnen konnte, hatte das Orches- ter ein neues Stück angestimmt, und Paare strömten wieder auf die Tanzfläche und bewegten sich
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