Martin, Kat - Perlen Serie
eigentlich auch noch schlimmer hätte kommen können - wenngleich dies kaum noch möglich schien.
Bereits den ganzen Tag über hatte sie sich müde und er- schöpft gefühlt, denn mittlerweile machten sich die Verände- rungen ihres Körpers doch sehr bemerkbar. Und je näher der Abend rückte, desto aufgeregter wurde sie. Sie wagte kaum, sich vorzustellen, was Ethan wohl von ihrer Mutter und Dr. Chastain halten mochte - und was diese vom Ehemann ih- rer Tochter dachten.
Der Abend ließ sich jedoch recht gut an. Grace' Mutter war über die Maßen aufmerksam zu Ethan, der ja immerhin ein Marquess war. Ethan war höflich, aber distanziert und unter- hielt sich freundlich mit ihren Eltern. Die Probleme begannen erst nach dem Essen, als Mutter und Tochter sich in den Sa- lon zurückzogen und die Männer, nachdem sie bei Tisch noch Brandy und Zigarren genossen hatten, sich wieder zu ihnen gesellten.
Wie es schien, hatte der Doktor ein wenig zu viel getrunken, was erklären mochte, weshalb er Grace gegenüber zunehmend ungehalten wurde. Als er sich in einen weich gepolsterten, mit Goldbrokat bezogenen Sessel gesetzt hatte, ließ er seinen Blick durch den Salon schweifen und begutachtete die Vorhänge aus Golddamast, die dicken persischen Teppiche und die Skulptur aus Zinnober, die auf dem marmornen Kamin stand.
„Nun, wie es aussieht, kann deine Mutter ja jetzt stolz auf dich sein", bemerkte er schließlich. „Ich hätte das ehrlich ge- sagt nicht gedacht. Aber ich war auch nicht darauf gefasst, wie weit du zu gehen bereit wärst, um an einen Titel zu kom- men."
Abrupt sah Grace auf und blickte zu Ethan hinüber.
„Ich bitte dich, Geoffrey", unterbrach ihre Mutter nervös. „Ich sage nur, was alle hier ohnehin wissen." Dr. Chastain
nahm einen Schluck Brandy. „Belford ist nicht dumm. Grace hat das entsprechende Aussehen, um für einen Mann wie ihn attraktiv zu sein, und sie war schlau genug, ihre Reize einzuset- zen, um ihn in ihr Bett zu locken. Besser noch - sie bekommt gleich ein Kind von ihm und zwingt ihn somit, die Konsequen- zen zu ziehen. So macht man das! Das weiß schließlich jeder." Die boshafte Verachtung in seiner Stimme verursachte Grace Übelkeit. Im Laufe der Jahre hatte sie seinen Hass un- gezählte Male zu spüren bekommen, in Gesellschaft anderer hatte er sich indes immer zurückgehalten. Was um alles in der Welt würde Ethan sagen? Verzweifelt blinzelte sie, um ihre Tränen zurückzuhalten, und sah sich nach ihrem Mann um. Der ging bereits entschlossenen Schrittes auf Dr. Chastain zu, nahm ihm das Glas aus der Hand und stellte es auf einem klei- nen Beistelltisch ab.
„Ich denke, Sie sollten jetzt gehen."
„Moment!" Der Doktor sprang auf. „Sie wollen sich doch nicht allen Ernstes auf ihre Seite schlagen! Sie hat Sie in eine Falle gelockt."
„Ich bin es, der ihr die Unschuld genommen hat, und das Kind ist auch mein Kind. Sie hat alles versucht, damit ich nichts davon erfahre. Wie bereits vom Tag ihrer eigenen Geburt an trifft Grace auch in dieser Angelegenheit keinerlei Schuld. Gehen Sie, Chastain. Ihre Frau ist hier jederzeit gerne gesehen, Sie hingegen nicht, Sir."
Der Doktor richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und straffte die Schultern, war aber dennoch kleiner als Ethan. „Sie hat es also geschafft, Sie um den Finger zu wickeln - ganz wie es ihrer Mutter bei mir gelungen ist. Viel Glück, Mylord. Sie werden es brauchen."
Nachdem ihr Mann wutschnaubend das Zimmer verlassen hatte, wandte Grace' Mutter sich an Ethan. „Sie müssen Ge- offrey entschuldigen, Mylord. Er sagt manchmal Dinge, die ihm später Leid tun."
„Wir wollen hoffen, dass er seine Worte tatsächlich bereut", meinte Ethan kühl.
Reglos verharrte Grace, während ihre Mutter ebenfalls den Salon verließ. Einige Schritte von ihr entfernt stand Ethan und schien um seine Beherrschung zu ringen. Dann sah er Grace an und atmete tief durch. Er kam auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen.
„Der Mann ist ein Dummkopf."
Sie nickte und versuchte angestrengt, nicht zu weinen.
„War er schon immer so zu dir?"
Sie schluckte und spürte, dass ihre Tränen sich kaum mehr zurückhalten ließen. „Er verabscheut mich. Noch vor meiner Geburt hat er herausgefunden, dass meine Mutter ihm untreu war. Als Kind habe ich dann nie verstanden, warum er mich so sehr hasste. Ich habe alles versucht, um seine Liebe zu gewin- nen, doch erst als ich herausfand, dass er nicht mein leiblicher Vater ist, habe ich alles
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