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Mary Poppins

Mary Poppins

Titel: Mary Poppins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela L. Travers
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daß er eines Tages würde hingehen müssen. Aber selbst das schien ihm heute ein Spaß, und er mußte lachen.
    Jane dachte: In vierzehn Jahren bin ich erwachsen. Aber das kam ihr keineswegs traurig vor, eher schön und beinahe lustig. Unwillkürlich mußte sie lachen bei der Vorstellung, sie wäre eine erwachsene Jane mit langen Röcken und einer Handtasche.
    »Da war doch die arme, alte Tante Emilie«, dachte Mister Schopf laut. »Sie wurde von einem Omnibus überfahren. Traurig! Wirklich traurig! Schrecklich traurig! Arme Tante Emilie! Aber ihr Regenschirm wurde gerettet. Ist das nicht komisch?« Und ehe er sich’s versah, krümmte und schüttelte er sich vor Lachen und prustete los beim Gedanken an Tante Emilies Regenschirm.
    »Das führt zu nichts!« rief er und putzte sich die Nase. »Ich geb’s auf. Und meine jungen Freunde hier verstehen sich, scheint es, auch nicht besser aufs Traurigsein als ich. Mary, kannst du nicht helfen? Wir möchten so gern unsern Tee trinken.«
    Noch heute wissen Jane und Michael nicht recht, was dann geschah. Genau wissen sie nur eins: Als sich Mister Schopf an Mary Poppins um Hilfe gewandt hatte, begann plötzlich der Tisch unten auf seinen Beinen hin und her zu wackeln. Gleich darauf schwankte er beängstigend. Und dann kam der ganze Tisch unter dem Klirren des Porzellans durchs Zimmer gesegelt, wobei die Kuchen von den Platten herunter aufs Tischtuch rutschten. Mit einer graziösen Wendung landete der Tisch vor ihnen, und zwar so, daß Mister Schopf jetzt obenan saß.

»Bist ein gutes Mädchen!« Stolz lächelte er seiner Nichte zu. »Ich wußte, du schaffst es. Möchtest du dich nun ans andere Ende setzen und uns einschenken, Mary? Und unsere Gäste rechts und links von mir? So ist’s schön«, sagte er lächelnd, als Michael durch die Luft rannte und sich rechts neben ihn setzte. Jane kam an seine linke Seite. Und nun saßen sie alle miteinander oben in der Luft, den Tisch zwischen sich. Nicht ein einziges Butterbrot, ja nicht einmal ein Zuckerstückchen war verlorengegangen.
    Mister Schopf schmunzelte befriedigt.
    »Zwar ist es wohl üblich, mit Brot und Butter anzufangen«, sagte er zu Jane und Michael, »aber da heut mein Geburtstag ist, wollen wir es umgekehrt machen – was ich schon immer für richtiger hielt. Zuerst also der Kuchen!«
    Er schnitt für jeden ein mächtiges Stück ab.
    »Noch etwas Tee?« fragte er Jane. Aber ehe sie noch antworten konnte, kam unten von der Tür her ein kurzes, scharfes Klopfen.
    »Herein!« rief Mister Schopf.
    Die Tür ging auf. Da stand Miß Dattelpflaum und brachte auf einem Tablett eine Kanne mit heißem Wasser.
    »Ich dachte mir, Mister Schopf«, begann sie und schaute sich suchend im Zimmer um, »daß Sie sicher noch heißes Wasser… Nein, so etwas! Noch nie habe ich…«, stammelte sie, als sie die Gesellschaft in der Luft sitzen sah. »Solch ein Benehmen ist mir noch nie vorgekommen! Mein Lebtag hab ich so was nicht gesehen! Ich hab Sie ja schon immer für ein bißchen verrückt gehalten, Mister Schopf! Aber ich habe ein Auge zugedrückt, weil Sie Ihre Miete bisher stets pünktlich bezahlt haben. Aber so ein Benehmen – mit seinen Gästen in der Luft Tee zu trinken – , Mister Schopf – mein Herr, ich muß mich sehr über Sie wundern, das schickt sich doch nicht für einen Herrn Ihres Alters – noch nie hab ich…«
    »Aber vielleicht werden Sie, Miß Dattelpflaum«, sagte Michael.
    »Werde ich was?« fragte Miß Dattelpflaum hochmütig.
    »Mit Lachgas angesteckt, so wie wir«, sagte Michael.
    Miß Dattelpflaum warf zornig den Kopf in den Nacken.
    »Junger Mann«, erwiderte sie scharf, »ich hoffe doch, ich habe vor mir selbst zuviel Respekt, um wie ein Gummiball durch die Luft zu hopsen! Nein, danke bestens, ich bleibe fest auf meinen Füßen stehen, oder ich will nicht mehr Malchen Dattelpflaum heißen, und… Ach, du liebes Bißchen, Allmächtiger! Was ist denn nun los? Ich kann mich ja nicht mehr auf den Füßen halten, es hebt mich hoch – ich – Hilfe, Hilfe!«
    Ganz gegen ihren Willen hatte Miß Dattelpflaum den Boden verloren und taumelte durch die Luft. Wie ein Fäßchen rollte sie von einer Seite zur andern und balancierte dabei das Tablett in der Hand. Sie weinte fast vor Zorn, als sie den Tisch erreichte und die Kanne mit heißem Wasser hinsetzte.
    »Danke schön!« sagte Mary Poppins ruhig und sehr höflich.
    Dann drehte sich Miß Dattelpflaum um und schwebte wieder zur Erde. »So etwas Merkwürdiges –

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