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Mary Poppins

Mary Poppins

Titel: Mary Poppins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela L. Travers
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mit seiner schwarzen Mappe fort, und Mistreß Banks ging ins Wohnzimmer, wo sie den ganzen Tag saß und Briefe an die Zeitungen schrieb mit der Bitte, ihr umgehend ein paar Kindermädchen zu schicken, auf die sie schon schmerzlich warte.
    Und oben im Kinderzimmer schauten Jane und Michael zum Fenster hinaus, gespannt, wer wohl kommen werde. Sie freuten sich, daß Katie fort war, denn sie hatten sie nie recht gemocht. Sie war alt und dick gewesen und roch immer nach Gerstenschleim. Alles würde besser sein als Katie, so dachten sie – vielleicht sogar viel besser.
    Als die Dämmerung sich hinter dem Park niedersenkte, kamen Mistreß Brill und Ellen, brachten das Abendbrot und badeten die Zwillinge.
    Nach dem Essen setzten sich Jane und Michael wieder ans Fenster, warteten auf Mister Banks und horchten auf den Ostwind, der durch die nackten Zweige der Kirschbäume blies. Die Bäume bogen und drehten sich und sahen im Zwielicht aus wie verhext, so, als wollten sie tanzend und wirbelnd ihre Wurzeln aus der Erde drehen.
    »Da kommt er!« rief Michael und deutete auf eine schattenhafte Gestalt, die laut ans Gartentor pochte. Jane spähte in die sinkende Dämmerung.
    »Das ist nicht Pappi«, sagte sie, »das ist jemand anderer.«
    Die schattenhafte Gestalt, vom Wind hin und her geworfen, klinkte das Gartentor auf, und sie sahen, daß es eine Frau war, die mit einer Hand ihren Hut festhielt und in der anderen eine Reisetasche trug.
    Jane und Michael beobachteten sie und bemerkten plötzlich etwas sehr Seltsames. Kaum war die Gestalt in den Garten getreten, so schien der Wind sie in die Luft zu heben und auf das Haus zuzublasen. Es war, als hätte der Wind sie ans Gartentor geweht, dann gewartet, bis sie es geöffnet hatte, um sie dann hochzuheben und mitsamt der Tasche und allem übrigen vor die Haustür zu schleudern. Die Kinder hörten einen furchtbaren Bums. Das ganze Haus zitterte, als die Gestalt vor der Tür landete.
    »Sonderbar! So etwas hab ich noch nie gesehen!« sagte Michael aufgeregt.
    »Komm nachsehen, wer es ist«, rief Jane, packte Michael am Arm und zog ihn vom Fenster weg, zum Kinderzimmer hinaus, bis auf den Treppenabsatz. Von hier aus ließ sich gut übersehen, was unten in der Diele vorging.
    Gleich darauf sahen sie ihre Mutter mit einem Besuch aus dem Wohnzimmer kommen. Wie Jane und Michael feststellten, hatte der Besuch lackschwarzes Haar – »wie eine holländische Holzpuppe« flüsterte Jane – , eine hagere Gestalt, große Füße und Hände und kleine, scharfe, blaue Augen.
    »Sie werden sehen, es sind recht liebe Kinder«, sagte Mistreß Banks gerade.
    Michael puffte Jane in die Seite.
    »Sie werden Ihnen gar keine Mühe machen«, fuhr Mistreß Banks etwas unsicher fort, so, als glaubte sie selbst nicht recht an das, was sie sagte. Die Kinder hörten die Besucherin lachen, als ob auch sie nicht daran glaubte.

 
     
     
     
     
     

»Und was Ihre Zeugnisse betrifft…«, begann Mistreß Banks wieder.
    »Oh, ich lege grundsätzlich keine Zeugnisse vor«, sagte die andere bestimmt.
    Mistreß Banks machte große Augen.
    »Ich dachte, es sei üblich«, sagte sie, »ich meine nur, soviel ich weiß, tun das alle Leute.«
    »Ich persönlich finde es altmodisch!« hörten Jane und Michael die fremde Stimme sagen. »Wirklich, sehr altmodisch! Völlig unmodern, das werden Sie zugeben!«
    Wenn Mistreß Banks etwas nicht leiden konnte, dann war es der Gedanke, für altmodisch zu gelten. Das konnte sie einfach nicht ertragen.
    Daher sagte sie rasch: »Einverstanden! Wir wollen uns lieber nicht damit aufhalten. Ich fragte auch nur für den Fall, daß Sie – hm – Wert darauf legen sollten. Das Kinderzimmer ist oben…«
    Ununterbrochen weiterredend ging sie voraus zur Treppe. Daher merkte sie auch nicht, was hinter ihr vorging. Aber Jane und Michael, die oben auf der Lauer lagen, sahen genau, was die Besucherin jetzt Erstaunliches tat.
    Natürlich folgte sie Mistreß Banks die Treppe hinauf, doch nicht auf die übliche Art. Mit der großen Tasche in der Hand rutschte sie anmutig das Treppengeländer hinauf und kam mit Mistreß Banks zugleich oben an.
    So etwas hatte es noch nie gegeben, das wußten Jane und Michael genau. Hinunter, natürlich, waren sie selbst schon oft gerutscht. Aber hinauf – nie! Neugierig starrten sie auf den seltsamen Gast.
    »Schön, dann wäre also alles klar.« Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr Mistreß Banks.
    »Gewiß. Solange es mir hier gefällt«, sagte die Fremde und

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