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Maschinenkinder

Maschinenkinder

Titel: Maschinenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shayol Verlag
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hier zu wachen – in seinem Reich. Er warf die Flügel beiseite, schaute umher:
    Wo war der Titan? Dort, seltsam klein und verloren, saß Bochochs auf einer Kiste und wartete, den Kopf gesenkt, die Schaufelhände wie Zahnräder verkeilt.
    »Schlechte Nachrichten«, erklärte Orrok, als er dicht bei ihm stand. »Oyo weiß keinen Rat, deinen Kristallbruch zu kitten. Du wirst auskalten, sehr bald.«
    Bochochs ließ seine Schultern hängen. »Ja, ich spüre, wie mich die Wärme verlässt.«
    »Es tut mir leid, mein Freund. Falls ich noch etwas für –«
    »Spar dir die Worte!«, sprang der Titan auf, und seine Augen glühten: ein Dämon, rauchumweht. »Das ist allein eure Schuld. Deine Werker, vielleicht du selbst, haben den Lappen im Ofen vergessen.«
    »Mir fallen dutzende Gründe ein, woher dieses Schmiertuch –«
    »Nur Dreck«, tönte Bochochs. »Ich will deine Lügen nicht hören!« Auge in Auge, einen Blick lang, bevor er den Werker beiseitestieß und zum Ausgang wankte, an Essen vorbei, aus denen die Funken regneten. Das Hämmern wurde leiser, verebbte, während er einer Transmissionswelle quer durch die Gänge und Hallen folgte … und jäh stand er draußen, auf dem Felsen, und Abendlicht umfing ihn. Dort hielt er an, stand reglos; und sein Schatten wurde länger; verlosch.
    Ein früher Mond am Himmel.
    Erst bei Einbruch der Nacht ging der Titan zum Klippenrand, setzte sich hin, die Fäuste im Schoß, die Beine im Abgrund, wo unten noch Sucher geborgen wurden: die kleinen, geflügelten Helfer, oft nicht größer als Putten.
    Schläfrig hob er den Kopf zu den Sternen – schaute als Statue aufs Bergland hinaus. »Wir schaffen es nicht«, raunte er; zuckte hoch, als eine kindliche Stimme ihm antwortete:
    »Wer kann das wissen?«, fragte Oyo, der den nachtblauen Gletscher betrachtete. »Noch ist nicht alles verloren.«
    »Nein«. Bochochs Schaufelhand stach in die Grassohle, um einen Batzen Erde auszuheben, auf dem ein winziges Rädchen lag. Es glitzerte wie Eis.
    »Danke«, nickte Oyo, schaute ihn an. Mit spitzen Fingern, als fürchte er, es würde zerbrechen oder schmelzen, nahm er das Rädchen entgegen. »Hab Geduld.«
    »Aber ich sterbe …«
    »Das ist nicht sicher.« Und damit wandte Oyo sich ab; ließ die Hallentore links liegen, weil der Lauscher den geheimen Zugang kannte: eine Tür, ohne Zierde und recht klein, führte ins Herz der großen Maschine.
    Das Rädchen vor sich hertragend wie ein Licht, folgte er einem Gang, bis er das Allerheiligste betrat: Inmitten stand der Seelentank, glutrot im Zwielicht, obwohl er blau sein sollte, himmelhell; und schon fast leer – das Destillat ihrer Arbeit: aus den Wäldern und Öfen; aus Dampf, Maschinen und Feuer und den vielen Zahnrädern. An einer Stelle passte Oyo das Kleinod ein, und ein Mechanismus lief an, die Zähne blitzten, nur um wieder zu stoppen.
    Schichtwechsel!
    ***
    Am Seegrund; in Algen, die wehten, fahlgrün wie das Haar eines Toten, lag das Kronenrad im Schlamm. Seit langer Zeit. Und seitdem hielt Rorron es fest; konnte es nicht aus dem Morast befreien, selbst mit den kräftigen Flossen, golden einst, dann trüb geworden und grau wie sein Haupt – das Gesicht eines Engels, unten im Wasser.
    Noch glühten seine Augen vor Wut, weil er nicht auftauchen wollte ohne die Beute.
    Ein Grab in der Tiefe.
    Die große Maschine stand still.

BYTE THE VAMPYRE
    »Der Kopf ist der geilste Computer der Welt. Man findet dort aufregenderes Zeug als im Internet.«
    (Billy Idol, 2005)
    ***
    Die Sekunde danach: Dunkelheit, durchästelt von Nervenblitzen. Er jagt die Tesla-Neuronen entlang, folgt den künstlichen Fasern – Dendriten, Synapsen. Wellen aus blauer Energie prasseln auf ihn ein, als er zum Thalamus durchbricht wie ein Malibu-Surfer und dort von einer Flut aus Impulsen fast rausgedrängt wird. Silberne Elektronen, kreuz und quer, aus tausend Kanälen gefeuert.
    Synästhesien.
    Drogenspielerei.
    Draußen nimmt er sein Messer aus der Tasche und rammt es der alten Frau ins Fleisch. Und wartet, bis der Schmerz durch ihren Thalamus rauscht, strahlenden Sonnen gleich. Schnell wechselt er zum Neokortex; sieht und fühlt und schmeckt, wie der Schmerz in einer Kaskade aus prismatischen Farben explodiert. Lustvoll genießt er den letzten Moment, bevor der Trip schwarz und bitter zerbricht.
    Raven zieht die Stecker raus.
    ***
    Ein Lichtreflex am Hals des Teens erregt ihre Aufmerksamkeit, Popcorn tritt näher an die Spielautomaten, um seine Schulter zu mustern, den

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