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Maschinenkinder

Maschinenkinder

Titel: Maschinenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shayol Verlag
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rausgerutscht, tut mir schrecklich leid. Ich schäme mich dafür.«
    »Geschenkt«, rief Bill und klopfte ihm freundschaftlich aufs Gehäuse. »Ich mag dich, Kleiner. Wie alt bist du?«
    »Kleiner? Ich bin fast drei Köpfe größer als Sie.«
    »Bill; nenn mich einfach Bill.«
    »Ich bin hundertachtundzwanzig Jahre alt, Bill«, sagte der Automat, »aber noch supergut in Schuss!«
    »Klar. Wie diese steinalten Qulas®, die du immer noch verscherbelst.«
    »Probiert unsere drei neuen Sorten: Vanille, Bonbon und Banane«, murrte der Automat, und Bill brach in schallendes Gelächter aus. Er ging in die Hocke, setzte sich hin und streckte seine Beine von sich. »Wir beide sind vom alten Schlag, was? Raubeine, die sich nicht unterkriegen lassen.«
    »Genau«, versicherte der Automat und fuhr seine Beleuchtung hoch: ein buntes Strahlen, gefolgt von einem Knirschen, als zwei Lämpchen ihren Geist aufgaben – paff, paff! »Mist, das waren die letzten grünen. Wie sieht denn das jetzt aus?«
    »Streich Banane von der Liste«, sagte Bill und schmunzelte. »Apropos, wie viele Dosen hast du noch da drin?«
    »Drei Bonbon, eine Vanille. Willst du eine? Ich schenk sie dir.«
    »Auch abgelaufen?«
    »Augenblick – äh, ja.«
    Bill winkte ab. »Danke, verzichte.« Einen Moment lang schaute er dem Flackern des Werbelichts auf der grauen Wand zu. »Hundertachtundzwanzig, ist ’n stolzes Alter, selbst für ’nen schrottigen Qula®-Kasten wie dich.«
    »Du bist auch nicht mehr der Jüngste, Bill.«
    »Ganz schön frech«, bemerkte der Mechaniker und schnippte den Zigarettenstummel in den Korridor. »Mit meinen vierundsechzig bin ich im Vergleich zu dir ein junger Spund.«
    »Familie?«, wollte der Automat wissen.
    »Geschieden, drei Mal. Keine Kinder.«
    »Ah, aha.«
    Wieder Schweigen.
    Mit »Schönes Wetter heute!« versuchte der Automat, das Gespräch erneut in Gang zu bringen.
    »Woher willst du das denn wissen?«, fragte Bill und sah auf die Uhr: 22:34, längst hatte er Feierabend.
    »Hab ich gehört«, sagte der Qula®-Kasten pikiert. »Von Leuten.«
    Bill gönnte sich noch eine Zigarette: Er schob sie in den Mundwinkel, zündete den Tabak an. »Wie lange hast du eigentlich kein Sonnenlicht gesehen? Oder Sterne oder den Mond?«
    »Keine Ahnung, ist was mit ihnen?«
    »Nein, nein«, lachte Bill. »Vergiss es. Hatte ganz vergessen, dass ich gerade mit einem Automaten quatsche.«
    »Bitte keine Beleidigungen«, wiederholte der Kasten. »Ich bin zwar nur ein schlichter Qula®-Automat, aber auch ich habe Gefühle; zumindest zwei oder drei.«
    »Ist das ein fester Spruch auf deiner Hardware?«
    »Nein, das ist ein Teil meines Programms.«
    Bill schnaubte Rauch aus der Nase, bevor er sagte: »Lösch ihn und sag stattdessen: Friss Staub, du Penner!«
    »Zugangscode, bitte.«
    »Den kenn ich sogar, 133bkz61.«
    »– Staub, du Penner. Ist gespeichert.«
    »Und wo wir gerade dabei sind: dieser Jingle …«
    »Was ist mit dem Jingle?«, fragte der Automat betroffen.
    »Grottenschlecht. Wir versuchen da was Neues.« Bill überlegte, dann stimmte er ein Lied an: I’m singing in the rain // Just singin’ in the rain // What a glorious feeling // I’m happy again!
    »Viel schöner«, bestätigte der Automat. »Aber es kommt keine Qula® drin vor.«
    »Da hast du allerdings recht.«
    »Vielleicht behalten wir doch den alten?«
    »Ja, okay – geht klar«, antwortete Bill. »Und du brauchst noch einen Namen.«
    »Oh, ich habe einen, ich heiße Tintin.«
    »Tintin … wie passend. Freut mich, Tintin. Wer hat dir diesen Namen denn angedreht?«
    »Ach, ein Mädchen auf dem Kolonialraumschiff; stellte ziemlichen Unsinn mit mir an.«
    »Ist auch zu verlockend«, sagte Bill lächelnd.
    »Wie meinst du das?«
    »Nichts, nichts. Schon gut, vergiss es.«
    Längere Zeit sagte keiner ein Wort. Bill lauschte in die Stille, ganz leise drang von außen Straßenlärm zu ihnen – ein stetes Rauschen, wie das Meer.
    »Bill?«, fragte Tintin nach einer Weile. »Du bist doch ein Mechaniker: Kannst du mich reparieren?«
    »Wenn ich die Ersatzteile hätte. Wo drückt denn der Schuh?«
    »Ich bin ein Automat, ich trage keine –«
    »Herrje«, entfuhr es dem Mechaniker. »Was. Ist. Denn. Kaputt?«
    »Ach, einfach alles! Acht Lampen sind tot, meine Klappe ist verrostet und klemmt, und diese Fächer –«
    »Schon gut, schon gut, ich schau’s mir an.« Bill stand auf, öffnete seinen Koffer und nahm einen elektrischen Schrauber heraus. »Frisch ans Werk«, sagte

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