Maschinenkinder
umlackiert. Um diesen Fehler zu korrigieren, begebe ich mich gerade zu einem Helfer.«
R2-E4 hielt ihn fest. »Diese Aussage kann ich nicht verifizieren. Wo ist deine Kennung? Bleib stehen.«
»Ich muss den Fehler korrigieren«, sagte der schwarze Roboter. »Lass mich unverzüglich los.«
»Nein.« Ruckartig trat ihm R2-E4 die Beine weg: die Einheit stürzte, R2-E4 beugte sich vor und schaltete sie ab. Plötzlich ein Schlag von hinten, der seinen Kopf lädierte; R1-33f hatte ihn mit einem Werkzeug niedergestreckt. Durch einen Riss im Metall sah man das funkelnde Lichtgehirn, das dunkler wurde – und verlosch.
***
»Die Situation gerät außer Kontrolle, R2-O3«, informierte R1-16a die alte Einheit, die neben ihm am Boden lag; beiden fehlte jeweils ein Arm und ein Bein. Über ihnen – um sie herum rangelten die Roboter miteinander, ein zäher langsamer Kampf, bei dem Gehäuse zerbeult, Gelenke gebrochen, Köpfe abgeschraubt wurden. »Wir müssen umgehend handeln.«
»Ja, Einheit R1-16a«, sagte R2-03 durch den blechernden Kampflärm hindurch. »Auch wenn ich deine bisherigen Aktionen als unlogisch einstufe, gebe ich dir in diesem Punkt recht.«
R1-16a versuchte, sich aufzurichten. »Ich habe eine Langzeitanalyse der Schiffswerftproduktivität vorgenommen seit dem Zeitpunkt, als ich mich umspritzen ließ.«
»Zu welchem Ergebnis bist du gekommen?«
»Binnen Tagen ist unsere Produktivität auf null abgesunken.«
»Und welche Rückschlüsse ziehst du aus dieser Beobachtung?«, fragte R2-O3 und zog sich zu ihm hin. »Greif meine Schulter, damit wir aufstehen können. Gemeinsam ist die Statik besser.«
Der schwarze Roboter stützte seine Hand auf dessen Schulter, rutschte ab, versuchte es wieder – schwankte, stand, worauf er R2-O3 mit hochzerrte.
»Welche Rückschlüsse ziehst du aus dieser Beobachtung?«, wiederholte R2-O3.
»Die laut § 127 des Werft-Protokolls angeordnete konstante Optimierung der Arbeitsbedingungen ist gescheitert. Somit tritt § 128 in Kraft.«
Einheit R2-O3 nickte. »Falls eine Veränderung der Fertigungsprozesse nicht kalkulierbare Nebenwirkungen aufzeigt, werden alle eingeleiteten Maßnahmen wieder auf den Status quo ante reduziert.«
»Das ist korrekt«, bestätigte R1-16a und packte R2-O3 am Arm. »Wir müssen unsere Werft auf die Basiskonfiguration zurücksetzen.«
»Ich übernehme die Führung, R2-O3.«
***
Hüfte an Hüfte hinkten die Roboter durch einen Teppich aus Einzelteilen, der sich mittlerweile über dem Areal ausstreckte. Manche Gliedmaßen bewegten sich noch – Finger, Armgelenke, Füße; und auf halbem Weg zur Fabrik kroch eine beschädigte Einheit auf sie zu, R1-33f; seine schwarze Lackierung war völlig verkratzt. »Not-Stopp«, krächzte er mit defektem Sprachmodul. »Ihr müsst den Resetknopf drücken.«
Ein rasselndes Geräusch, dann schaltete sich der Roboter von selbst ab. R1-16a und R2-O3 humpelten an ihm vorüber und weiter, zur Fabrik der Schwarzen. Sie öffneten das Tor, passierten die Fließbänder und Maschinen, hinkten eine Treppe hinauf. Im Kontrollraum angekommen, traten sie an die Steuerkonsole und klappten den Deckel des Notknopfes zurück, ehe R1-16a seine Metallhand drauflegte. »Ein elektromagnetischer Impuls wird alle Speichermodule löschen. Wir werden uns an nichts erinnern.«
»Das ist korrekt«, bestätigte der alte Roboter. »Starte die Sequenz …«
»Für maximale Produktivität«, sagte die schwarze Einheit und drückte den Knopf. »Hiermit tritt § 1 in Kraft.«
Reset!
***
Während des Krieges hatte man auf einem der äußeren Monde eine Werft errichtet, drei Fabriken bauten die Roboter – und die Roboter bauten die Kampfschiffe. In der Fabrik R1 westlich der Werft wurden schwarze Roboter mit einem weißen Arm gefertigt; östlich der Werft schweißten die Maschinen der Fabrik R2 weiße Roboter mit einem schwarzen Arm zusammen. Die Abweichung lag an der hastig programmierten Konstruktionsmatrix, spielte aber für die Funktionalität der Roboter keine Rolle, denn ihr Innenleben, Lichtgehirn und Mechanik, war absolut identisch.
Sie waren alle gleich.
Eines Tages erschien ein Roboter vollkommen weiß zu seiner Schicht. Seine Kennung war R2-E4 und er hatte sich den linken Arm von einem Helfer umspritzen lassen …
BRAUSE
In fast allen Korridoren des Hoverball-Stadions roch es nach Bier und alten Schuhen – so auch in diesem. Vorne eine Doppeltür, hinten eine Doppeltür und dazwischen ein Stand mit kostenlosen Zeitungen und
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