Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
Vom Netzwerk:
Verbesserungen zu rechnen. Es fiel mir leichter, das im Gedächtnis zu behalten, wenn ich jeden Blick auf meine Stümpfe vermied. Wenn ich erst mal meine neuen Beine hatte, war alles gut, sagte ich mir. Es war kein Verlust, nur ein Übergang.
    Schwester Katie kam wieder. Draußen war es dunkel. Bis auf die quietschenden Schuhe des Pflegepersonals war es still im Krankenhaus. Trotz meiner Benommenheit war mir nicht entgangen, dass mein Telefon nicht da war. Beim letzten Mal hatten sie mir meine persönliche Habe mitgebracht. Diesmal nicht. Ich sehnte mich nach dem Internet. Ich lechzte nach etwas mit einem Prozessor.
    Wortlos kontrollierte Schwester Katie meine Infusionsbeutel, obwohl ich sie pausenlos anstarrte. »Hi«, sagte ich.
    »Hallo.«
    »Haben Sie mein Telefon gesehen?«
    Katie stemmte die Hände in die Hüften. »Ihr Telefon?«
    »Es war in meiner Hemdtasche. Auch meine Kleider kann ich nirgends entdecken.«
    »Ihre Kleider dürfen Sie nicht haben.«
    Ich zögerte, weil das keine Antwort war. »Wissen Sie, wo sie sind?«
    »Ja, und Sie dürfen sie nicht haben.«
    Ich versuchte es noch einmal. »Die Kleider brauche ich nicht. Ich brauche mein Telefon. Können Sie vielleicht nachsehen, ob es noch in der Tasche steckt?«
    »Nein.« Energisch umrundete Katie das Bett und hob meine Decke an. Ich konnte zwar nicht erkennen, was sie da machte, aber bestimmt überprüfte sie meine Katheter. Ich hatte zwei: einen für den Urin und einen für den Darm. Das hatte mir niemand erklärt. Ich hatte es selbst herausgefunden, als der Druck zu groß geworden war. Eine Erleichterung in jedem Sinn. Eigentlich sollte man annehmen, dass ein Darmkatheter widerlich ist, aber im Vergleich zu einem Toilettenbesuch hatte er große funktionale Vorteile. Alles war abgedichtet und hygienisch. Bei genauerer Überlegung musste man sogar zugeben, dass das reguläre System zu wünschen übrig ließ.
    »Möchten Sie mir verraten, warum Sie mir das Telefon nicht geben können?«
    Katie ließ meine Decke sinken. »Weil Sie wegen Selbstmordgefährdung unter Beobachtung stehen.«
    Ich war sprachlos. Sie wandte sich ab und entfernte sich quietschend in den Gang.
    Das war also die Erklärung für das Verschwinden meiner Unterhose. Allerdings nicht dafür, warum alle so böse auf mich waren. Nicht nur Katie. Als mich der Pfleger Mike wusch, blieb er die ganze Zeit reserviert und riss keinen einzigen Witz. Schwester Veronica stellte das Tablett mit meinem Abendessen mit einem deutlichen Scheppern auf meinen Rolltisch. Ich war zu eingeschüchtert, um weiter nach meinem Telefon zu fragen. Stattdessen lag ich einfach im Bett und sah mit geringer Lautstärke fern, um niemanden zu stören.
    Meine Chirurgin kam zur Visite: Dr. Angelica Austin mit dem Kraushaar und dem ungeduldigen Benehmen. »Sie sind also wieder hier.« Ohne zu fragen, schlug sie meine Decke beiseite. Ihre Finger drückten, ich spürte nichts. Genauso gut hätte sie Steaks weich klopfen können. »Heilt gut.« Sie klang bedauernd.
    Ich senkte den Blick. Der Unterschied zwischen meinen Stümpfen war wirklich erstaunlich. Eigentlich hatte ich nicht gedacht, dass sich bei dem rechten viel getan hatte, aber im Vergleich zu dem neuen war er geradezu rosig vor Gesundheit. Der andere war geschwollen, dunkel und vollgestopft mit Schläuchen. Es würde lange dauern, bis ich ihn ohne Schreie in eine Prothese zwängen konnte. Oder ich musste starke Drogen nehmen.
    »Es ist wohl überflüssig, den Heilvorgang zu besprechen«, erklärte Dr. Angelica Austin. »Das haben Sie sicher noch frisch im Gedächtnis.«
    »Ich bin nicht selbstmordgefährdet.«
    Dr. Angelica Austin ignorierte meine Bemerkung. »Wie sind die Schmerzen?«
    »Sehr schlimm.« Das stimmte nicht ganz. Aber die Schwestern waren nachlässig mit meinen Medikamenten, daher war ich gezwungen, früher und in größeren Mengen darum zu bitten. »Ich bin nicht selbstmordgefährdet.«
    »Darüber müssen Sie mit dem Psychologen reden.« Sie betrachtete meinen Stumpf.
    Ihr Gesichtsausdruck erinnerte mich an ein Mädchen an der Highschool, das ich kaum gekannt hatte und das mich eines Tages wie aus dem Nichts ansprach: »Du hast schöne Augen.« Dann fügte sie hinzu: »Was für eine Verschwendung.«
    »Ich bin nicht dafür zuständig«, erklärte Dr. Austin.
    »Wann bekomme ich die psychologische Beratung?«
    »Bald.«
    »Wie bald?« Schweigen. Ich änderte meine Taktik. »Kann ich bitte mein Telefon haben? Ein Handy ist doch nicht

Weitere Kostenlose Bücher