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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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die Zwinge anschalten und mir das Bein zerquetschen konnte. So aber kam ich ihm zuvor, und er konnte nichts dagegen tun.

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    Ich erwachte, aber nicht im Krankenhaus. Ich brauchte eine Weile, um das zu erkennen, weil mir immer wieder alles vor den Augen verschwamm und ich wirklich im Krankenhaus hätte sein müssen.
    »… unterwegs.« Die Stimme klang nach diesem Typen. Nach meinem Chef. D. Peters. »Zwei Minuten ungefähr.«
    »Alle raus aus der Etage?« Eine Frau, vertraut, aber schwer einzuordnen.
    »Bis auf das medizinische Personal natürlich.«
    Ich hatte Empfindungen. Hände auf meinem Körper: fest und professionell. Sie gehörten nicht zu den Stimmen. Die Stimmen waren weiter weg. Sie beobachteten, während die Hände arbeiteten.
    Die Frau seufzte. »Einfach abscheulich.«
    »Sie müssen nicht dabei sein.«
    »Das ist ein Schlamassel. Und Schlamassel sind meine Spezialität. Deswegen bin ich hier.«
    D. Peters räusperte sich. »Diesmal handelt es sich wohl nicht um einen Unfall.«
    »Nein.«
    »Nun … das ist doch gut, oder?«
    »Großartig. Wir haben einen selbstmordgefährdeten Mitarbeiter.«
    »Ich meine …«
    »Haben Sie eine Ahnung, wie hoch unsere Quote von Arbeitsunfällen ist, ohne dass wir die Leute dazurechnen, die sich absichtlich in Maschinen stürzen?«
    »Ich wollte nur …«
    »Vielleicht sollten Sie den Ermittlern entgegentreten, Dick. Dann merken Sie vielleicht, was wir uns da eingehandelt haben. Denn es gibt garantiert eine Ermittlung.«
    »Cassandra, Sie haben mich nicht …«
    »Bei einem Unfall zeigt man den Ermittlern, wer Mist gebaut hat, und weist auf die Initiativen hin, die man ins Leben gerufen hat, damit so was nicht wieder vorkommt. Initiativen lösen das Problem. Alle mögen Initiativen«, erklärte Cassandra Cautery, die Krisenmanagerin. »Aber was für eine Initiative sollen wir denn hier starten? Wer hat Mist gebaut?«
    »Er, denke ich.«
    »Mit dieser Antwort beschwören wir höchstens ein Tribunal herauf. Haben wir ihn zu früh zur Rückkehr in die Arbeit gedrängt? Haben wir ihn ausreichend beraten? Welche Vorkehrungen haben wir getroffen, um seinen Gemütszustand zu überwachen? Hat er sich an seinem Arbeitsplatz willkommen gefühlt?«
    »Verstehe.«
    »Offen gestanden wäre es leichter, wenn er verbluten würde.«
    Die Hände zögerten. Ich versuchte, den Kopf zu heben, schaffte es aber nur, ein Auge halb zu öffnen. Über meinem Gesicht hing eine Sonne, zornig und grell. Sie kam mir bekannt vor. Ein Laborscheinwerfer.
    »Er hat sich bewegt«, flüsterte D. Peters. »Haben Sie das gesehen?«
    Wieder ein Seufzen. »Ich hasse solche Schlamassel. Ich hasse sie.«
    »Dabei sind sie Ihre Spezialität.«
    »Ich weiß«, antwortete sie.
    Ich dämmerte hoch und wieder weg. Wie lange, weiß ich nicht. Ich war zufrieden. Hatte es warm. Den Drang, mich am Bein zu kratzen, konnte ich ignorieren. Irgendwann schlug ich die Augen auf und erblickte die vertraute Decke meines Krankenhauszimmers. Ich hatte ein gutes Gefühl, als ich wieder einschlief.
    Eine Schwester kam und fummelte neben meinem Bett herum. Sie war groß und schön. Sie hieß Katie, ich erinnerte mich. Hallo, versuchte ich zu sagen. Ich freute mich, sie wiederzusehen, und das wollte ich ihr zu verstehen geben. Meine Hand patschte schwach an ihr Kleid. Sie drehte sich zu mir und verschränkte die Arme. »Ja?« Ohne jedes Gefühl zuckte ihr Blick über mich. Schließlich wandte sie sich wieder meinem Nachttisch zu und stieß die Schublade mit einem aggressiven Bonk zurück. Ich wusste nicht, was ich Schwester Katie getan hatte, doch anscheinend war es etwas ziemlich Schlimmes.
    Als sich der Nebel um mich herum lichtete, zog ich die Decke beiseite, um den Schaden zu inspizieren. Eigentlich hatte ich gedacht, dass es beim zweiten Mal nicht so schrecklich sein würde, doch das war ein Irrtum. Davor hatte ich wenigstens die Stelle sehen können, wo mein Bein hätte sein müssen. Ich war ein Mann gewesen, dem ein Bein fehlte. Jetzt war ich ein Geschöpf, das an den Oberschenkeln endete. Eine andere Lebensform. Ich war kurz. Ich schloss die Augen und weinte. Plötzlich war ich davon überzeugt, einen furchtbaren Fehler gemacht zu haben.
    Erst später fiel es mir wieder ein. Ich war gar nicht beinlos. Ich hatte meine Beine nur nicht an. Sie entsprachen dem neuesten Stand der Technik, und ich hatte sie selbst gebaut. Schon jetzt übertrafen sie mit ihren Funktionen meine biologischen Beine, und bald war mit weiteren

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