Masken der Begierde
ihre Bewegungen verstärkten. Sein Kopf lag leicht im Nacken, und sein Blick fixierte ihren, schien jede Nuance ihrer Empfindungen aufzusaugen, und er genoss so offensichtlich das Liebesspiel, dass es Violets Lust wiederum steigerte. Lucas´ Miene war ein Spiegel ihrer eigenen Gefühlswallung. Genuss, Erfüllung, Gier und der Wunsch, eins zu werden mit dem anderen, fanden sich darin. Wellen sinnlicher Entladungen brachen über Violet herein, und mit plötzlicher Wucht explodierte ein gewaltiger Höhepunkt in ihr. Lucas stieß einige Mal in sie, ehe er mit einem heiseren Schrei die eigene Erlösung fand.
Violet sank an seine Schulter, vergrub ihr Gesicht in seinem Hemd, inhalierte seinen Geruch, absorbierte seine Wärme und prägte sich jede dieser Nuancen in ihr Gedächtnis ein. Die Art, wie sein Atem ging, wie sich seine Brust hob. Das Gefühl seines verschwitzten Leinenhemdes an ihrer Haut.
Eine schiere Ewigkeit verharrten sie so, ineinander verschlungen in intimer Umarmung, bis Lucas das Schweigen brach: „Ich vermisse dich jetzt schon.“
Verwirrt sah sie ihn an. Sein Blick wirkte aufgewühlt, voller Emotionen und doch undurchschaubar. Sie legte ihre Hand auf seine Wange, streichelte ihn und versuchte zu ergründen, warum sie auf einmal ein ungutes Gefühl überkam. Der Moment hatte perfekt angemutet, doch nun hing eine düstere Wolke über dem Pavillon.
„Willst du mich etwa entlassen?”, fragte Violet irritiert und besorgt zugleich.
Lucas runzelte die Stirn. „Natürlich nicht“, antwortete er. Er griff nach ihrer Hand an seiner Wange. „Auf was für seltsame Ideen du kommst.“ Kopfschüttelnd nahm er ihre Hand zwischen die seinen.
Das Magengrummeln ließ nicht nach. Violet musterte Lucas aufmerksam.
„Dich quält etwas“, sagte sie ihm auf den Kopf zu. „Hattest du wieder einen Anfall?“
Er lachte und küsste sie auf die Wange, ehe er sie von seinen Hüften hob. „Es ist alles bestens, Violet. Ich habe nur … Ich werde in nächster Zeit ein paar Dinge in Ordnung bringen.“
Kapitel 13
Natürlich – ich habe gebetet – und hat Gott das gekümmert?
Emily Dickinson
Durch das Salonfenster drang die Abendsonne herein und tauchte den Raum in orangefarbenes Licht. Violet und Allegra saßen auf gegenüberliegenden Sesseln, zwischen sich ein Tischchen, auf dem Alice, das Hausmädchen, ein Tablett mit Geschirr und frisch gebrühtem Tee abgestellt hatte.
Violet sah von ihrem Buch auf, als Allegra ihr die Stickarbeit entgegenstreckte.
„Sehr schön, Allegra, du machst wirklich Fortschritte“, lobte sie. „Erinnerst du dich noch? Als ich hier ankam, konntest du kaum sticken, und jetzt sind deine Monogramm-Arbeiten besser als meine.“
Allegra reagierte nicht. Ihre Hand bebte, die Handarbeit entglitt ihren Fingern. Violet legte das Buch fort und beugte sich über Allegra.
Ihr Gesicht war kalkweiß, ihre Augen waren weit aufgerissen und auf einen Punkt gerichtet, den nur sie sah.
„Es muss gelingen.“ Allegras Stimme klang verändert, tief und voll unterdrückter Wut. „Ich bin zu weit gegangen, um zu versagen. Es darf nicht fehlschlagen.“ Allegra verstummte und sprang auf, die Miene wutverzerrt. Violet erhob sich und fasste das Mädchen an den Schultern. Allegra nahm es nicht wahr. „Wie kann er hier auftauchen!“ Allegras Körper zuckte und zitterte. Sie sackte zusammen, und Violet fing Allegra gerade noch auf, ehe sie auf den Boden plumpste. Sie setzte sie mühsam auf den Sessel und begann, Allegras Hände zu massieren. Sie gab Allegra leichte Klapse auf die Wangen, bis das Mädchen sich stöhnend bewegte. Es blinzelte und starrte Violet an.
Ein paar Atemzüge lang schwiegen beide, dann richtete sich Allegra auf.
„Ich habe den Geschmack von Schießpulver auf der Zunge“, beschwerte sie sich.
Violet schenkte Allegra Tee ein und streute großzügig Zucker hinein. Umrührend wandte sie sich ihrem Schützling zu und reichte ihr das Heißgetränk. Dankbar nippte Allegra an der Tasse.
„Ich hatte wieder einen Anfall“, stellte Allegra beunruhigt fest.
Violet goss sich ebenfalls Tee ein und ließ sich wieder auf dem Platz gegenüber des Mädchens nieder. „Ich gehe ein weiteres Mal zu Granny Sterling“, beschloss Violet.
Allegra trank einen Schluck Tee. „Wozu? Ich habe heute Morgen die erste Pille genommen. Sie sagte doch, es dauere seine Zeit, bis die Medizin zu wirken beginnt.“
Violet stellte die Tasse fort und faltete ihre Hände im Schoß. „Ich
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