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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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und trank einen großen Schluck, während er Neil beobachtete. Sein Cousin wirkte gelangweilt, doch sein Blick besaß etwas Lauerndes.
    „Weißt du was, Lucas? Ich habe meine Meinung geändert, ich glaube, ich nehme doch einen Whisky“, verkündete Neil. „Bring doch die Flasche an den Tisch, und auch den Brandy, mir ist heute außerdem nach einem Gläschen Brandy“, fügte er hinzu.
    Lucas nippte erneut an seinem Glas, ehe er Neils Wunsch nachkam. Als er sich umdrehte, hatte Neil seine Sitzhaltung verändert, saß aufrecht und malte gedankenverloren Kreise auf die Tischplatte.
    Neil nahm den Tumbler entgegen. „Hast du die Hausmädchen wegen der Unordnung in deiner Hausbar befragt?“, wollte Neil wissen.
    Stirnrunzelnd erinnerte sich Lucas an die hartnäckige Behauptung des Mädchens, alles wieder an Ort und Stelle geräumt zu haben. Er zuckte mit den Schultern und wechselte das Thema: „Wie läuft es in St. Clare House?“
    Neil beugte sich vor und schenkte Lucas ungefragt Whisky nach.
     
    Wenige klare Bewusstseinsfetzen zogen durch Lucas´ Hirn, als er vornüberkippte. Ein letzter Blick auf den Tisch zeigte ihm, dass die Flaschen nahezu leer waren. Dann verwandelte sich seine Umgebung in ein Kaleidoskop aus Formen und Farben, die auf ihn zudrängten und ihn erdrücken wollten. Aus dem Wirrwarr erklang Neils Stimme, die sich in blauen Kreisen zu manifestieren schien.
    „Du musst dich beruhigen, Lucas“, forderte er.
    Danach herrschte Totenstille.
     
    Violet lief den Waldpfad entlang, den sie wenige Tage vorher erst mit Allegra zusammen beschritten hatte. Das Mädchen hatte seinen Vorsatz wahr gemacht und wurde nach dem Dinner des Vortages weder von Violet noch von Lucas gesehen. Lauren, die Zofe, hatte erzählt, Allegra habe Anweisung gegeben, sie unter keinen Umständen zu stören.
    Wären Violet die Aufmerksamkeit und die Umstände, in die sich Allegra stürzte, nicht unangenehm gewesen, hätte sie die Neugier übermannt. So aber schob sie den Gedanken beiseite und hoffte, dass die Angelegenheit nicht ausuferte.
    Violet sprang entsetzt zur Seite, als sie aus einem Gebüsch ein Paar riesige gelb leuchtende Augen anstarrten. Das Wesen erschrak ebenso sehr wie sie, und als es einen Satz in die andere Richtung machte, sah Violet, dass es sich um ein Reh handelte. Erleichtert presste sie die Hand an ihre Brust. Ihr Herz hämmerte so hektisch, dass sie das Schlagen selbst durch das Korsett überdeutlich spürte.
    Zwischen den Bäumen erkannte sie die Waldkate der Sterlings und verdoppelte ihre Geschwindigkeit. Sie sah die alte Mrs. Sterling aus dem Innern treten und an das Geländer der Terrasse schlurfen.
    „Clark! Wo bist du? Clark, komm endlich nach Hause!“ Die Kräuterfrau entdeckte Violet und nickte ihr grüßend zu. „Miss Delacroix, habt Ihr meinen Enkel gesehen?“
    Violet schüttelte den Kopf. „Nein. Ist etwas geschehen? Braucht Ihr Hilfe, Mrs. Sterling?“
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Haar wirkte verstrubbelt, offenbar hatte sie es an diesem Morgen nicht sorgfältig gekämmt. Granny Sterling bemerkte Violets Blick.
    „Clark ist so hilfsbereit und frisiert mich. Meine Finger sind nicht mehr so beweglich, wie sie einmal waren. Clark erledigt all die Dinge für mich, die Fingerfertigkeit erfordern.“ Unruhe huschte über ihre Miene. „Er ist heute Nacht nicht nach Hause gekommen.“
    Mitfühlend nickte Violet. „Ist es das erste Mal, dass er über Nacht fortbleibt?“
    „Nein, aber er war immer in der Nähe und kehrte auf mein Rufen hin zurück.“ Sie starrte blinzelnd ins Unterholz. „Wo steckt er nur?“ Kopfschüttelnd wandte sie sich Violet zu. „Nun, was kann ich für Euch tun, Miss Delacroix?“
    „Ich hätte gern ein paar Worte mit Euch gewechselt. Ich muss ein paar Dinge geklärt wissen, und Ihr habt bei meinem letzten Besuch durchblicken lassen, dass Ihr mehr wisst, als Ihr mir erzählt habt“, erklärte Violet offen.
    Granny Sterling machte eine auffordernde Kopfbewegung und ging voraus in die Hütte. Wärme und intensiver Minzgeruch schlugen Violet entgegen, als sie durch die Tür trat. Sie folgte der Aufforderung der Kräuterfrau und setzte sich an den Tisch.
    Diesmal stellte die Frau einen Zinnbecher mit einem Fingerbreit einer Flüssigkeit vor sie auf den Tisch.
    „Trinkt, das ist ein Kräuterlikör, der die Körpersäfte zum Fließen bringt“, sagte Granny Sterling.
    Zögernd hob Violet den Becher an die Lippen und stürzte den Inhalt hinunter. Die Schärfe trieb ihr

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