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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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Tränen in die Augen. Einen Moment lang wurde ihr ganzes Gesicht, einschließlich der Zunge, pelzig. Als das Gefühl nachließ, sog sie Luft ein und ächzte. Granny Sterling lächelte amüsiert.
    „Ihr scheint mir keine heimliche Trinkerin zu sein“, verkündete sie und ließ sich auf dem Stuhl gegenüber Violets nieder. „Nun, was genau bedarf der Klärung?“
    Violet musterte die alte Kräuterfrau aufmerksam. „Die Anfälle der St. Clares“, begann sie. „Sie beunruhigen mich. Es scheint, als leiden Lucas und Allegra unter diesen Attacken. Und laut Familienchronik nahm alles mit Lady Edwina im 17. Jahrhundert seinen Anfang.“
    „Die berüchtigte Hexe von Tredayn Castle“, warf Granny Sterling ein und erklärte: „Jeder hier in der Gegend kennt die Legende der Lady.“
    „Dann ist es wahr? Das Leiden ist ein Familienfluch?“
    „,Fluch’ scheint mir ein zu starkes Wort dafür zu sein. Das St. Clare’sche Erbe ist ungewöhnlich, ja, doch ein Fluch? Das machen die Umstände und die Unwissenden daraus. Aber erzählt mir mehr von den Beschwerden, die den Earl heimsuchen. Ich habe Euch beim letzten Besuch nicht ernst genommen. Das Erbe der Lady Edwina hat noch nie zuvor einen Mann heimgesucht.“
    Violet erzählte von den verschiedenen Beobachtungen, die sie selbst gemacht hatte, von der Verwirrung und der Desorientierung während der Anfälle und schloss ihren Bericht damit, dass sie glaubte, Lucas sei von der St. Clare’schen Krankheit befallen.
    Granny Sterling starrte minutenlang in Violets Gesicht, ohne dass sie erraten konnte, was die Kräuterfrau dachte.
    „Er hat ein Problem mit Alkohol“, stieß Granny Sterling hastig hervor. Sie wirkte beunruhigt. „Er trinkt zu häufig und zu viel“, ergänzte sie und legte ihre Hände auf ihren Schoß, verdeckt von der Tischplatte.
    „Ein Alkoholiker?“, echote Violet fassungslos. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht. Ich habe Männer erlebt, die dem Alkohol verfallen waren. Lucas ist kein Trinker, dafür lege ich meine Hand ins Feuer!“
    Granny Sterling tätschelte Violets Hand. Die Haut der Alten war trocken wie brüchiges Pergament, doch ihre Berührung erwies sich als warm und fürsorglich. „Macht Euch keine Gedanken, Violet“, erwiderte sie tröstend. „Alkoholiker reagieren unterschiedlich, und sie können sich meisterhaft verstellen, um ihre Sucht zu kaschieren.“ Granny Sterling blickte sich suchend um. „Ich verspreche Euch, auch dafür eine Medizin zu finden. Vielleicht etwas, das die Gelüste auf Alkohol mindert.“ Sie wackelte nachdenklich mit dem Kopf. „Thymian“, überlegte sie laut. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit erneut Violet zu. „Sind Eure Fragen nun geklärt?“
    Durch den Gedankenwirrwarr, der Violets Verstand überflutete, dauerte es einen Moment, bis Granny Sterlings Worte durchdrangen. „Nein, nicht ganz. Ihr erwähntet das letzte Mal Bethany, Allegras Mutter.“
    Granny Sterling holte tief Luft. „Bethany suchte meine Hilfe relativ spät. Ihre … Anfälle waren sehr intensiv, und sie war …“, die alte Frau räusperte sich, „Sie war weder wie Ihr noch wie Allegra. Sie erwies sich als schwache Frau mit vielen Ängsten. Rückblickend denke ich, dass ich ihr ohnehin kaum hätte helfen können.“
    „Weswegen suchte sie Euch auf?“, drängte Violet. Sie hoffte so sehr herauszufinden, wie sie Lucas und Allegra helfen konnte, dass sie vor Ungeduld bersten wollte.
    Granny Sterling schüttelte ihren Kopf. „Bethany ist tot und begraben. Lasst sie in Frieden ruhen. Sie spielt keine Rolle mehr.“ Als Zeichen, dass sie Violet keine Fragen mehr beantworten würde, erhob sie sich mühsam und schlurfte zur Tür. „Seid so gut und schickt Clark nach Hause zurück, wenn Ihr ihm begegnet.“
    Violet verabschiedete sich und trat unzufrieden den Rückweg an. Der Besuch hatte einen völlig anderen Verlauf genommen, als sie gehofft hatte. Lucas ein Alkoholiker? Nie und nimmer! Zum einen roch er nie nach Alkohol, sprach ihm in Gesellschaft nur mäßig zu, und er aß ordentlich. Die Trinker, die Violet erlebt hatte, zechten, aßen aber kaum, klagten über Magenbeschwerden und wirkten zittrig und elend, wenn sie zu lange abstinent blieben.
    Sie kam verschwitzt und müde auf Halcyon Manor an. Die Lunchzeit war vorüber, doch Violet wusste, dass die gute Seele des Herrenhauses, Mrs. Harvey, ihr mit Sicherheit eine Kleinigkeit hatte richten lassen. Sie betrat das Gebäude durch den Dienstboteneingang und wurde

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