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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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ein.
    Lucas reichte ihm den Brief. „Ich habe noch etwas zu erledigen. Du übergibst dieses Schreiben Miss Delacroix, sobald sie zurückkehrt.“
    Jeremy verbeugte sich. „Sehr wohl, Mylord. Kann ich Euch sonst noch dienlich sein?“
    Lucas verneinte, änderte aber einen Moment darauf seine Meinung. „Doch. Einen Tee.“
    Der Butler nickte und verließ das Arbeitszimmer.
    Lucas trat ans Fenster und blickte hinaus. Ein goldener Herbst kündigte sich an. Die verwelkende Gartenpracht besaß ihre eigene Schönheit. Lucas hatte sich nie die Zeit genommen, die Jahreszeiten entsprechend zu würdigen. Immer gab es Wichtigeres, Aufgaben, Geschäfte, die auf Erledigung drängten. Wie hätte er auch ahnen können, dass alles so schnell vorbei sein würde? Er hoffte, dass Allegra nicht demselben Irrtum aufsaß.

Kapitel 14
     
    Auch eine schwere Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig.
    Charles Dickens
     
    „Miss Delacroix!“ Eine bekannte Stimme riss Violet aus ihrer Lektüre. Sie hob den Kopf und musterte die beiden Damen verwirrt. Auch ein zweiter Blick ließ Allegra vermissen. Hatten die beiden ihren Gast auf Hemsworth Hall zurückgelassen?
    „Lady Pikton, Miss Leandra, was für eine Überraschung.“ Sie begrüßte die beiden lächelnd.
    „Ist alles in Ordnung, meine Liebe? Ihr scheint verwirrt? Wie stehen die Dinge in Halcyon Manor?“ Lady Pikton wirkte munter und gut gelaunt, während Leandra sich im Hintergrund hielt.
    „Was hat Euch nach Kenwick gelockt?“, lenkte Violet die beiden ab.
    „Leandra benötigte neues Stickgarn, und zudem brauchten wir neue Seife. Grund genug, um der Tristesse des Alltags mit einem kleinen Einkaufsbummel durch Kenwick zu entfliehen“, plauderte Lady Pikton und überprüfte den Sitz ihres pfauenblauen Hütchens, das keck auf ihren Locken thronte. Sie seufzte. „Ihr und Allegra müsst uns unbedingt auf einen Tee besuchen kommen.“
    Violets Herzschlag setzte einen Moment aus. „Allegra?“, echote sie.
    Lady Pikton lächelte irritiert. „Allegra St. Clare, Euer Schützling“, wiederholte sie augenzwinkernd.
    Violet rang ihre Aufregung nieder. Also hatte sie recht gehabt, und Neil log. Violet sprang auf, und Leandra und ihre Tante musterten Violet erschrocken.
    „Meine Frage wird Euch befremden, aber wann habt Ihr Allegra das letzte Mal gesehen?“, erkundigte sich Violet atemlos.
    Tatsächlich schien Lady Pikton gewisse Zweifel an Violets geistiger Verfassung zu hegen, wenn Violet den Blick der Älteren richtig interpretierte.
    „Bei der Abendgesellschaft des Earls vor einigen Wochen“, äußerte sie sich stirnrunzelnd.
    „Verzeiht, ich muss augenblicklich nach Halcyon Manor zurückkehren“, sagte Violet aufgeregt.
    Lady Pikton folgte ihrem Blick zur Kutsche, die offensichtlich wieder einsatzbereit war.
    Violet verabschiedete sich und kehrte zu ihrer Equipage zurück.
    „Henry, fahr so schnell wie möglich nach Halcyon Manor zurück.“
    „Lord Pembroke ...“, widersprach der Mann.
    „Hat sich geirrt“, unterbrach Violet den Kutscher ungeduldig. „Wir kehren um!“
    Als die Kutsche Kenwick hinter sich zurückließ, lehnte Violet sich an das Rückenpolster, holte eine Puderdose aus dem Retikül und puderte sich die Nase. Der Veilchenduft, den sie bevorzugt trug, hing selbst in der Quaste. Sie wollte das Accessoire in den Beutel zurückstecken, erstarrte dann aber.
    … trägt Veilchen , hallte es durch ihre Erinnerung.
    Violet schluckte und zog Bethanys Journal hervor. Ihr Herz hämmerte so laut und heftig, dass das Schlagen bis in ihre Ohren dröhnte. Konnte das möglich sein? Bethany litt nicht an Halluzinationen, sondern an Zukunftsvisionen und Hellsicht? Sie schluckte ein paarmal, bemüht, die spontane Eingebung zu relativieren. Dieser eine Satz konnte schwerlich als Beweis gelten. Violet blätterte wie wild in dem Journal, bis sie eine weitere Stelle gefunden hatte.
    „ … drei Namen, ein Gesicht. Flüchtig ist diese Frau, doch frei in Denken und Handeln. Allegra wird es verstehen …“ Wie hatte Bethany von ihr wissen können? Verlor Violet selbst den Verstand? Redete sie sich alles nur ein?
    Aber wenn sie recht hatte? Wenn Bethany eine Seherin gewesen war, dann war auch Allegra nicht verrückt oder krank. Sondern eine Wahrsagerin. Oder eine Hexe, wie das abergläubische Volk behaupten würde. Es änderte kaum etwas am Umgang der St. Clares mit ihrer Umwelt, und doch veränderte es alles. Violet hatte so viel Zeit mit Allegra und Lucas verbracht. Für

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