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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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würdevoll.
    „Was wünscht Ihr, Mylord?“
    Lucas warf Violet einen kurzen Blick zu. „Lass die Kutsche anspannen. Miss Delacroix besucht Lady Pikton.“
    Violet wartete, bis sie und Lucas wieder allein im Raum waren.
    „Du kommst natürlich mit mir zu Lady Pikton. Wir holen Allegra heim“, entschied Violet.
    „Du fährst allein. Ich riskiere nicht, in Allys Nähe zu kommen“, widersprach Lucas. Seine Miene wirkte derart gequält und besorgt, dass Violet nicht wagte, ihn zu drängen, sie zu begleiten. Sie näherte sich ihm, legte die Arme um ihn und erkannte erleichtert, dass er die Umarmung erwiderte. Violet sog den Geruch nach Aftershave und Tabakrauch ein und schmiegte sich näher an ihn. Sein leichtes Zittern verriet ihr seine Sorge. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter, wollte nicht den Kummer in seinen Zügen sehen.
    „Du bist keine Gefahr für uns. Du würdest uns nichts antun. Niemals“, murmelte sie.
    „Geh“, befahl er ihr leise, drückte sie jedoch enger an sich. „Hol Ally heim“
    Erleichterung flutete durch Violets Innerstes. „Wir finden eine Lösung“, versprach sie ihm.
    Er nickte brüsk und schob sie von sich. „Lass den Kutscher nicht zu lange warten.“
     
    Vor ihr tauchten die ersten Häuser der kleinen Ortschaft Kenwick auf. Das pittoreske Dörfchen besaß einen gut ausgestatteten Krämerladen, ein Gasthaus und zudem eine Kirche, die Violet jedoch noch nie von innen gesehen hatte.
    Als sie die Hauptstraße auf der Höhe des Gasthauses entlangfuhren, wurde die Kutsche langsamer und bog unplanmäßig auf den Hof ab.
    Die Equipage hielt an, und Momente später öffnete der Kutscher den Verschlag.
    „Entschuldigt, Miss Delacroix, eins der Pferde lahmt. Ich muss es auswechseln“, erklärte er ihr.
    Violet seufzte und nickte schicksalsergeben. „Ich warte an der frischen Luft, bis wir wieder aufbrechen.“
    Sie nahm Platz in der Sonne und legte ihr Retikül neben sich auf der Bank ab. Sie schloss die Augen, dann holte sie aus ihrem Täschchen Bethanys Tagebuch, das sie sich für die Kutschfahrt eingepackt hatte. Ein unbestimmtes Gefühl drängte sie, jede noch so kurze Zeitspanne mit der Lektüre zu verbringen, und so schlug sie das Büchlein auf, um zu lesen.
    Violet stieß auf eine der wenigen Stellen in den Einträgen, an der Bethany nicht die Einzelheiten ihrer Anfälle schilderte, sondern ihr Innenleben, ihre Meinung äußerte.
    „ … Die Visionen sind intensiver denn je. Immer wieder spielen Allegra und Lucas eine Rolle darin. Etwas Schreckliches droht ihnen. Ich weiß nicht wann und wo, doch ich werde ihnen nicht beistehen können. Ich hätte alles darum gegeben, die Frau an Lucas’ Seite zu sein. Doch ihm ist die Frau bestimmt, die Veilchen trägt …“ Vor Violets inneres Auge schob sich das Bild einer Nymphe, deren Körper statt von einem Kleid über und über mit Veilchenblüten bedeckt wurde. Violet unterdrückte ein hysterisches Kichern. Sie beruhigte sich und las weiter.
    Das übliche Beschreiben surrealer Träume, Visionen oder Wahnvorstellungen setzte sich fort. Violet seufzte.
     
    Erschöpft schloss Lucas die Tür. Er verharrte eine Weile, konzentrierte sich ganz auf seine Atmung und kam so zur Ruhe.
    Er lachte verbittert. Ruhe, Frieden, bald hätte er ausreichend davon. Violet würde sich an seiner Stelle fürsorglich um Allegra kümmern, und seine Schuldigkeit wäre getan. Keine Sterbensseele würde mit dem sabbernden, gemeingefährlichen Irren belastet, der er bald sein würde. Vielleicht war das ein Zeichen. Die Gelegenheit erwies sich als perfekt. Allegra hielt sich auf Hemsworth Hall auf und hätte nicht nur den Trost Violets, sondern auch die Gesellschaft Leandras, einer gleichaltrigen Freundin, wenn man ihr die Nachricht seines Todes übermitteln würde.
    Lucas trat an seine Bar, zog die Tür auf und holte eine Flasche Brandy heraus. Er zog den Stöpsel aus der Karaffe, schnupperte an dem Alkohol und stellte die Flasche angewidert beiseite. Was tat er denn da? Wollte er sich wirklich Mut antrinken? Kopfschüttelnd nahm er am Schreibtisch Platz. Den letzten Schritt, sein Ende, würde er klaren Verstandes antreten. Er war als schreiendes, sabberndes Etwas auf die Welt gekommen, doch er ginge als Mann.
    Er nahm einen Briefbogen und setzte seinen Abschiedsbrief auf. Als Freund weniger Worte hielt er sein Schreiben kurz und bündig und versiegelte die Botschaft mit Wachs, ehe er nach Jeremy klingelte. Kaum eine Minute später trat der Butler

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