Masken der Begierde
musste es sich anfühlen, inmitten einer Gaswolke zu stehen und ein Feuer zu entfachen. Violets komplettes Sein wurde durch das Universum geschleudert. Um sie herum wurde alles schwarz.
Jemand rüttelte an ihrer Schulter.
Violet blinzelte. Um sie herum schien alles aus verschwommenen Schemen zu bestehen.
„Trink das“, forderte Lucas sie auf. Er hob ihr eine Tasse kalten Tees an die Lippen, und Violet trank durstig, ehe sie auf die Récamiere zurücksank. Langsam kehrte ihre Sehfähigkeit zurück, doch immer noch war alles unscharf, wenn sie auch alles wieder erkannte.
„Wie fühlst du dich?“, fragte Lucas fürsorglich.
„Ein bisschen schwindlig“, erklärte sie. Ein Pochen in den Schläfen kündigte Kopfschmerz an, ansonsten fühlte sie sich herrlich entspannt und befriedigt. „Was ist geschehen? Und wie komme ich auf die Récamiere?“
Lucas hatte sich seine Hose übergestreift, sein Oberhemd bedeckte Violets Körper. Sie richtete sich auf. Ihre Sehkraft normalisierte sich, und auch das Pochen ließ nach. Der befürchtete Migräneanfall bliebe vermutlich aus.
„Du bist ohnmächtig geworden.“ Er musterte Violet besorgt.
„Grundlos?“, wollte sie wissen.
Lucas’ Mundwinkel hoben sich amüsiert. „Nun, soweit ich das beurteilen kann, hattest du einen phänomenalen Höhepunkt.“
Violet schoss Hitze in den Kopf. Sie räusperte sich verlegen. Sie erinnerte sich. Die Empfindungen und Berührungen waren unglaublich gewesen. Nie zuvor hatte sie Ekstase diesen Ausmaßes verspürt. Nicht einmal als Lucas sie gefesselt hatte, was sie bereits für den Gipfel der erotischen Lust gehalten hatte. Doch das Erlebnis von gerade eben übertraf alles bisher erlebte.
„Vielleicht solltest du öfter Brandy trinken“, meinte Lucas augenzwinkernd.
Im Nachhinein kamen ihr die Visionen von den tanzenden Lichtern unwirklich vor. Sie schüttelte den Kopf.
„Kein Alkohol mehr in Zukunft?“, fragte Lucas.
„Unter anderem.“ Violet stand auf und musste sich festhalten, weil der Boden verdächtig schwankte.
Lucas umfasste ihren Oberarm. „Vorsicht, kipp mir nicht wieder um.“ Er griff nach ihrem Kleid und half ihr, sich anzuziehen. „Du solltest harte Drinks meiden. Du scheinst mir nicht sonderlich trinkfest zu sein“, erklärte er.
Violets Kopf schien wie gepolstert. Sie griff sich ins Gesicht, und nach dem zweiten Versuch traf sie ihre Stirn. Violet hoffte, Lucas entginge ihre Unbeholfenheit, und räusperte sich.
„Ich muss ins Bett. Ich bin betrunken, glaube ich“, gab sie matt von sich. Sie lächelte. „Vielleicht war der Brandy schlecht.“
Zweifel glitt über Lucas´ Miene. „Alkohol hält ewig“, erwiderte er. „Außerdem habe ich die Flasche erst gestern geöffnet.“ Er massierte ihre Hände und musterte sie nachdenklich.
„Ich bringe dich nach oben. Keine Widerrede!“, befahl er streng, als Violet widersprechen wollte. „Ich lasse nicht zu, dass du am Ende die Treppe hinabpurzelst.“
Vor ihrer Tür angekommen, drehte sich Violet zu Lucas um. Er bemerkte ihre Unsicherheit. Nur zu gerne wäre er ihr in den Raum gefolgt, doch er spürte, dass sie das nicht wollte, und er hielt es ohnehin für keine gute Idee.
Sich von ihr verführen zu lassen, lief seinem Vorhaben, die Gefühle zwischen ihnen ersterben zu lassen, zuwider. Doch Violet erwies sich als zu große Versuchung für ihn. Als sie ihn so offensiv betört hatte, war Lucas schwach geworden. Sie zu lieben, sich in ihr zu vergessen, zeugte schlicht von mangelnder Willenskraft. Aber genau diese benötigte er. Er durfte nicht zulassen, dass die Dinge zu intensiv wurden. Als Mann von Ehre und Moral musste er Violet freigeben, durfte sich ihr nicht erklären und musste ihre Beziehung zurück auf eine geschäftliche Basis bringen. Vor allem jetzt, nachdem sie sich ihm offenbart hatte. Die Liebschaft mit einer Gesellschafterin war das eine, eine sexuelle Beziehung zu der unverheirateten Tochter eines Mitglieds des Hochadels etwas völlig anderes.
Dennoch, einen Gute-Nacht-Kuss konnte er sich nicht verkneifen, also beugte er sich vor und legte seine Lippen sanft auf die ihren. Streichelte sie mit den seinen und küsste sie zärtlich.
„Gute Nacht, Violet.“ Er hob seine Hand und zeichnete mit seinem Daumen die Umrisse ihres Mundes nach. Der Gedanke daran, wie weich und zart andere Stellen ihres Körpers waren, erschwerte es ihm, zu gehen und Violet allein zu lassen.
Dass es das Richtige war, erschien ihm wenig
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