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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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hinabrannen.
    Allegra verzog mitfühlend ihre Miene. „Das Pulver schmeckt grauenvoll, aber es wirkt wahre Wunder“, erklärte sie.
    Violet aß einen Bissen Toast, um den üblen Nachgeschmack loszuwerden. „Woher bekommt Mrs. Harvey die Medizin?“, erkundigte sich Violet, eher um sich abzulenken als aus Interesse. Ihr Magen rebellierte, und sie kämpfte gegen Wellen der Übelkeit.
    „Die alte Mrs. Sterling stellt die Heilmittel her. Aus dem ganzen Lake District kommen die Leute zu ihr“, entgegnete Allegra stolz.
    „Ihre Medizin ist also wirksam?“, versicherte sich Violet.
    Allegra setzte sich auf einen Stuhl, goss sich und Violet Tee ein und nickte. „Selbstverständlich, die Medizin der alten Mrs. Sterling ist fabelhaft. Es gibt niemanden, der sich besser mit Kräutern und Arznei auskennt als sie.“
    Lucas schlug die Zeitung zu. „Dem stimme ich zu. Aber trotzdem sollte die alte Kräuterhexe aufpassen. Irgendwann versagt ihre Medizin beim Falschen und sie endet am Galgen.“ Er erhob sich. „Ich wünsche euch beiden einen schönen Vormittag. Ich habe zu arbeiten.“
    Sein Blick streifte Violet nur im Vorübergehen, doch Violets Körper reagierte gegen ihren Willen mit einer Hitzewallung. Sie räusperte sich und blickte in ihren Tee.
    Sie trank einen Schluck, während Lucas den Raum verließ.
    Allegra häufte ihr Rührei, Speck und Würstchen auf einen Teller und schob ihn ihr zu. „Nein danke, Allegra“, wehrte Violet ab. „Ich bleibe bei Tee und Toast.“
    Allegra legte ihren Kopf schief. „Ist Euch denn nicht wohler? Die Farbe kehrt in Eure Wangen zurück.“
    „Ich …“ Violet stutzte. „In der Tat, ich fühle mich gut.“
    Allegra lächelte. „Seht Ihr, Miss Delacroix? Ich sagte doch, Mrs. Sterlings Mittel wirken wahre Wunder.“
     
    „Meine Lieben! Was für eine Freude!“, rief Mrs. Hendry, als das Hausmädchen Violet und Allegra in den Salon ihres Hauses führte.
    Mrs. Hendry donnerte ihren Gehstock auf den Boden, lehnte ihn am Sessel an und winkte Violet und Allegra heran. Sie ergriff nacheinander ihre beiden Hände und schüttelte sie. „Mädchen, wie schön, dass Ihr diesmal gekommen seid! Das war nun schon die dritte Einladung, die ich euch zukommen ließ.“
    Allegra hüstelte und warf Violet einen Blick zu. „Tatsächlich?“ Violet heuchelte Erstaunen. „Wie seltsam, wir haben keine Post von Euch erhalten, Mrs. Hendry.“
    Die alte Dame starrte Violet und Allegra scharf an. „So“, begann sie, „dann trügt mein Eindruck Lord Pembrokes geistige Agilität betreffend, und er ist vergesslich als ein Hundertjähriger. Oder er ist kurzsichtig wie ein Maulwurf und hat meine Billetts irrtümlich im Kamin verbrannt.“
    Allegra kicherte, versuchte aber sofort, das Lachen mit einem Husten zu kaschieren. Mrs. Hendry betrachtete sie schmunzelnd. „Allegra, Liebes, bist du krank? Ein Husten scheint dich zu plagen.“
    „Nein, Mrs. Hendry, ich bin wohlauf“, gab sie mit erstickter Stimme zur Antwort. Tränen der Anstrengung standen in ihren Augen.
    Die alte Dame wandte sich der Chaiselongue zu, auf der zwei weitere Gäste thronten. „Lady Pikton, Leandra, ich spare mir den ganzen Etikette-Schnickschnack. Ihr kennt einander.“
    Die blasse Leandra nickte errötend.
    „Was haltet ihr Mädchen davon, hinaus in den Garten zu gehen? Mein Gärtner hält Hasen in einem Gehege am Ende des Rasens, gleich unter den Bäumen.“ Mrs. Hendrys Blicke wanderten zwischen Allegra und Leandra hin und her. „Na los, geht schon, Eure Begleiterinnen haben nichts dagegen, nicht wahr, Lady Pikton, Miss Delacroix?“
    Beide stimmten der alten Dame zu, und so verließen die Mädchen den Salon. Kurz darauf sah man sie über den Rasen spazieren.
     
    Violet wusste, dass Allegra etwas auf dem Herzen hatte. Seit sie vom Spaziergang mit Leandra in Mrs. Hendrys Salon zurückgekehrt war, verhielt sie sich zurückhaltend und warf Violet forschende Blicke zu.
    Martin, der Stallknecht, lenkte den Landauer. Der tägliche Regenschauer lag hinter ihnen, und nun hingen vereinzelte weiße und hellgraue Wolken über ihnen am Himmel. Immer wieder versteckte sich die Sonne dahinter, doch wenn sie hervorkam, dann mit ihrem strahlendsten Gelb.
    „Was ist los, Allegra? Irgendetwas liegt dir auf der Seele“, wollte Violet beunruhigt wissen.
    Violet berührte Allegras Hand; diese entzog sich ihrem Griff und rückte ab, so weit es möglich war. Sie starrte auf die vorbeiziehende Landschaft.
    Ihre Ablehnung versetzte Violet

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