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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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ihm Robert ins Wort.
    Lucas zwang sich zur Gelassenheit.
    „Also?“, drängte Comberley ungeduldig.
    Lucas hielt inne. Violets Gesicht schob sich vor sein inneres Auge. Wie sie strahlte, wenn sie lachte. Wie sie mit leidenschaftlichem Eifer für Allegras Belange eintrat, und wie sie auf seinen Anfall reagiert hatte. Sie verspürte weder Furcht noch Scheu vor ihm. Eine Frau mit Courage und innerer und äußerer Schönheit. Er stieß Luft aus.
    Comberley beobachtete ihn erwartungsvoll.
    „Ich liebe Violet“, gestand Lucas.
    Der Marquis nickte. „Dann solltet Ihr ein entschlossenerer Mann sein als ich. Der Duke wird nicht zulassen, dass Ihr seine Tochter ehelicht, wenn es ihm keinen Vorteil bringt.“
    Lucas runzelte die Stirn und entschied, dass Robert Luscious ihn über die genauen Umstände ins Bild setzen sollte. „Welche Rolle spieltet Ihr in der ganzen Angelegenheit?“
    „Eine nicht sehr Rühmliche, wie ich gestehen muss“, erklärte der Mann vorsichtig.
    Lucas bot ihm einen Drink an und goss sich selbst ebenfalls einen Whisky ein, nachdem er Robert das Glas gereicht hatte. Er musterte den Mann, der Violets Unschuld und Reputation zerstört hatte. Der Don Juan hätte es verdient, einen Kopf kürzer gemacht zu werden. Tatsächlich juckte es Lucas in den Fingern, dem ehrlosen Kerl eine Abreibung zu verpassen. Einzig das Hochgefühl, Sieger im Wettstreit um Violets Herz zu sein, hielt ihn davon ab.
    Dankend trank der Marquis.
    „Ihr habt Violet verführt?“
    Robert zuckte mit den Schultern. „Sie war einsam. Es fiel mir nicht schwer, und sie ist wunderschön.“ Comberley verstummte. „Ich war bei ihrem Vater, wisst Ihr? Er hat mich hinausgeworfen. Die Verlobung mit Maximilian Cantrell, Duke of Wexford, war bereits beschlossen. Nach der Bekanntmachung habe ich mich vor Wexford zum Narren gemacht. Dachte, ich könnte die Heirat verhindern und Isadora für mich gewinnen.“
    „Es funktionierte nicht.“
    Gedankenverloren starrte Robert ins Leere. „Nein, tat es nicht.“ Er nahm einen großen Schluck Whisky.
     
    Violet blickte auf, als Lucas in die Bibliothek zurückkehrte.
    „Der Marquis hat uns verlassen. Er entbietet dir seinen Gruß und wünscht dir viel Glück“, erzählte Lucas.
    Violet erhob sich und strich ihren Rock glatt. Sie musterte Lucas, verwundert, dass er beinahe fröhlich wirkte.
    „Das war alles?“, fragte sie skeptisch. Kaum eine Stunde zuvor war Robert erschienen, bereit mit ihr nach Gretna Green zu entschwinden, und nun ritt er ohne persönlichen Abschiedsgruß von dannen.
    Lucas musterte sie nachdenklich. „Er hielt bei deinem Vater um deine Hand an. Wusstest du das?“
    Violet erstarrte. Überraschung und ein kurzer Moment der Wehmut erfüllten sie. Mit diesem Wissen wäre vielleicht alles anders gekommen. Sie warf Lucas einen intensiven Blick zu und verneinte kopfschüttelnd.
    „Er hat sich vergewissern wollen, dass es mit dir zum Besten steht und dass du aus freien Stücken hier bist. Überdies hält er Viscount Hampstead in Schach“, führte Lucas aus und reichte ihr seinen Arm. „Lass uns zu den Gästen zurückkehren.“
     
    Violet starrte aus ihrem Fenster hinaus auf den Park. In der Ferne schimmerte die silbrige Oberfläche des Lake Ullswater, und an den Ufern konnte sie vereinzelte Schiefer- und Reetdächer des Dörfchen Kenwick ausmachen. Die meisten Häuser des Ortes waren jedoch vom Wald verdeckt, der zum Anwesen der St. Clares gehörte. In der Schwärze der Nacht wirkten die Bäume wie knorrige Unheilsboten, die riesig am Rande des Parks Wache standen.
    Violet hob nachdenklich ihre Tasse an die Lippen. Der stark gesüßte Tee rann ihre Kehle hinab und wärmte sie von innen heraus.
    Violet stellte die Tasse ab, griff nach dem Büchlein von Allegras Mutter und schlug es auf. Das Schriftbild Bethanys verlor zunehmend an Klarheit. Waren die ersten Seiten flüssig und gestochen scharf, bereitete es Violet mehr und mehr Mühe, das Gekritzel zu entziffern, je weiter sie las. Mittlerweile gab sie die Lektüre regelmäßig nach wenigen Sätzen auf, weil das Geschriebene so schwer zu erkennen war.
    Trauer befiel Violet, als ihr bewusst wurde, dass die arme Bethany mehr und mehr dem Irrsinn verfallen war. Drohte Lucas und Allegra dasselbe Schicksal? Gab es nichts, das den beiden helfen konnte? Oder wenigstens Linderung verschaffte?
    Violet seufzte, sah auf, und beim Anblick der Baumwipfel schoss ihr der Gedanke an Granny Sterling in den Kopf. Besaß die alte Kräuterfrau

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