Masken der Lust (German Edition)
und hatte das Gefühl, in einem Gemälde zu sitzen.
Zwei weiße Tassen und ein Buch auf einem Tisch, ein Mann und eine Frau, die sich beinahe Knie an Knie gegenübersitzen, ihre Züge undeutlich, eine Stimmung unterkühlter Innigkeit zwischen ihnen, von kräftigen Pinselstrichen herausgearbeitet.
Sie hätte ihr Skizzenbuch mitnehmen sollen. Mit Wasserfarben würde sie den Augenblick vorzüglich einfangen können. Aber sie konnte aus der Erinnerung arbeiten. Sie würde es Café bei Nacht nennen. Oder Die Begegnung . Oder Junge Amerikanerin im Begriff, mit gutaussehendem Europäer zu flirten .
«Da ist die Katze, die uns gefolgt ist», sagte Marco und unterbrach ihre flüchtige Entrückung.
Er wies in die Richtung, und sie sah die kleine graue Katze in einer Fensterecke auf dem niedrigen Sims sitzen. Sie schien nass geworden zu sein und beobachtete sie erbost. Ihre Augen waren grün wie Chartreuse, eine helle Note in den verschwommenen Farben von Sarahs imaginärem Gemälde.
«Armes Ding. Sollten wir ihr nicht helfen und für sie einen Pappkarton finden, damit sie aus dem Schnee kommt?»
«Es hat aufgehört zu schneien.»
Sarah sah durchs Fenster und schärfte ihren Blick für das, was jenseits des Spiegelbilds lag. Er hatte recht.
«Außerdem wird sie bloß weglaufen. Aber wie kannst du wissen, dass die Katze weiblich ist?»
Die Frage verdutzte sie. «Genauso wie du vermutlich. Vielleicht liegt es an ihren Augen. Da liegt etwas Weibliches in der Art, wie sie einfach … zusieht. Als würde sie nachdenken.»
«Männliche Katzen denken nicht nach?»
Sarah schüttelte den Kopf. «Nicht auf dieselbe Art. Nicht so wissend.»
«Ich weiß nicht, ob ich beleidigt sein soll oder nicht», sagte Marco lachend.
«Ich spreche von Katzen, nicht von Männern. Um jedenfalls auf die Museen zurückzukommen, wir könnten morgen hingehen.» Nach einer Nacht zügelloser Leidenschaft und sündigen gegenseitigen Erforschens.
Er musterte sie einen Augenblick lang, ohne etwas zu erwidern. Oha. Sie hatte ihn mehr oder weniger verpflichtet, sich Kunst ansehen zu gehen, die er schon gesehen hatte. Und sie hatte wir gesagt, hatte aus ihnen ein Paar gemacht. Sarah hoffte, dass Marco daran keinen Anstoß nehmen würde.
Marco nickte. «Die Museen kenne ich alle gut. Natürlich.»
Er lehnte sich behaglich zurück und betrachtete sie, als gefalle ihm sehr gut, was er sah. Sarah wusste nicht, was sie von seinem Interesse an ihr halten sollte. Sie war alles andere als vornehm. Nun, vielleicht war sie ja eine Abwechslung von den Comtessen und Fürstinnen und mit was er sich nicht noch alles gewöhnlich verabredete.
«Das wäre toll.» Sarah sah ihn hoffnungsvoll an.
Er zuckte die Achseln. «Aber wenn ich zu viel erkläre, musst du mir ins Wort fallen. Ein gescheiter Kopf braucht keine Anleitung.»
Darüber dachte sie eine Weile nach, während sie endlich ihre Schokolade austrank. Wie nett von ihm, so zu sprechen. Sie lächelte und tat ihr Bestes, gleichzeitig ungeheuer gescheit und unwiderstehlich sexy auszusehen. Doch derlei wurde ihm wahrscheinlich häufig geboten.
«So habe ich das nie gesehen.» Sie stellte ihre Tasse ab, fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, das noch nicht ganz trocken war. «Aber ich würde liebend gern mit dir hingehen. Dann tun wir’s doch.»
Marco klappte das Buch mit den Zaubersprüchen zu und klopfte damit sacht auf den Tisch. «Wollen wir uns morgen Vormittag treffen?»
Ähem. Das hieß, sie würden keine wilde Nacht miteinander verbringen. Sie würde warten müssen. Und das war gut so, sagte sie sich unaufrichtig. Meistens entscheidet man sich ja doch nach dem Kennenlernen gegen jeden zweiten Mann. Aber ihr Gefühl sagte ihr, dass es bei Marco nicht so laufen würde.
«Klar», flötete sie. «Tausend Dank. Aber bist du sicher, dass es dich nicht langweilen wird? Du machst das ja nicht zum ersten Mal –»
Er stand auf, das alte Buch in der Hand, und blickte mit einer unergründlichen Miene auf sie herab. «Mit dir schon.»
Eine Bemerkung, die sich auf mehr als eine Art auslegen ließ. Wieder errötete Sarah. Er streckte eine Hand aus und schob ihr eine verirrte blonde Haarlocke hinters Ohr, eine derart intime und unverhoffte Geste, dass es ihr die Sprache verschlug. Sein Lächeln verriet sinnliche Zärtlichkeit, dann beugte er sich herab, um rasch einen Kuss erst auf die eine, dann auf die andere ihrer erhitzten Wangen zu drücken.
«Ich muss los, jemand erwartet mich.»
Sie fühlte, wie sich
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