Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Tamir. »Wir fragen uns nur, weshalb du das nicht gleich gesagt hast.«
Etliche Gründe fielen ihr ein, doch über allen stand die verwirrende Erkenntnis, dass der junge Novjengo und sein Schicksal ihr einfach wichtig waren. Nein, Martu war ihr mehr als wichtig: Er hielt ihr Herz in Atem.
»Ferin! Bleib stehen!« Das war Rhys.
Stur ging sie weiter, sie war nicht erpicht darauf, mit ihm zu sprechen. Aber natürlich war er viel schneller als sie und riss sie an der Schulter herum. Fast wäre ihr die Schale mit Fleisch und Brot für Martu aus der Hand gerutscht.
»Au! Was soll das, Rhys?«
»Entschuldige. Ich muss mit dir reden.«
»Was willst du?« Ferin machte sich nicht die Mühe, ihren Groll zu verbergen. Er sollte ruhig wissen, wie verärgert sie war.
»Du bist heute Nachmittag einfach weggerannt …«, begann er zögerlich.
Ach, wundert dich das?, dachte sie. Nach der Diskussion am Feuerplatz war sie vor Rhys’ Zorn unter dem Vorwand geflüchtet, nach ihrem Patienten sehen zu wollen. Zu ihrer Beruhigung hatte Martu sich immer noch im Tiefschlaf der Genesung befunden, was ihr Zeit gab, in Ruhe nachzudenken und die verfahrene Situation mit einigem Abstand zu betrachten. Das Resümee war simpel ausgefallen: Hätte sie gleich die ganze Wahrheit über Martu gesagt, hätte sie sich eine Menge Ärger erspart. Tamir hatte es sich auch nicht nehmen lassen, sie noch einmal darauf hinzuweisen, als sie zum Abendessen wieder auf den Dorfplatz gekommen war. Das war nicht fair von dir, Ferin. Wir sind eine Gemeinschaft, oberster Grundsatz ist Vertrauen. Dahingehend hast du mich heute enttäuscht. Sie hatte sehr daran geschluckt, umso mehr, da sie wusste, dass er recht hatte. Auch sie würde sich entschuldigen müssen, nicht nur bei Tamir. Bei allen.
Aber Rhys’ Benehmen ihr gegenüber – sie schüttelte sachte den Kopf, während sie seinem Blick betont reserviert und ohne ein Wort der Erwiderung begegnete – stand in keiner Relation zu ihrem Fehlverhalten.
»Es …« Er atmete tief durch. »Es tut mir leid. Wegen unserem Streit … das war nicht in Ordnung von mir.«
»Ja«, sagte sie kalt. »Finde ich auch.«
Rhys bot ihr die Hand. »Bitte entschuldige.«
Ferin starrte an ihm vorbei. Farne und Palmwedel wuchsen in der Dämmerung zu unheimlichen Schatten, nicht mehr lange, und es würde stockdunkel sein. Eine schnippische Antwort lag ihr auf den Lippen. In ihrem Herzen pochten verletzter Stolz und das Gefühl, von ihm hintergangen worden zu sein, um die Wette.
»Bitte, Ferin.« Ganz zerknirscht stand er da, wie ein kleiner Junge, der seinen reuigen Augenaufschlag perfekt einstudiert hatte.
Sollte sie wirklich so nachtragend sein und seine Hand ausschlagen? Immerhin hatte er sich entschuldigt, was ihm gewiss nicht leichtgefallen war. Und letzten Endes waren sie Freunde, auch wenn sie immer noch wütend auf ihn war. Ferin gab sich einen Ruck – ihre Freundschaft war viel zu wertvoll, um sie aufgrund eines Streites zerbrechen zu lassen.
»Also gut«, sagte sie und schüttelte seine Hand. »Entschuldigung angenommen.« Sie wollte gehen, aber Rhys hielt sie zurück.
»Ferin, ich …«, stammelte er, »… wollte dir etwas sagen, schon lange …«
»Was denn?«
»Du … du bist … für mich …« Er unterbrach sich, dann setzte er erneut an. »Du schläfst mit dem Merdhuger in einem Haus«, stieß er hervor.
Im ersten Moment fehlten ihr die Worte. »Das ist doch nicht zu fassen!«, rief sie dann. Sie war kurz davor, ihm ins Gesicht zu schlagen. Vielleicht brachte ihn eine kräftige Ohrfeige wieder zur Vernunft. »Er ist kein Merdhuger, und jetzt lass mich in Ruhe.«
»Verflucht. Wie konnte mir das entfallen?«
Dein Sarkasmus ist hier entschieden fehl am Platz, mein Lieber, dachte sie. Ich bin nicht zu Scherzen aufgelegt. Sie sah ihn finster an. »Das. War. Nicht. Witzig.«
Rhys atmete tief durch. »Na schön«, sagte er mit neutraler Stimme. »Noch einmal von vorn: Du schläfst mit dem fremden Mann in einem Haus.«
»Und? Was ist schon dabei?«
»Das … Ich mache mir eben Sorgen um dich.«
Ferin runzelte die Stirn. »Nicht notwendig. Danke.«
»Und seit ich weiß, dass er diese Giftstacheln hat, sogar noch mehr«, bekräftigte er.
»Sein Gift kann mir nichts anhaben.«
»Aber …«
»Rhys! Was willst du von mir? Ich habe deine Entschuldigung angenommen. Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen, ich bin müde, und ich muss mich um den fremden Mann kümmern. Wenn du also nichts
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