Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Schritt weit.«
Er stützte sich an einem Baum ab.
»Außerdem«, Ferin wies ins Dickicht, »geht es hier zum Dorfplatz. Meine Freunde sitzen beim Abendessen, und sie sind ausgesprochen misstrauisch. Wenn du dort allein aufkreuzt, werden sie annehmen, dass du mir etwas zuleide getan hast.« Das war gar nicht so weit hergeholt, und es war Rhys zuzutrauen, dass er sich auf den Novjengo stürzte. Oder Dawid. »Das würden sie nicht so gut finden.«
»Natürlich«, schnaubte Martu. »Wo ich doch ein Monster mit Giftstacheln bin.«
Wenn du wüsstest, wie ähnlich unsere Gedankengänge sind …, schoss es Ferin durch den Kopf. »Nein, nicht deshalb«, widersprach sie. »Sie denken, dass du ein Merdhuger bist, das ist viel schlimmer.«
Martu lachte zynisch. »Du bist sehr beharrlich – warum?«
»Weil ich …«, setzte sie an. Weil ich will, dass du bleibst. Verflixt, was sollte sie ihm nur sagen?
»Bitte, Ferin. Lass mich gehen«, sagte Martu eindringlich. »Vergiss alles, was du über mich weißt, und lass mich gehen.«
Vergessen? Wie sollte sie ihn jemals vergessen? Er würde sich in ihre Träume schleichen. Wieder und wieder, genauso, wie er es bis jetzt schon getan hatte. Irgendetwas band sie aneinander. Sie wusste nicht, was, und auch nicht, warum das so war, sie wusste nur eines: Sie wollte ihn nicht verlieren. »Nein. Das … geht nicht mehr.«
»Und weshalb nicht?«
»Weil …«
Martu wartete einen Moment, doch als sie weiter nichts sagte, knurrte er ungehalten und drängte sich an ihr vorbei, diesmal in die andere Richtung.
»Weil ich dich kenne!«, rief sie ihm nach.
Martu blieb stehen. Seine Finger krampften sich um die Kugel, deren Licht mit einem Mal flackerte wie eine einsame Flamme im Wind.
Ferin schloss zu ihm auf, bis seine Körperwärme nach ihr haschte und ihr ein tröstliches Nest anbot, in das sie sich nur zu gern verkrochen hätte. Und doch war er himmelweit von ihr entfernt.
Sie schluckte trocken. »Ich kenne dich. Von früher.«
Er gab keine Antwort, schaute sie nicht an, nichts. Nur sein Brustkorb hob und senkte sich heftig.
»Willst du nicht wissen, woher?«
»Du erinnerst dich an mich?«, entgegnete er leise.
Ferin seufzte innerlich auf – also kannte er sie auch!
»Ja«, antwortete sie beherrschter, als ihr zumute war. »Du warst in der Bibliothek, in Laigdan, erst kürzlich. Als ich noch kleiner war, habe ich dich auf dem Markt und am Brunnen getroffen. Und ich träume von dir.«
»Das ist …« Endlich blickte er sie richtig an. »Das ist nicht gut.«
»Aber es ist, wie es ist«, erwiderte sie, auf einmal wütend, dass er so abweisend war. »Willst du es ignorieren? Willst du mich hier zurücklassen, mit meinen vielen Fragen, oder willst du mir endlich sagen, was mit dir los ist?«
»Ignorieren wäre besser – für uns beide. Denke ich. Aber Herz und Verstand sprechen manchmal nicht die gleiche Sprache.«
»Und das heißt?«
»Mein Herz sagt: Bleib. Was sagt dein Herz, Ferin?«
Ihr Herz? Es sang! »Bleib«, flüsterte sie.
»Also schön«, sagte er nach einem tiefen Atemzug. »Dann bleibe ich noch. Ein wenig.«
»Gut.« Ferin versuchte, unbeteiligt zu klingen. Es gelang ihr nicht.
»Bis es mir besser geht«, schränkte Martu ein.
»Hört sich vernünftig an.«
Kein Flackern mehr in der Kugel, nicht einmal ein Lichtfunken, Dunkelheit hüllte sie ein.
»Sagst du mir dann, wovon du träumst?«, fragte Martu.
»Wenn du mir sagst, was es mit dieser Kugel auf sich hat und wie du nach Zurück kommen wolltest.«
Sie hörte ihn lachen. »Ist das ein Handel?«
»Wenn du so willst – ja.«
»Du wirst keinen Frieden geben, nicht?«
»Nein.«
»Halsver… Halsabschneiderin«, sagte er warm, fast zärtlich, und durch Ferins Bauch sauste ein Bienenschwarm.
Ferin saß vor Martu auf dem Boden und verschlang ihn mit Blicken, während sie ihre Finger fest ineinander verflochten hielt. So fest, dass es beinahe wehtat. Sie wollte ihn in sich aufnehmen, ihrem Geist sein Bild malen, um es für immer zu bewahren. Alles an ihm – jede Zuckung in seinem Gesicht, jedes Lächeln, jede noch so kleine Regung – war es wert, neu entdeckt zu werden.
Diesmal genoss Martu die Mahlzeit, er schien nicht mehr gar so ausgehungert zu sein wie am Morgen. Den Becher Wasser, den sie ihm schweigend reichte, trank er allerdings in einem Zug leer. Am Ende wusch er sich die Hände im Eimer, und sie bemerkte, dass seine Arme unter dem neuen Hemd sorgfältig bandagiert waren. Die
Weitere Kostenlose Bücher