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Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Titel: Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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sich zusammen. O ja, er wusste, dass er gegen das Gesetz verstoßen hatte.
    »Kennst du die Artikel der Konvention, mein Junge?«, fragte Pelton. Er verabscheute es, keine Antwort zu bekommen, aber bei einem verstockten Kind würde Freundlichkeit eher fruchten als harsche Worte.
    Der Junge senkte den Kopf und nickte.
    »Gibt es einen Grund, warum du dich dann nicht daran hältst?«
    Wieder ein Nicken.
    »Und welchen?«
    Endlich ein Stammeln: »Da war … eine Kespega.«
    »Soso, eine Kespega.« Pelton kannte die uralten Mythen der Pheytaner, der Ausdruck war ihm ein Begriff. Kespega waren gesichtslose Schattenwesen aus der Unterwelt, die nur an die Oberfläche kamen, um sich an den Seelen der Lebenden zu vergreifen. Einem solchen Wesen zu begegnen bedeutete in der Überlieferung den Tod. Pelton runzelte die Stirn. Es gab keine Kespega, so viel war sicher. Was immer der Kleine gesehen hatte, war aus Fleisch und Blut gewesen, eine Frau vermutlich. Nur, was hatte ihm solche Angst eingejagt?
    »Und wo hast du die Kespega gesehen?«, fragte er den Jungen.
    Der wies die Straße hinunter. »Da unten.«
    Pelton schwieg nachdenklich. Gerade eben hatte er mit dem Prinzipal gesprochen und sich die Begebenheit im Spiegelsaal noch einmal aus erster Quelle berichten lassen. Eine Pheytana, die mit Gewalt hatte maskiert werden müssen und die sich gleich darauf die Maske vom Gesicht gerissen hatte. Dann der Alte aus dem Pjandar. Beide saßen sie nun in den Zellen unter der Kaserne. Schon für heute Mittag war ihre Überstellung geplant. Womöglich handelte es sich wirklich bloß um Zufälle, so wie Laquor es ihm einreden wollte. Und doch sagte ihm sein Gefühl, dass mehr dahintersteckte.
    Lange Zeit war es ruhig um die Pheytaner gewesen. Die Konvention wurde weitgehend eingehalten. Aus allen Teilen des Landes strömten die Maskierungswilligen nach Laigdan, und wer nicht von sich aus kam, der wurde von den Truppen der Garde aufgespürt und hergebracht. Im Spiegelsaal konnte man sich des Ansturms kaum erwehren, und vor den Toren der Stadt warteten die Massen auf ihre Eintrittskarte in die Freiheit. Zum Glück war die Lage gut unter Kontrolle, vereinzelte Widersetzlichkeiten wurden streng geahndet und blieben eher die Ausnahme. Weit beunruhigender waren die Vorfälle in den Lagern. Seit gut einem Jahr wurden systematisch Gefangene befreit, und alle Spuren führten nach Pheytan. Darum musste er sich baldigst kümmern. Wenn sich der König nur ein wenig kooperativer zeigen würde …
    Pelton zwang sich, zu dem vor ihm liegenden Problem zurückzukehren. Kespega. Gesichtslos – ohne Gesicht?, überlegte er. Zufall Nummer drei? Äußerst fragwürdig, in jedem Fall aber alarmierend. Etwas war im Gange, ohne Zweifel.
    »Wo genau?«, fragte Pelton. »Kannst du mir die Stelle zeigen?«
    Der Junge nickte hastig.
    Pelton gab den beiden Gardisten, die sein Pferd hielten, einen Wink. Es konnte nicht schaden, der Sache auf den Grund zu gehen.

    Ferin konnte sich nicht erinnern, den Spiegel zerschlagen zu haben. Von ihrem Handgelenk tropfte das Blut, patschte leise und gleichmäßig auf den steinernen Fußboden. Ein roter Tropfen zum nächsten. Sie starrte in die Scherben, starrte in ihr Gesicht, auf die Maske, die über dem Riss ihrer Nase aufgeplatzt war wie eine faulende Frucht und sich in hauchdünnen Schichten von ihrer Haut schälte.
    »Was …?« Najid stürmte in die Werkstatt, stoppte vor Ferin. Er bemerkte die Scherben, das Blut auf dem Boden, ihre Hand. Mehr nicht. »… ist denn passiert?«, vollendete er die Frage.
    Sie blieb still.
    »Ferin?«
    Ganz langsam, Stück für Stück, drehte sie den Kopf, bis er sie ansehen konnte.
    Er keuchte auf. »Nein …«
    Ferin hob die Hand. Tastete. Bekam einen Hautzipfel zu fassen. Er war spröde, wie altes Pergament. Sie zupfte ihn herunter, fühlte Bröckchen zwischen den Fingern, körnigen Sand, einen Augenblick später Staub. Der schon von ihrem Atem in die Luft getragen wurde.
    »Nein«, flüsterte Najid. »Was hast du getan?«
    Getan? Nichts. Sie hatte nichts getan. Sie wollte sprechen, wollte erklären. Ihr Mund ging auf, ging wieder zu, aber kein Ton kam über ihre Lippen.
    Estella erschien in der Tür. Mochte ihre Bestürzung angesichts der Maske auch noch größer sein, so bewahrte sie doch die Fassung. »Ins Haus mit dir, schnell!«
    Ferin stakste mit hinein und blieb in der Wohnstube stehen. Es war ordentlich aufgeräumt. Die Kessel und Pfannen hingen blank geputzt an der Wand,

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