Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
kamen, um die drei großen Magier, die Anführer der Pheytaner, im Kampf um ihr Land und um die Freiheit zu unterstützen. Man möchte meinen, diese geballte Kraft wäre stark genug gewesen, doch die Pheytaner wurden geschlagen. Ihre Leiber bedeckten den Boden der Wüste, und noch heute streicht der Atem des Todes über die unfruchtbare Landschaft.«
Ferin erschauerte in der lauen Nachtluft. Der Atem des Todes … Hatte er in ihr den Wunsch zu sterben heraufbeschworen? Was sie jetzt fühlte, war etwas ganz anderes: Hass. Schmerzhaft zog er durch ihren Brustkorb, gefolgt von der Begierde, etwas zu tun, um ihn zu beseitigen.
Tamir fuhr fort, seine Worte füllten den Raum unter den Wipfeln der Bäume und die schwarzen Löcher in Ferins Denken. »Bisher habe ich euch die unzweifelhafte Wahrheit geschildert, ganz wie sie von den Nachkommen unseres Volkes überliefert wurde. Aber nun muss ich auf eine Reihe von Vermutungen zurückgreifen. Fakt ist, dass ein Waffenstillstand vereinbart wurde und dass König Arbhidus einen Vertrag aufsetzen ließ: die Konvention von Kanshor, die bis zum heutigen Tage ihre Gültigkeit hat. Wer auf Seiten der Pheytaner den Vertrag unterzeichnete, weiß niemand mehr – das Originalmanuskript wird unter Verschluss gehalten. Die einen sprechen davon, dass einer der drei Magier die Schlacht überlebt und sein Volk verraten habe, andere behaupteten, ein junger pheytanischer Krieger sei als Sprecher für sein Volk gekommen und habe diese einzig mögliche Entscheidung getroffen.
Egal, wer es war, er handelte zu diesem Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen. Die Merdhuger hätten noch den letzten Rest an Überlebenden grausam abgeschlachtet und die Pheytaner ein für alle Mal vernichtet. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert. Der heutige König der Merdhuger interessiert sich nicht für Kriege und noch weniger für die Pheytaner.«
Tamir seufzte und blickte wieder für einen Moment ins Feuer. »Ebenso unklar ist«, sagte er dann, »wie die Merdhuger zu den Masken kamen. Die unterschiedlichsten Legenden ranken sich um dieses Geheimnis. Eine erzählt von einem großen Magier der Merdhuger, der die Masken aus einer winzigen Hautschuppe seines schönen Gesichts erschuf. Einer anderen zufolge würden die Seelen der gefallenen Merdhuger aus der Unterwelt emporsteigen und als Masken wiedergeboren werden. Eine dritte besagt, die Himmelsmächte selbst seien übereingekommen, all ihren Kindern das gleiche Gesicht zu geben, um weitere Kriege zu verhindern. Wie dem auch sei, beinahe alle überlebenden Pheytaner wurden nach der Vertragsunterzeichnung maskiert. Die Maske hüllte ihr Gesicht und ihren Geist in Dunkelheit und ließ sie vergessen. Nur einige wenige konnten sich in den Dschungel retten und unsere Geschichte an ihre Nachkommen weitergeben. Ihnen ist es zu verdanken, dass ich hier vor euch sitzen und davon berichten kann.«
Ferin hatte jedes Wort begierig in sich aufgesogen, und immer noch spürte sie das Verlangen nach mehr. Sie hatte gehofft, dass viele ihrer Fragen nun beantwortet wären. Doch sie warfen nur neue Fragen auf. Gut, dass Tamir noch nicht zum Ende gekommen war.
»Die Maske ist ein Instrument der Macht«, erklärte er. »Sie tilgt nicht nur die Erinnerung an die Vergangenheit, sie bezwingt auch unsere Kräfte. Ohne die Waffen erheben zu müssen, gelingt es den Merdhugern, unser Volk unter Kontrolle zu halten und zu unterdrücken. Maskierte erliegen dem Irrglauben, durch die Maske befreit worden zu sein, und ihre Kinder wachsen mit dem Traum nach einem Leben mit der Maske auf. Keiner der Pheytaner lässt sich maskieren, weil er sein Volk verraten möchte, so wie du es dir vorstellst, Jasta. Keiner von ihnen ist ein Verräter, ein Aphoshtá. Sie sind arme Seelen, die sich nach Freiheit und einem glücklichen Leben sehnen, weil sie es einfach nicht besser wissen. Nur wenige sind so stark wie Jasta und wehren sich gegen die Maskierung. Und der Großteil von ihnen landet in den Lagern. Sie müssen unter der Peitsche arbeiten, bis der Tod sie von ihren Leiden erlöst. Für die Merdhuger sind es Aufständische, die aus der Gesellschaft entfernt werden müssen, und ihr Leben ist keinen Dabore wert.«
Tamir sprach jetzt Ferin direkt an: »Nun, vielleicht kannst du verstehen, warum wir zurückgekehrt sind in den Dschungel von Pheytan, wo unsere Wurzeln liegen. Nicht nur, weil wir hier vor den Merdhugern weitgehend sicher sind, sondern weil unsere Vorfahren hier geboren wurden und
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