Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)

Titel: Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
Vom Netzwerk:
Vereinend.
    »Ke shom baley.«
    Hat er es geflüstert?
    Hat sie es gelesen?
    Die Schrift verblasst, Ornamente erblühen, und seine Finger zeichnen sie in ihr Gesicht. Heiße Strahlen brennen sich in ihre Haut. In ihr Herz.
    Sie gehört ihm. Mit Leib und Seele.

    Der Ruf eines Vogels durchschnitt mit lautem Krächzen ihren Traum, er zerstob wie Nebelschleier … und sie war wach. Hellwach. Ferin öffnete die Augen und schoss in die Höhe. Die Erinnerung an den Vortag legte sich mit einem Strahlen über ihr Gesicht und fuhr prickelnd heiß durch ihre Glieder. Das Buch! Keinen Augenblick wollte sie mehr verstreichen lassen. In fieberhafter Ungeduld kroch sie mit ihrem Schatz ins Freie, wo sie sich vor der Hütte niederließ. Der Sonnenaufgang verbarg sich noch hinter dem verschlafenen Grau des neuen Tages, doch es war bereits hell genug, um zu lesen.
    Behutsam strich sie mit den Fingerkuppen über den Einband. Schlichtes Leder spannte sich über die Buchdeckel aus festem Pergament, ein geknüpftes Bändchen hielt die Seiten zusammen. Sie löste die Verschnürung und klappte das Buch auf. Sobenio musste es selbst geschrieben haben. Es war seine gestochene Handschrift, die ihr nun Wissen vermittelte, seine Art, Worte festzuhalten, sein Eigentum, das er mit ihr teilte. Ehrfürchtig schlug sie die erste Seite auf und begann nach einem tiefen Atemzug zu lesen.
    Sachlich und präzise schilderte der Magier den allgemeinen Umgang mit Heilpflanzen, etwa die Art und Weise, sie zum richtigen Zeitpunkt zu ernten und zu reinigen. Oder ihre verschiedenen Einsatzmöglichkeiten: Man konnte sie frisch nutzen oder kochen, sie überbrühen und als Tee trinken, sie verkohlen und ihre Dämpfe einatmen. Man konnte sie trocknen, in Öl oder Alkohol ansetzen, in Salben binden, um ihre Wirksamkeit für viele Jahre zu bewahren.
    Nach diesem ersten Abschnitt folgten Beschreibungen der einzelnen Pflanzen. Die Einteilung war übersichtlich und immer gleich: Name, Vorkommen, verwendbarer Teil der Pflanze, Anwendungsgebiete, Art der Anwendung. Du meine Güte! Sie hatte nicht gewusst, dass es so viele verschiedene Krankheiten gab. Es grenzte offenbar an ein Wunder, wenn man gesund war. Neben jedem Namen fand sich eine Zeichnung der Pflanze von feinster Strichführung. Sobenio musste Ewigkeiten für dieses Werk gebraucht haben.
    Seine Ausdrucksweise blieb stets klar und verständlich, so dass es Ferin leichtfiel, sich das Gelesene zu merken. Immer wieder schlug sie das Buch zu, rezitierte halblaut Namen für Namen, Satz für Satz, und machte dabei kaum Fehler. Nun, es würde sich zeigen, wie viel sie am Abend noch davon wusste.
    »Pass auf, dass du nicht alles um dich herum vergisst«, riss eine bekannte Stimme sie aus ihrer Konzentration.
    Ferin blickte hoch. »Rhys!«
    Die Erleichterung, ihn wohlbehalten wiederzusehen, wurde vom Schock verdrängt, als sie die tödliche Erschöpfung bemerkte, die sein Gesicht, nein, seinen ganzen Körper gefangen hielt. Seine Haut war aschfahl, Schweiß glänzte auf Stirn und Wangen, und er schwankte, so als könnte er sich nur mit Mühe auf den Beinen halten.
    »Du warst so vertieft, dass du mich gar nicht kommen gehört hast.« Selbst seine Stimme klang schwach. Er bewegte kaum die Lippen, die Worte quollen zäh aus seinem Mund. Ferin schluckte, es schmerzte sie, ihn so zu sehen.
    »Ich muss mich kurz hinsetzen«, murmelte er. »Darf ich?« Ohne eine Antwort abzuwarten, sackte er neben ihr zu Boden und lehnte sich ächzend an die Hüttenwand.
    »Du siehst müde aus«, sagte sie sanft.
    »Ich bin müde.«
    »Du solltest dich schlafen legen.«
    »Mhm.«
    »Bist du wirklich die ganze Strecke gelaufen? «, fragte sie. »Bis Assyr und wieder zurück? Die ganze Nacht?«
    »Fast die ganze Nacht, ja.«
    »Das muss sehr anstrengend sein.« Rhys’ Aussehen erinnerte Ferin an Tamir nach dessen Gespräch mit dem Tiger. Magische Fähigkeiten schön und gut – es konnte trotzdem nicht gesund sein, sich derart zu verausgaben.
    »Für eine gewisse Zeit geht es leicht«, erzählte Rhys stockend. »Aber das letzte Stück zurück«, er holte mit einem zitternden Atemzug Luft, »zehrt immer sehr an meinen Kräften.«
    »Und du warst tatsächlich im Lager?«
    »Ja.« In seiner sparsamen Antwort lag nicht allein Müdigkeit, sondern eine unterschwellige Qual. Sein Blick war so leer, dass sie glaubte, etwas habe seinen Geist verwirrt. Er schwieg, und sie fragte nicht weiter, da sie den Eindruck hatte, sogar das Sprechen sei zu mühsam

Weitere Kostenlose Bücher