Maskenball
Streifenwagen hatte tun müssen, war er stets froh gewesen, wenn der Tag endlich vorbei und ohne größeren Einsatz abgelaufen war. Für ihn war nichts schlimmer als völlig hemmungslose Karnevalisten, für die die Polizeibeamten während der närrischen Tage Freiwild waren. Mehr als einmal war ihm während einer dieser ungeliebten Schichten seine Dienstmütze gestohlen worden. Nichts hatte ihn mehr angewidert als die Leutseligkeit angetrunkener Frauen, die unbedingt einmal in ihrem Leben einen Polizisten küssen wollen. Ecki war in dieser Beziehung ganz anders. Er genoss das Bad in der schunkelnden Menge und ließ sich nur zu gern von den fröhlichen und unbeschwerten Karnevalsjecken mitreißen.
Frank war auf dem Weg in sein Büro kaum einem Kollegen begegnet. Alle waren unterwegs, um den fast fünf Kilometer langen Zug und die mehr als 250.000 Besucher sicher durch die Straßen der Stadt zu bringen. Frank überlegte kurz, aber ihm fiel das Motto des diesjähriges Zugs nicht ein. Er meinte, irgendetwas mit Sternen und Galaxien. Aber sicher war er sich nicht. Egal, dachte er, Hauptsache Aschermittwoch war nicht mehr weit.
Auf der Theodor-Heuss-Straße war so gut wie kein Verkehr. Denn der Hauptzubringer zur Innenstadt war ab Kreiswehrersatzamt wie immer gesperrt und nur für Einsatzfahrzeuge frei. Einige wenige Jecken waren noch unterwegs zum Zug. Sie zogen eilig Bollerwagen hinter sich her, in denen entweder geschminkte und warm eingepackte, verkleidete Kinder saßen oder sich Bierkästen stapelten. Der Himmel war bedeckt und trocken, aber es war kalt. Die meisten Karnevalisten hatten über ihre Kostüme dicke Jacken gezogen.
Als hinter ihm die Tür aufging, drehte Frank sich um. Bean war gekommen.
»Ich bin durch mit der Recherche.« Kurt Paulert wedelte mit einem Schnellhefter.
»Prima, setz dich.« Frank bot Bean einen Stuhl an und blätterte durch Paulerts Bericht. »Ich dachte, das ist der Abschlussbericht über die Listenauswertung?«
»Gemach, gemach, der kommt auch noch. Keine Sorge. Aber dazu brauchen Viola und ich wirklich noch Zeit.«
»Das höre ich nun schon seit Tagen. Mensch, Bean, wir brauchen endlich Ergebnisse und einen Fahndungserfolg.«
»Den kann ich dir auch nicht schnitzen. Das musst du schon selbst erledigen. Du und Ecki, ihr werdet das schon schaffen. Ich habe hoffentlich ein Stück dazu beitragen können.« Kurt Paulert zeigte zufrieden auf den Bericht. »Köhler ist sauber. Er hat zumindest kein Motiv für die Morde. Da steht alles drin. Köhlers Frau hat ein Verhältnis, das haben wir überprüft. Zum Zeitpunkt des Mordes an Verhoeven ist Köhler in eine kleine Pension in Renesse eingezogen. Auch das haben wir zusammen mit den niederländischen Kollegen überprüft. Für den Mord an Breuer werden wir ihn auch nicht verantwortlich machen können. Es gibt die Zeugenaussage eines chinesischen Kochs.«
»Ein chinesischer Koch?«
»Du hast richtig gehört. Ein chinesischer Koch. Köhler hat bei einem Chinesen in Renesse zu Abend essen wollen. Dazu ist es aber nur zur Hälfte gekommen, denn Köhler hat sich massiv über das Essen beschwert. Die Ente soll angeblich nicht mehr frisch gewesen sein. Oder so ähnlich. Auf jeden Fall hat sich der chinesische Koch deutlich an seinen unzufriedenen Gast aus Deutschland erinnern können. Köhler hat sich nämlich nicht mit einer Entschuldigung zufriedengegeben, sondern das Lokal verlassen.«
»Und wenn Köhler das nur inszeniert hat, um ein Alibi zu haben?«
»Du meinst, um den Verdacht von sich abzulenken?« Kurt Paulert überlegte kurz. »Das würde bedeuten, Köhler hat einen oder mehrere Komplizen gehabt.«
Frank nickte.
»Dafür gibt es aber keine Indizien. Wir haben jedenfalls nichts gefunden. Warum sollte Köhler mit einem Mitwisser zusammenarbeiten? Das macht einen Mann in seiner Position nur erpressbar. Nein, daran glaube ich nicht.« Bean räusperte sich hörbar. Es klang wie ein abgebrochenes Husten. Seit er nicht mehr rauchte, musste er sich oft räuspern. »Nein, nein, Köhler ist zu Unrecht unter Verdacht, wenn du mich fragst. Wir haben mehrere Wissenschaftler befragt, uns im Ministerium erkundigt, bei der EU nachgehakt. Dr. Helmut Köhler ist über jeden Zweifel erhaben. Seine Forschungen, die er zusammen mit der EU und CombinoMed durchführt, sind sehr erfolgversprechend und sollen die Geriatrie in Europa entscheidend voranbringen.« Er räusperte sich erneut. »Auch wenn wir das nicht so ganz verstanden haben: Köhler
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