Maskenball
steht kurz vor seinem wissenschaftlichen Durchbruch. Er gehört zur Forschungselite in Europa. Ein Mann mit internationaler Zukunft, wenn man den Experten glauben darf. Ein Mann mit überdurchschnittlich gutem Leumund.«
Frank schlug den Schnellhefter zu. »Du meinst also, Köhler ist eine medizinische Koryphäe, jemand, der beruflich höchst erfolgreich arbeitet, dafür privat aber tragisch gescheitert ist?«
»Du sagst es. Wir meinen das. Viola und ich.«
»Dann haben wir die ganze Zeit den Falschen gehetzt.«
»Soll vorkommen in unserem Job.« Kurt Paulert sah Frank abschätzend an. »Was wirst du nun tun, Frank Borsch?«
Frank antwortete nicht. Er musste erst einmal die Ergebnisse von Kaumanns und Paulerts Recherche verdauen. Alles in seinem Inneren sträubte sich dagegen, den Bericht seiner Kollegen als Tatsache zu akzeptieren. Sollte er sich mit Ecki so sehr getäuscht haben? Konnten Kaumanns und Paulert nicht doch etwas übersehen haben? Schließlich hatte Viola Kaumanns noch nie in einer Mordkommission gearbeitet. Vielleicht war sie überfordert mit ihren Aufgaben. Frank hatte bisher gedacht, dass die beiden nur die Listen mit den Todesfällen der vergangenen Jahre zusammen durchgegangen waren. Nun musste er erfahren, dass Viola Kaumanns schon länger in den Ermittlungen steckte. Andererseits, dachte Frank, hatte Kurt Paulert sicher ein waches Auge auf sie gehabt. Und Paulert war dafür bekannt, dass er sich in einen Fall regelrecht verbeißen konnte.
Frank würde sich wohl der Gewissheit beugen müssen, dass Köhler nicht ihr Täter war.
»Was wirst du tun?« Kurt Paulert hatte seine Frage wiederholt.
»Wenn ich das nur wüsste, Bean, dann wäre mir wohler. Angenommen, ihr habt recht, Köhler ist wirklich das verkannte Genie mit kaputter Beziehung, dann bleibt uns derzeit nur noch der Sohn von Hans-Georg Verhoeven, Herbert Verhoeven. Der lebt in England und ist spurlos verschwunden. Und in einer Wohnung in England sind Fotos aufgetaucht, die unter anderem bei dem Mord in Brüggen gemacht wurden.«
»In Verhoevens Wohnung?«
»Wir warten auf die Bestätigung der Kollegen aus Whitby. Das ist ein Ort an der englischen Ostküste.«
»Nie gehört.«
»Ist auch kein Verlust, denke ich.«
»Wie auch immer, Verhoeven ist flüchtig?«
»Zumindest ist er nicht auffindbar. Weder für die englischen Behörden, noch für uns. Verhoeven hat noch eine Schwester. Die lebt in Boisheim. Und sie weiß mehr über ihren Bruder, als sie zugeben will.«
Kurt Paulert war nicht im Mindesten darüber erstaunt, dass Frank einen neuen Verdächtigen aus dem Hut gezaubert hatte. Er war nur etwas sauer. »Soso, ihr verdächtigt neben Köhler also noch einen zweiten möglichen Täter. Warum habt ihr mir das nicht gesagt? Seit wann wisst ihr, dass Köhler nicht unbedingt eure Nummer Eins ist? Dann hätten wir uns einiges ersparen können.«
»Schon gut, Paulert. Ich, das heißt, wir haben uns erst gerade darauf verständigt, dass wir Verhoeven Junior zur Fahndung ausschreiben lassen. Bisher sind auch wir davon ausgegangen, dass Köhler als Täter in Frage kommt. Immerhin haben wir aus seinem Umfeld und auch aus dem Umfeld der Klinik eine Menge gehört, das uns stutzig gemacht hat. Danach kam Köhler als Täter mehr als deutlich in Frage.«
»Fast wäre er auch dem Neid seiner Kollegen zum Opfer gefallen.«
»Wie meinst du das?«
»Köhler hat in der Klinik jede Menge Neider. Einige seiner Kollegen würden alles dafür tun, damit Köhler mit seinen Forschungen scheitert. Das haben wir in unserer Recherche mehr als einmal erfahren. Selbst der Chef der Klinik ist neidisch auf Köhlers Erfolge.«
»Ich habe bisher immer gedacht, dass Mediziner nur ihrem Beruf verpflichtet sind und ihre Arbeit aus Nächstenliebe tun.«
Bean musste lachen. Es klang bitter. »In welcher Welt lebst du, Borsch? Die Götter in Weiß, eh? Unter den weißen Kitteln steckt jede Menge Schmutz, das kannst du mir glauben.«
Frank zog lediglich die Augenbrauen hoch. »Was weiß denn ich, wie Ärzte ticken? Aber, egal, wir haben jetzt ganz andere Sorgen.«
»Verhoeven?«
»Wir müssen ihn schnellstens finden. Bevor noch ein Mord passiert. Ich werde bei Böllmann eine TÜ beantragen.«
»Wessen Telefon willst du abhören lassen? Das von seiner Schwester?«
»Wessen sonst?« Frank klang schroffer, als er wollte.
»Wenn er sich denn bei ihr meldet.«
»Verhoeven muss ein cleverer Bursche sein. Sensibel, aber clever. Seine Schwester hat einiges über
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