Maskenball
Bericht schicken.« Ecki sah wieder auf seinen Bildschirm.
»Sorry, hätte ich fast vergessen. Er hat mich heute Morgen angerufen. Breuer ist an dem Schnitt durch seine Kehle gestorben. Er ist quasi ausgeblutet, wie ein Schwein. Die Tatwaffe muss ein höllisch scharfes Skalpell gewesen sein. Aufgeschnitten wurde sein Brustkorb aber mit einem handelsüblichen Fuchsschwanz. Eine angerostete Schreinersäge. Breuer muss hochgradig alkoholkrank gewesen sein. Seine Halsschlagader war zudem schon fast verstopft. Früher oder später wäre er an einem Gehirnschlag gestorben. Zu viel Zigaretten, zu viel Alkohol, schlechte Ernährung, sagt Leenders.«
»Womit ist Breuer umgebracht worden?« Ecki wollte nicht glauben, was er gehört hatte.
»Eine Säge, ein Fuchsschwanz. Das Ding stammt aus der Wohnung von Breuer. Die Kollegen haben die Säge in der Abstellkammer gefunden. Sie kann schon vorher dort gelegen haben. Darauf deuten Spuren hin. Breuer hatte dort Werkzeug liegen. Es sei aber auch möglich, dass der Täter die Säge mitgebracht hat. Denn die gefundenen Hinweise sind nicht eindeutig. Und seine Tochter kann nicht sagen, ob Breuer einen Fuchsschwanz in seiner Wohnung aufbewahrt hat.«
»Ist schon merkwürdig, zwei Morde an zwei Rentnern in so kurzer Zeit im Kreis Viersen. Findest du nicht?« Ecki sah Frank nachdenklich an.
»Mal langsam, Ecki. Du willst doch nicht wirklich einen Zusammenhang zwischen den beiden Morden herstellen, oder? Bloß weil in der Bild-Zeitung die Schlagzeile ›Schon der zweite tote Rentner im Kreis Viersen – Geht ein Serientäter um?‹ stand. Überlass die Spekulationen der Presse. Die machen schon Ärger genug.« Frank stand auf und ging zum Fenster. Draußen war erstaunlich wenig Verkehr. Er sah auf seine Armbanduhr. Bis zur Rushhour konnte es nicht mehr lange dauern. Frank setzte sich wieder.
»Zähl doch einmal die Fakten der beiden Taten zusammen: Verhoeven wurde in Mönchengladbach erschossen, Breuer in seiner Wohnung aufgeschlitzt. Breuer lebte in Brüggen, Verhoeven in Breyell. Bei der Durchsuchung von Verhoevens Wohnung wurde als einzige Ungereimtheit dieses Blatt Papier mit den Gedichtzeilen ›die Blätter fallen‹ gefunden. Bislang, jedenfalls, ist bei Breuer nichts annähernd Ähnliches aufgetaucht. Also, mein Lieber, ich sehe da nicht den geringsten Zusammenhang. Außer, dass beide Opfer schon im hohen Rentenalter waren.«
»Und wenn es jemand ausdrücklich auf Rentner abgesehen hat? Denk doch mal an den Typ in Hagen, der sich ausnahmslos Alte und Schwache ausgesucht hat.«
»Wovon sprichst du?«
»Warte.« Ecki kramte in einem Stapel Papiere. »Hier, im Ausschnittdienst. Die Meldung von ddp.« Er schob Frank den kurzen Artikel zu.
Brutaler Serienräuber in H agen gefasst
HAGEN (ddp) In Hagen ist ein 23-Jähriger mutmaßlicher Serienräuber gefasst worden. Wie die Polizei gestern mitteilte, soll sich der Mann darauf spezialisiert haben, ältere Menschen zu überfallen und auszurauben. Dabei wurden zwei Opfer so schwer verletzt, dass sie nun auf dauerhafte Pflege angewiesen sind. Bislang konnten dem Mann landesweit 21 Straftaten nachgewiesen werden. Dabei war er unter anderem im Stadtgebiet Hagens, aber auch in Köln, Bochum, Wuppertal und dem Ennepe-Ruhr-Kreis aktiv.
»Und?« Frank schob den Artikel beiseite. »Du meinst, bei uns ist ein ähnlich krankes Hirn unterwegs? Unsere Opfer sind doch gar nicht ausgeraubt worden, soweit wir festgestellt haben.«
»Ausschließen können wir das nicht.«
»Aber wir haben auch keine Anhaltspunkte. Nein, Ecki, das sind zwei Morde, die nichts miteinander zu tun haben. Ich kann auch beim besten Willen nicht die geringste Übereinstimmung erkennen, weder in der Tatausführung, noch in den Lebensumständen der beiden Rentner.«
»Angenommen, das ist ein Psychopath, der Spaß an brutalen Taten hat. Einen Menschen im Wald erschießen, einen Menschen aufschlitzen und ausbluten lassen. Ein Mensch, der seine Mordfantasien auslebt. Der ruhelos durch die Gegend fahrt, bis er sein nächstes Opfer findet. Der seine Opfer beobachtet, sie langsam in seinen Bann zieht, sie erschreckt, vielleicht Bilder von ihrer Angst und ihrem Entsetzen macht. Ein Mensch mit einer gespaltenen Persönlichkeit. Das klassische Dr.-Jekyll-und-Mr.-Hyde-Prinzip. Im wahren Leben ein gebildeter Mensch, ein studierter Akademiker, ein Feingeist, der Gedichte liebt, der aber nachts angetrieben von seiner krankhaften Gier seinem anderen Ich folgt und seinen Zwang
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