Maskenball
Uhr sehen würde. Und immer ahnungslos. Er nahm die kleine Kuchengabel und trommelte mit ihr auf die Tischplatte, und diesmal ganz bewusst. Einmal lang, dreimal kurz, einmal lang. Ihn amüsierte der dumpfe Ton, den die Gabel auf der Tischdecke machte: Einmal lang, dreimal kurz, einmal lang. Das klang lebendig und erstickend schallschluckend zugleich. Einmal lang, dreimal kurz, einmal lang. So hatte er es einmal gelernt.
XIII.
»Mann, kann mir mal einer sagen, warum wir immer wieder so einen Scheiß auf den Schreibtisch bekommen?« Frank nahm den Packen mit neuen Verordnungen und Dienstanweisungen für die Kollegen vom Verkehrsdienst und warf ihn mit Schwung in den Papierkorb. »Die müllen uns den Schreibtisch mit diesem Mist voll, anstatt sich mal für zwei Minuten über ihren Verteiler Gedanken zu machen. Wann kapiert die Verwaltung endlich, dass wir nix damit zu tun haben?«
Ecki ließ sich von Franks plötzlichem Gefühlsausbruch nicht irritieren und schrieb weiter an seinem Bericht. Für einen Moment war nur das Klappern der Tastatur zu hören. »Reg dich wieder ab. Ich wette, da steckt Laumen dahinter. Der kippt uns mit Papier zu, als Retourkutsche für den CD-Player.«
»Pah, Laumen. Der Kanarienvogel.« Frank musste plötzlich grinsen. »Ich habe die Idee. Pass auf, Ecki, wir werden das Gerücht streuen, dass wir uns einen DVD-Player haben einbauen lassen und im Dienstwagen Filme gucken. Police Academy. Mal sehn, was passiert.«
»Das ist doch Kinderkram.« Ecki überlegte einen Augenblick. »Aber eine nette Idee. Ich bin schon auf sein Gesicht gespannt.« Ecki fand Verwaltung nicht grundsätzlich schlecht, dafür las er zu gerne Dienstanweisungen und diskutierte auch zu gerne auf Besprechungen die neuesten Umläufe der Verwaltung, aber selbst ihm ging das pedantische Gehabe von Horst Laumen total gegen den Strich.
Die Tür ging auf, und Viola Kaumanns stand im Büro. Sie räusperte sich verlegen und sah dann Ecki mit strahlenden Augen an. »Ich komme gerade von der KTU. Ich hatte dort zu tun. Die Kollegen haben mich gebeten, diesen Bericht an euch weiterzugeben.«
Bevor Ecki etwas sagen konnte, nahm Frank der Kollegin die Unterlagen aus der Hand. »Vielen Dank für die Mühe.« Ohne Viola Kaumanns weiter zu beachten, setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch und schlug den schmalen Hefter auf. Aufmerksam begann er zu lesen. Erst als er fertig war, bemerkte er mit einem Seitenblick, dass Viola Kaumanns immer noch im Raum stand. »Ist noch was, Frau Kollegin?«
»Nee, nein, ich meine, ich wollte nur kurz den Hefter abgeben. Und ich wollte Ecki fragen, ob er mir ein bisschen von seinem Grünen Tee borgen kann. Mein Vorrat ist nämlich aufgebraucht.«
Ecki kramte schon in seiner Schublade. »Kein Problem.« Er hielt ihr die Blechdose mit dem Tee hin. »Nimm mit, ich brauche ihn im Moment nicht. Kannst die Dose ja nachher zurückbringen. Eilt aber nicht.«
Viola Kaumanns bedankte sich und nickte im Hinausgehen Frank freundlich zu.
Ecki sah seinen Freund an. »Was bist du denn so unfreundlich?«
»Ich und unfreundlich? Kann nicht sein.« Frank hatte sich schon wieder in den Bericht der KTU vertieft. »Hier steht, dass die Spurensicherung das Geschoss gefunden hat, mit dem Verhoeven erschossen wurde. Die KTU hat festgestellt, dass es zu der Hülse passt, die sie gefunden haben. Es war, wie sie schon vermutet haben, ein Dumdum-Geschoss. Die abgefeilte Spitze hat Verhoeven den halben Kopf weggerissen. Möchte mal wissen, wie der Täter an so eine Patrone gekommen ist.«
»Das ist doch heutzutage überhaupt kein Problem mehr.«
»Sag das nicht. Denn bei dem 9-mm-Projektil muss es sich um ein älteres Baujahr handeln. Die Kollegen schließen nicht aus, dass die Patrone in einer alten Armeepistole steckte. Eine deutsche P 08 aus dem letzten Weltkrieg. Womöglich stammt die Munition aber auch aus Bundeswehrbeständen und wurde zu einem Dumdum-Geschoss umgearbeitet.«
»Was die Kollegen nicht alles wissen. Sollen wir den Täter jetzt bei der Bundeswehr suchen oder in alten Wehrmachtskarteien blättern?« Ecki dachte betont angestrengt nach und legte dabei die Stirn in Falten. »Das könnte ein Fall für Bean werden. Der lässt sich ja nicht von verstaubten Archiven schrecken.«
»Nun bleib mal ernst, Ecki. Ich weiß ja selbst, dass uns das Projektil nicht wirklich weiterbringt. Ist auch nur so eine Idee.«
»Hat sich Leenders eigentlich schon gemeldet? Er wollte uns doch schnellstmöglich seinen
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