Maskenball
nicht so rau, und es ist ein schönes Land. Aber was, bitteschön, soll das alles mit dem Toten zu tun haben?« Ihre Gastgeberin sah auf die Uhr und schüttete dann den dampfenden Tee in die Tassen. Anschließend setzte sie sich neben den Hochstuhl an den Tisch und strich ihrem Sohn mit ihrer schlanken Hand liebevoll über das Haar. Der Junge quietschte vor Vergnügen und hielt ihr den Stoffhasen hin. Seine Mutter zog ein Papiertaschentuch aus der Hosentasche ihrer Jeans und putzte ihm die Nase. »Komm, Leon, halt bitte still. Mama will dir nur eben die Nase putzen.«
»Will Ihr Mann auch weiterkommen, beruflich, meine ich?« Ecki hatte mittlerweile sein Notizbuch gezückt.
»Natürlich will er das. Das ist doch klar. Außerdem können wir jeden Euro gut gebrauchen. Das Haus hier ist noch lange nicht abbezahlt.« Köhlers Frau machte eine raumgreifende Kopfbewegung.
»Fühlt sich Ihr Mann vielleicht überfordert?«
»Ich verstehe Sie nicht ganz.«
»Ich meine, der anstrengende Dienst, die Belastung durch das Haus.«
»Ja, eben, deshalb wollte mein Mann ein paar Tage weg. Hören sie, was hat das alles mit dem Mord zu tun? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass mein Mann irgendetwas mit der Sache zu tun hat?« Durch den lauten Ton seiner Mutter aufgeschreckt, verzog der Junge das Gesicht. Gleich würde er zu weinen anfangen.
»Ist nicht schlimm, Leon. Du musst nicht weinen. Ist nichts passiert.« Astrid Köhler zog ihren Sohn aus dem Hochstuhl zu sich und legte seinen Kopf an ihre Brust. »Sch, sch, ist gut, Leon, ist gut.«
»Wir wollen nur klären, wo Ihr Mann ist, Frau Köhler. Wir haben nur ein paar Fragen an ihn. Können Sie uns bitte sagen, wo wir ihn finden?«
»Ich weiß es nicht. Er hatte mir versprochen anzurufen, sobald er angekommen ist. Aber bisher hat er sich noch nicht gemeldet.« Sie drückte ihren Sohn fester an sich. »Sie machen mir Angst, Herr Kommissar. Was hat das Ganze mit meinem Mann zu tun?«
Frank überlegte, was er antworten sollte, und nahm einen Schluck Tee. Er tat ihm wirklich gut. »Es gibt überhaupt keinen Grund, in Panik zu verfallen. Es gibt keinen Anlass, den Mord an Hans-Georg Verhoeven mit Ihrem Mann in Verbindung zu bringen. Uns ist nur die Zeitgleichheit aufgefallen: Auf dem Gelände der Klinik geschieht ein Mord, und Ihr Mann erscheint nicht zum Dienst. Mehr nicht.«
»Sagten Sie ›Verhoeven‹?«
»Kannten Sie Hans-Georg Verhoeven?«
Astrid Köhler überlegte einen Moment und streichelte dabei ihrem Sohn über den Kopf. »Den Namen habe ich noch nie gehört.«
Ecki räusperte sich. »Hans-Georg Verhoeven hat hier in Breyell gelebt. Sind Sie ihm wirklich nie begegnet? Er war Lehrer an der Volksschule.«
»Nie gehört, den Namen. Aber wir kommen ja auch nicht hier aus dem Dorf. Wir sind erst vor knapp drei Jahren hierher gezogen. Ich war gerade mit Leon schwanger. Wir haben vorher in Düsseldorf gelebt.«
»Warum haben Sie sich eigentlich nicht in Mönchengladbach ein Haus gekauft? Der Weg zwischen der Klinik und hier ist doch ziemlich weit, oder?« Frank trank seine Tasse leer.
»Ach, wissen Sie, wir wollten immer schon auf dem Land wohnen. Und die Preise hier sind immer noch ein bisschen niedriger als in Mönchengladbach. Wir haben uns sofort in das Haus hier verliebt.«
»Sieht wirklich gemütlich aus. Der Umbau war bestimmt viel Arbeit?« Auch Ecki hatte seine Tasse geleert.
»Wir haben eine Menge selbst machen können. Aber den überwiegenden Teil der Arbeiten haben Handwerker aus dem Dorf gemacht. Mein Mann ist nicht so geschickt in solchen Dingen, müssen Sie wissen. Außerdem, wie gesagt, der viele Dienst in der Klinik.« Astrid Köhler sah sich in ihrer Küche um. »Wir sind lange noch nicht fertig. Vor allem der Garten sieht schlimm aus. Mit Leon war das bislang einfach nicht zu machen. Aber im Sommer ist er alt genug, dass ich stundenweise auch mal etwas ohne ihn machen kann.«
»Haben Sie viele Freunde?« Ecki blätterte in seinem Büchlein.
»Hier im Dorf? Nicht viele. Über die Krabbelgruppe habe ich ein paar Mütter kennengelernt. Wir treffen uns ab und an zum Kaffee. Im Sommer wollen wir endlich auch mal zusammen mit den Männern einen Grillabend machen. Aber sonst? Nein, eigentlich nicht. In der ersten Zeit sind unsere Bekannten aus Düsseldorf ein paar Mal zu Besuch gewesen. Aber das hat auch aufgehört. Helmut wollte keinen Kontakt mehr«
Bei dem Gedanken an ihren Mann legte sich ein Schatten über ihr Gesicht. Sie sah Frank mit
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