Maskenball
denn sonst wäre er nicht freiwillig mit in den Wald gegangen. Von einem Fremden hätte er sich nicht widerstandslos im Rollstuhl schieben lassen. Außerdem hat in der Klinik angeblich niemand etwas Ungewöhnliches bemerkt.«
»Ist schon komisch, schon der zweite Mordfall innerhalb kurzer Zeit, der mit Breyell zu tun hat, oder? Ausgerechnet in deiner alten Heimat. Sie lässt dich nicht los.« Lisa wollte ihn necken. »Ich weiß schon, warum ich nicht in das Kaff ziehen will. Da passiert einfach zu viel.«
»Ja ja, schon klar. Aber das ist doch Zufall. Die Fälle haben nun überhaupt nichts miteinander zu tun. Aber es stimmt schon, so oft wie in den vergangenen Monaten war ich schon lange nicht mehr in Breyell.«
»Du bist gerne in Breyell, stimmts?«
»Na ja, irgendwie schon. Ist alles so vertraut, die Straßen, die Geschäfte. Einerseits. Und trotzdem ist es ein fremder Ort für mich geworden. Ich finde so wenig, was zu meinen Erinnerungen passt. Vor allem die Leute sind mir fremd geworden. Klar, das eine oder andere bekannte Gesicht ist schon noch da, wenn ich nach dem Besuch auf dem Friedhof noch mal kurz durchs Dorf gehe. Aber die Begegnung ist dann wie ein Film, in den ich nicht gehöre.« Er seufzte. »Aber so ist das wohl im Leben. Nichts bleibt. Alles ist Bewegung.« Frank drehte sich um und zog die Klappe des Backofens auf. »Jetzt rede ich schon wie ein Prediger. Hm, riecht das gut. Die Pizza ist fertig.«
Nach dem Essen saßen Frank und Lisa noch eine Weile schweigend am Tisch. Lisa hatte ihn für die gelungene Pizza gelobt und mehr gegessen, als sie eigentlich gewollt hatte. Zufrieden hatte sie ihre Hände über ihren Bauch gefaltet und die Augen geschlossen.
Frank schob schließlich seinen leeren Teller ein Stück von sich weg. »Mir geht diese Klinik nicht aus dem Kopf. Irgendetwas stimmt da nicht. Und mir geht dieser Oberarzt nicht aus dem Kopf. Helmut Köhler verschwindet genau zum Zeitpunkt des Mordes. Und keiner weiß, wo er ist, nicht mal seine Frau hat eine Ahnung. Zumindest behauptet sie es.«
»Vielleicht weiß sie wirklich nichts. Kann doch sein, dass ihr Mann hin und wieder eine Auszeit braucht. Oder er hat eine Geliebte und ist mit ihr unterwegs. Soll schon mal vorkommen, heutzutage. Oder, Herr Bulle?«
Lisa beugte sich vor und ergriff Franks Hände. »Meinst du wirklich, dass dieser Arzt etwas mit dem Mord zu tun hat?«
Frank streichelte Lisas Hände und beugte sich vor, um ihr einen Kuss zu geben. »Wenn ich das nur wüsste. Immerhin wohnt auch Köhler in Breyell. Ob das Zufall ist? Oder gibt es da eine Verbindung, die wir noch nicht kennen? Kann ja durchaus sein, dass Köhler eine heimliche Freundin hat, und Verhoeven hat die beiden irgendwo zusammen gesehen.«
»Meinst du, Köhler bringt Verhoeven deswegen um und verschwindet dann? Das macht ihn doch als Täter höchst verdächtig. So dumm wird er wohl nicht sein. Sollte der Mörder wirklich aus dem Krankenhaus kommen, würde ich an seiner Stelle erst einmal unauffällig weiterarbeiten. Eine Flucht wäre doch ein glasklares Schuldeingeständnis. Nee, das glaube ich nicht. Köhler ist bestimmt mit einer anderen durchgebrannt. Als Frau spürt man so etwas. Sein Verschwinden ist bestimmt nur Zufall.« Lisa nahm seinen Kopf in die Hände und streichelte sanft über sein Haar. »Vielleicht musste Verhoeven sterben, weil er zuviel wusste. Zum Beispiel über ärztliche Kunstfehler, Abrechnungsbetrug, den Einsatz verbotener Medikamente, oder was weiß ich. Möglicherweise hat einer der Pfleger oder Krankenschwestern seine Finger im Spiel. Das liest man doch dauernd, dass in Altenheimen kranke Menschen umgebracht werden. Angeblich weil die Täter als barmherzige Todesengel ihren Opfern weiteres Leid ersparen wollen. Aber vielleicht ist alles auch ganz anders. Wir jedenfalls werden den Fall heute nicht mehr lösen.« Lisa zog ihre Hände zurück und seufzte. »Ich kann so nicht mehr sitzen. Außerdem bin ich müde. Ich möchte ins Bett.«
»Schön, dass du bleibst.«
»Nein, ich fahre in meine Wohnung. Ich möchte heute noch ein bisschen alleine sein. Wir sehen uns morgen nach der Schule bei Schaffrath.«
Frank verzog enttäuscht das Gesicht. »Schade, ich hatte mich schon so auf eine kuschelige Nacht mit dir gefreut.« Er wollte nicht versuchen sie zu überreden, denn das funktionierte mit Lisa überhaupt nicht. »Komm, ich bringe dich zu deinem Auto.«
»Apropos Auto. Gut, dass du das ansprichst. Hast du dich schon um einen Käufer
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