Maskenspiel
Montfort kümmert sich darum. Ich weiß es nicht, ich werde auch erst wieder am Mittwoch am Lehrstuhl sein. Ich habe ja keine feste Stelle«, fügte er hinzu.
»Sicher«, nickte Katinka. Plötzlich fragte sie sich, ob Montfort sich überhaupt schon um die unbrauchbaren Computerfunktionen gekümmert hatte. »Für Sie ist es auch wichtiger, sich auf die Tagung vorzubereiten. Frau Burgwart gab mir gestern das Tagungsprogramm mit. Ihr Thema ist wirklich interessant.«
»Ja, das ist es«, nickte Carsten Stielke. Das Chilirot in seinem Gesicht verblasste und machte einem heimtückischen Rosa Platz.
»Wie sind Sie auf Le Puys gekommen?«, plauderte Katinka weiter, als Tom in der Küche auftauchte und unschuldig fragte: »Haben sich die Herrschaften hier festgequatscht? Gibt es wohl einen Kaffee?«
»Bitte«, sagte Stielke und streckte ihm die Tasse entgegen. Er musste sich zusammennehmen, um nicht vor Angst zu schlottern. »Nehmen Sie Zucker?«
»Danke, nein«, sagte Tom artig. »Hm. Sehr fein.«
»Wollen wir uns nicht noch für einen Moment setzen?«, fragte Katinka.
Stielke ging voran ins Nebenzimmer. Sein erster Blick galt seinem Schreibtisch, doch alles sah aus wie zuvor. Als er die Tür schloss, erkannte Katinka, dass er das Plakat mit der Tagungsankündigung auch in seiner eigenen Wohnung aufgehängt hatte.
»Ist das Ihr erster Vortrag auf einer Tagung?«, fragte Tom und wies mit dem Kinn auf das Poster.
»Ja, schon«, sagte Stielke. Er saß auf der vorderen Sofakante.
»Übrigens: Wer ist denn der Freund, der Ihnen den Laptop geliehen hat?«
Katinka sah sofort, dass der Mann einknicken würde. Er besaß weder das Format noch die Nerven, ihr ins Gesicht zu sagen, dass sie das nichts anginge. Er holte tief Luft: »Timo Riemenschneider.«
»Wie der Riemenschneider?«, fragte Tom erstaunt.
Stielke nickte bestätigend. Seine Finger flatterten. Katinka runzelte die Stirn.
»Aus Bamberg?«
»Ja!«, hauchte Stielke verzweifelt.
»Geben Sie mir doch mal die Telefonnummer, damit ich das nachprüfen kann!«
»Timo … hat kein Telefon«, sagte Carsten Stielke und wurde puterrot. Auf Katinkas vernichtenden Blick hin fügte er hinzu: »Keinen Festnetzanschluss. Ich gebe Ihnen die Handy-Nummer.«
Er wühlte auf seinem Schreibtisch herum und förderte ein Adressbuch zu Tage. »Bitte«, sagte er, kritzelte etwas auf einen Notizzettel und reichte ihn Katinka. Sie warf einen Blick auf die Nummer, zückte ihr Handy und wählte. Stielke wurde weiß.
»Meldet sich niemand«, sagte Katinka, und drückte die Aus -Taste. »Schade, auch keine Mailbox. Na ja, ich werde Herrn Riemenschneider schon noch erreichen.«
Sie stand auf und sagte wie nebenbei: »Haben eigentlich auch Sie Frau Jahns-Herzberg im Verdacht, die Daten manipuliert zu haben?«
Carsten Stielke starrte sie so erstaunt an, dass ihm der Mund ein Stück aufklappte. »Wieso Frau Jahns-Herzberg?«, fragte er zittrig.
»Ach, nur so ein Gedanke«, sagte Katinka leichthin. »Aber egal. Wir sehen uns, danke für den Kaffee, Herr Stielke.«
Er folgte Tom und Katinka zur Tür und wünschte mit bebender Stimme einen schönen Tag.
Unten im Ort hielt Katinka an. Vor einer Wirtschaft saßen Leute mit knallroten Köpfen auf Bierbänken in der prallen Sonne. Sie stierten dumpf auf die beiden Radfahrer und umklammerten ihre Bierkrüge, als hätten sie Bedenken, dass andere Durstige sie ihnen entreißen könnten.
»Hast du was erreicht, Tom?«
Er nickte grinsend, und für einen Augenblick kam wieder das Gesicht des Frechdachses zum Vorschein, das Katinka so liebte und das leider zu häufig unter der Oberfläche von alltäglicher Hektik verborgen blieb.
»Sehr einfach. Sein PC ist nicht passwortgeschützt. Mitten auf dem Desktop liegt ein fetter Ordner mit der Bezeichnung Diss. Ich nehme an, Dissertation?«
»Ja, klar«, sagte Katinka atemlos. »Weiter!«
»Es sind eine Menge Dateien drin«, verkündete Tom, und sein Grinsen wurde beinahe unverschämt. »Unter anderem ein Vortrag.«
»Hast du die Dateien geöffnet?«
»Aber nein, das würde sein Rechner melden, und er wüsste, dass ich daran manipuliert habe. Falls er halbwegs Ahnung hat.«
»Das kann er sich sowieso an einem Finger einer Hand ausrechnen«, meinte Katinka achselzuckend.
»Aber nicht beweisen«, entgegnete Tom. »Hier!« Triumphierend zog er eine neongelbe Diskette aus seiner Hemdtasche.
»Nein!«, rief Katinka. Die Biertrinker glotzten zu ihnen hinüber. »Los. Wir müssen heim! Ich will wissen,
Weitere Kostenlose Bücher