Maskenspiel
spricht. Stielke ist es nicht. Aber ich habe die Stimme schon mal gehört!«
Tom sah zweifelnd drein, und Katinka war doppelt froh, ihm nichts von der bislang erfolglosen Einbrecherin in ihrer Wohnung in der Gabelsberger Straße erzählt zu haben. Sie sollte dort mal vorbeischauen, und außerdem brauchte sie frische Wäsche.
»Du, Tom Dooley?«, fragte sie rundheraus, während ihr Blick noch auf dem Bildschirm an Stielkes Dateien festklebte.
»Hm?«
»Wann ziehen wir zusammen?«
Tom starrte sie an und schwieg einen Augenblick lang überrascht. Dann sagte er:
»Sofort, wenn du willst. Ich fände es sowieso besser, als diese ewige Hin- und Herfahrerei.«
»Ach, das höre ich zum ersten Mal«, erwiderte Katinka streitlustig.
»Was heißt das denn! Du bist doch diejenige, die immer auf ihrer Eigenständigkeit beharrt.«
Katinka sah Tom verwundert an.
»Hör mal!«, rief sie. »Wenn’s nur wegen dem Hin- und Herfahren ist …«
Er lachte und nahm sie in die Arme.
»Come on, Babe«, sagte er fröhlich, »die Ermittlungen heute haben mir richtig Spaß gemacht. Wenn du expandierst, werde ich vielleicht freier Mitarbeiter.«
Katinka lachte. »Lenk nicht ab. Was ist jetzt mit Umziehen?«
»Wann kommst du denn aus deinem Mietvertrag raus?«
»Och«, sagte Katinka, die nicht die leiseste Ahnung hatte, »muss ich mal gucken.«
Sie warf ihr Notizbuch in den Rucksack zurück und sagte:
»Ich hole mir jetzt ein paar Klamotten aus meiner Wohnung. Kochen wir heute Abend was?«
»Gern, wenn du zur Abwechslung mal nicht mitten in der Nacht hereinschneist!«
Sie schnitt ihm eine Grimasse und warf sich den Rucksack über die Schulter.
»Ich wollte noch im Klinikum vorbeischauen und Fria besuchen. Hoffentlich geht es ihr gut.«
»Das will ich auch hoffen«, sagte Tom und ließ seinen Blick nachdenklich auf Katinka ruhen. »Also, bis später! Checke dein Rad kurz durch, bevor du loszischst.«
Während Katinka über die Marienbrücke radelte, dachte sie an den Zettel, den ihr jemand hinter die Tür zu ihrer Detektei gesteckt hatte, und an die Drohung Geh nachts nicht heim . Wenn sie nur endlich dahinter käme, woher sie die Stimme kannte. Sie ließ ihr Fahrrad auf dem Gehsteig stehen und schlich so leise sie konnte in den zweiten Stock, um Beinert nicht hervorzulocken. Ihre Einbrecherfalle stand noch. Sollte jemand in der Wohnung gewesen sein, so hatte er das Schränkchen, das sie knapp dahinter aufgestellt hatte, keinen Millimeter verrutscht. Auch die Klebevorrichtung, die den Abdruck der Tür hätte dokumentieren können, war unverändert.
Rasch ging Katinka ins Schlafzimmer, packte sich frische Wäsche ein, setzte sich dann für einen Moment auf den Balkon und überlegte, ob sie wirklich umziehen wollte. Sie würde diesen Balkon vermissen. Allerdings weniger Beinert, das war klar. Sie seufzte. Ich liebe Tom doch, oder? Eilig wischte sie die Gedanken an ihr Liebesleben beiseite.
Britta hatte sich lange nicht gemeldet – der Redakteur der Hochschulseite schien sich eine ernstzunehmende Chance erarbeitet zu haben. Katinka hinterließ eine Nachricht auf ihrer Mailbox, dass Britta sie möglichst noch vor Montagmorgen zurückrufen sollte. Dann stand sie auf und betrachtete den Inhalt ihres Kühlschranks. Die beiden Zucchini sahen noch erträglich aus. Der restliche Inhalt des Gemüsefaches bildete einen unansehnlichen Komposthaufen. Unruhig durchwühlte sie den Vorratsschrank und entschied, eine Schachtel Pralinen würden Fria gut tun. Sie wickelte eine lila Bastschleife darum und warf sie in ihren Rucksack. Vorsichtshalber ließ sie das Schränkchen am Eingang stehen und zog leise ihre Wohnungstür zu.
Japsend trat sie in die Pedale, und strampelte den Kaulberg und weiter die Würzburger Straße hinauf. Dass Bamberg auf sieben Hügeln errichtet war, mochte nur für ein Gerücht halten, wer die Stadt nie per Fahrrad durchquerte. Stets und ständig ging es auf und ab. Stephansberg, Kaulberg, Altenburgberg, Domberg, Jakobsberg, Michaelsberg, Abtsberg, sagte Katinka auf. Nicht zu vergessen die vielen kleinen Zwischenhügelchen, die dem Radfahrer das Leben schwer machen. Sie hielt auf das ausgedehnte Klinikgelände zu. Wie immer erinnerte es sie eher an ein Flughafengebäude als an ein Krankenhaus.
Sie schloss ihr Fahrrad ab und erkundigte sich bei der Anmeldung, wo Fria Burgwart zu finden sei.
Fria war Privatpatientin und lag in einem Einzelzimmer. So wird es einfacher sein, ins Gespräch zu kommen, dachte Katinka
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