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Maskenspiel

Maskenspiel

Titel: Maskenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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erleichtert. Sie hasste Krankenhäuser. Der typische Geruch nach trübseligen Mahlzeiten aus totgekochtem Kohl, Desinfektionsmitteln und Gefangenschaft legte sich auf ihre Brust. Sie kramte die Pralinen aus ihrem Rucksack, zog die Bastschleife zurecht und klopfte an die Tür.
    Niemand antwortete.
    Katinka zögerte kurz, dann ging sie hinein.
    Fria Burgwart lag im Bett und blickte ausdruckslos durch die halb von Jalousien verdeckten Fenster nach draußen auf die grünen Wiesen.
    »Hallo Frau Burgwart«, sagte Katinka. Sie hatte erwartet, dass Fria zusammenzucken würde. Stattdessen antwortete sie nur desinteressiert:
    »Grüß Gott.«
    »Geht’s Ihnen einigermaßen gut?«, fragte Katinka und ging um das Bett herum, um Fria anzusehen. Ihr Haar verteilte sich strähnig über das Kopfkissen. Auf ihrem Gesicht leuchtete ein Ausschlag. Sie trug ein nichtssagendes Krankenhausnachthemd, und der linke Arm und die linke Schulter waren fest bandagiert.
    »Ich dachte, ich sehe mal nach Ihnen«, redete Katinka weiter. Sie kam sich schrecklich dämlich vor und wünschte sich weit weg. »Pralinen mögen Sie sicher, oder?«
    Fria sah immer noch nicht auf, aber das leichte Flackern in ihren Augen zeigte ihre Überraschung.
    »Sie hätten doch nichts mitbringen müssen«, sagte sie höflich.
    »Natürlich nicht, aber wollen«, entgegnete Katinka und legte das Päckchen auf den Krankenhausnachttisch. Sie hasste höfliches Getue. »Wie geht es Ihnen? Was ist mit den Stichwunden?«
    »Der Arzt sagt, es wird alles werden. Aber der eine Stich war hier am Hals, knapp neben der Halsschlagader«, sie deutete auf ihr Schlüsselbein, »und das wäre haarig geworden. Die Wunden sind genäht. Bloß bewegen kann ich mich noch nicht richtig. Erstens ist es schmerzhaft, und zweitens habe ich die Schmerztabletten nicht vertragen.« Sie wies mit dem Finger auf ihr Gesicht. »Das juckt wie verrückt.«
    »Wirklich ärgerlich, wenn man dann auch noch gegen ein anderes Leiden kämpfen muss«, sagte Katinka, bemüht, Frias Redefluss in Gang zu halten.
    »Ach, wissen Sie, ich kämpfe an so vielen Fronten.«
    »Haben Sie schon Besuch bekommen?«
    »Nein«, sagte Fria tonlos. »Meine Eltern wohnen nicht in Bamberg.«
    »Aber Ihr Bruder?«, fragte Katinka. Sie wollte herausfinden, was es mit diesem eigentümlichen Ethelbert Rastalocke auf sich hatte.
    Fria sah Katinka zum ersten Mal richtig an. Ihre Augen blickten traurig und ihr ganzes Gesicht wirkte von Seelenqualen gepeinigt.
    »Ethelbert ist nicht die Art Bruder, der seine Schwester im Krankenhaus besuchen würde.«
    »Was war denn eigentlich los gestern?«, wollte Katinka wissen.
    »Setzen Sie sich doch.« Fria machte eine leise Bewegung zu einem gelben Plastikstuhl. »Sie fragen mich das nur, weil Sie sich ein bisschen Licht im Dunkel Ihres Falles erhoffen. Nicht wahr?«
    »Ehrlich gesagt«, begann Katinka, »habe ich mittlerweile den Eindruck, dass …«
    Aber ehe sie ihre neuesten Ermittlungsergebnisse zu Gehör bringen konnte, sprach Fria schon weiter.
    »O.k., ich habe Helenas Post aus dem Fach genommen. Dieses eine Mal. Ich konnte nicht anders und nachher tat es mir Leid. Nicht für sie. Für mich. Ich habe etwas gemacht, was unter meiner Würde war. Das verstehen Sie vielleicht nicht. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so tief sinken würde.«
    »Sie sprechen von den Bewerbungsunterlagen?« Atemlos versuchte Katinka ihre Aufregung im Zaum zu halten.
    »Ja. Nur dieses eine Mal«, wiederholte Fria. »Ich habe auch die Daten manipuliert. Das erste Mal, im vergangenen Wintersemester, ist es bei einer Datensicherung aus Versehen passiert. Ich brauchte zwei Tage, um alles wiederherzustellen. Die anderen haben es gar nicht gemerkt, es betraf nur eine kleinere Datei. Aber das brachte mich auf die Idee.« Frias leerer Blick schweifte wieder aus dem Fenster. Sie sah unendlich müde aus, als habe sie alles satt bis obenhin, als sehne sie sich nach dem Ende aller Spielereien, aller Unehrlichkeiten. »Ich habe ganz bewusst zweimal eine weitere Manipulation vorgenommen. Dann habe ich selbst die Datensicherung so perfektioniert, dass es nicht mehr möglich war, einfach aktuelle Dateien durch alte zu überspielen, weil an mehreren Stellen Kopien existierten. Dadurch habe ich mich selber daran gehindert, mit diesem Nonsens weiterzumachen.«
    Frias dünne Spinnenfinger packten zu Katinkas Erstaunen die Pralinenschachtel. Sie zogen die Bastschleife auf, griffen nach einem Stück Konfekt und hielten dann

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