Maskerade der Liebe
verschwende keine Zeit mit Poesie, romantischen Empfindungen und ähnlichem Unsinn. Was die Liebe betrifft, so ist sie ein Luxus, den ich mir nicht leisten kann. Ich bin zu sehr damit beschäftigt, mich mit Heuchlern herumzuschlagen.“
„Dann muss Ihr Leben wahrhaft trübselig sein“, sagte Emily ernst. „Es ist ohne Liebe wertlos. Ich bedaure jeden, der sich darauf nicht einlässt.“
Jordan kniff die Augen zusammen, aber sie bereute ihre Worte nicht. Schon längst hätte er sie hören sollen. Wie konnte er so vermessen sein und sich über die Gefühle der anderen erheben? Kein Wunder, dass er in dem Ruf stand, beherrscht und kalt zu sein.
Alle richteten nun ihre Blicke auf die beiden. Doch Emily achtete nicht darauf, denn sie trieb die Neugier herauszufinden, was ihn so hatte werden lassen. Es musste sich um etwas Tragisches handeln. Oder vielleicht war er nur einer der wenigen, die kein Bedürfnis nach Liebe hatten. Sollte dies der Fall sein, tat er ihr noch mehr Leid.
Als die Stille andauerte und unangenehm wurde, sagte Pollock: „Lady Emma, möchten Sie nicht mit mir durch den Garten spazieren? Ich glaube, Sie haben Lady Astramonts Rosen noch nicht gesehen.“
Sie wandte ihren Blick von Jordan ab und lächelte Pollock zu. „Das stimmt. Es würde mich freuen, wenn Sie sie mir zeigten.“
Erfreut bot Pollock ihr den Arm, und sie ergriff ihn dankbar, da sie froh war, Jordans finsteren Blicken und seinen verbitterten Ansichten zu entkommen. Doch als sie im Begriff waren wegzugehen, rief Jordan: „Lady Emma?“
Sie blieb stehen und drehte sich um. „Ja?“
„Wenn Sie Ihren Rundgang beendet haben, möchte ich mit Ihnen sprechen.“
Er sagte es auf eine Weise, als hätte sie gar keine Wahl. Alle sahen sie an und schienen dasselbe zu meinen. Er war schließlich eine gute Partie. Wenn er mit ihr reden wollte, wurde von ihr erwartet, dieser Aufforderung sogleich nachzukommen.
Doch sie wusste, worum sich das Gespräch drehen würde. Die Wahrheit sollte sie ihm gestehen, und er würde gewiss versuchen, sie aus ihr herauszupressen, nachdem sie seinen Zorn erregt hatte, weil sie ihn zu kritisieren gewagt hatte.
„Leider ist das nicht möglich, Lord Blackmore. Ich habe Mutter versprochen, dass wir gehen werden, sobald sie Lady Astramonts Haus gesehen hat. Sie wird wohl bald so weit sein. Vermutlich wird sie uns im Garten suchen.“
Zorn verdunkelte sein Gesicht. Von einer Frau zurückgewiesen zu werden war ihm offenbar bisher noch nie passiert. Sein Pech! Solange er nicht wusste, dass sie Emily Fairchild war, würde er es nicht wagen, sie bloßzustellen.
„Vielleicht ein anderes Mal“, sagte er scharf.
„Ja, ein anderes Mal.“ Selbstsicherer als zuvor ging sie mit Pollock davon.
8. KAPITEL
Wen nennen wir einen Gentleman?
Den Knaben, den Narren, den Grobian -Wenn nur an ihm viel Gold ist dran und er einen feinen Rock hat an.
Eliza Cook, englische Dichterin,
Vom Wesen des Gentleman
Kurze Zeit später schritt Jordan eilig aus Lady Astramonts Haus, nachdem er sich überstürzt von seiner Gastgeberin verabschiedet hatte. Wie konnte Lady Emma es wagen, ihn vor den Augen der anderen zurückzuweisen!
Er sprang in seine Kutsche und befahl Watkins, zu seinem Club zu fahren, während er ihre Worte noch zu hören vermeinte. Dann muss Ihr Leben wahrhaft trübselig sein. Sie hatte ihn tatsächlich bemitleidet. Ihn! Den Earl of Blackmore!
Nur weil er nicht ständig verliebt war, bedeutete das noch lange nicht, dass sein Leben hohl und sinnlos war. Wahrhaftig nicht! Er war geachtet, wurde sogar beneidet, und zwar von allen, die ihn kannten.
Möglich, dass er meistens allein zu Bett ging. Und es gab auch manchmal Tage - vor allem, seit seine Stiefschwester ausgezogen war - , da er das Gefühl hatte, dass sein Haus wie das reich geschmückte Grab eines Pharao war.
Er hatte schon sehr früh begriffen, dass es nur Enttäuschung brachte, wenn man den zweifelhaften Liebesschwüren glaubte. Man musste leiden, wenn man sich gestattete, Zuneigung und Glück zu erhoffen.
Und dennoch drang weiterhin ihre Stimme zu ihm durch. Das Leben ist ohne Liebe wertlos.
Als wüsste eine so junge Frau wie sie etwas über das Leben! Er stieß einen Laut der Empörung aus, während er aus dem Fenster blickte. Nebel senkte sich herab, und im Licht der untergehenden Sonne wirkte die Umgebung jetzt geradezu trostlos.
Ein alter Erdbeerverkäufer zog einen halb vollen Karren mit seinen aufgesprungenen Händen hinter sich her. Weiter
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