Mathias Sandorf
nicht einmal der Mühe einer Vertheidigung zu unterziehen und wollten die von ihnen verlorene Partie in nobler Weise bezahlen
Nicht ohne Grund nahmen Graf Sandorf und seine Schicksalsgenossen an, daß die Thätigkeit der Polizei in ihrem Falle nur eine äußerst beschränkte sein konnte. In Budapest, Klausenburg und in den übrigen Städten, in denen die Bewegung auf das von Triest her zu gebende Zeichen hätte ausbrechen sollen, hatten die Agenten vergeblich nach den Spuren einer Verschwörung gesucht. Aus derselben Veranlassung war auch die Verhaftung der drei Führer in Triest mit so großer Heimlichkeit seitens der Regierung erfolgt. Ihre Einkerkerung in die Festung von Pisino bezweckte, daß über diesen Vorfall nicht eher etwas in die Oeffentlichkeit dringen konnte, bis eine Entscheidung gefallen war; die Behörde hoffte überdies, daß irgend ein zufälliger Umstand die Verfasser des chiffrirten Billets noch verrathen würde, welches zwar nach Triest adressirt worden war, dessen Aufgabeort aber man nicht kannte.
Diese Hoffnung erwies sich als trügerisch. Das erwartete Zeichen war nicht gegeben worden und sollte nicht gegeben werden. Der Bewegung war Einhalt gethan worden, wenigstens für den Augenblick. Die Regierung mußte sich also darauf beschränken, nur Graf Sandorf und seine Mitschuldigen wegen Hochverrathes gegen den Staat in Anklagezustand zu versetzen.
Ueber diese Nachforschungen waren immerhin einige Tage verstrichen, so daß erst am 20. Juni die Verhandlungen mit einem Verhöre der Angeklagten beginnen konnten. Sie wurden selbst hierbei nicht confrontirt und sahen sich erst vor ihren Richtern wieder.
Der Staat hatte einem Kriegsgerichte die Aburtheilung der Triester Führer der Verschwörung überantwortet. Man kennt das summarische Durchnehmen der Angelegenheiten, die einem solchen außergewöhnlichen Gerichtshofe übergeben werden, die Schnelligkeit, mit der die Verhandlungen und die Ausführung des Urtheilsspruches sich folgen.
In vorliegendem Falle geschah dies folgendermaßen:
Am 25. Juni versammelte sich das Kriegsgericht in einem der niedrigen Säle des Schlosses Pisino und am selben Tage erschienen die Angeklagten vor demselben.
Die Debatten konnten nicht lange währen und sehr bewegte werden, da kein Zwischenfall zu erwarten war.
Die Verhandlung nahm um neun Uhr Früh ihren Anfang. Graf Sandorf, Graf Zathmar und Professor Stephan Bathory einerseits und Sarcany andrerseits sahen sich jetzt zum ersten Male seit ihrer Einkerkerung wieder. Der Händedruck, den Mathias Sandorf und seine beiden Freunde auf der Anklagebank mit einander wechselten, galt ihnen als ein erneuertes Zeugniß und eine erneuerte Versicherung der Gefühle, welche sie beseelten. Ein Zeichen Ladislaus Zathmar’s und Stephan Bathory’s deutete dem Grafen an, daß sie beide ihm die Sorge überließen, ihre Vertheidigung vor den Richtern zu führen. Weder er noch die Uebrigen hatten die Wohlthat eines Vertheidigers für sich beansprucht. Was Graf Sandorf bis dahin gethan, war gut gethan worden. Was er den Richtern zu sagen haben würde, würde gewiß gut gesagt werden.
Die Verhandlung wurde öffentlich geführt, das heißt, die Saalthüren standen offen. Indessen wohnten ihr nur wenige Personen bei, denn der Vorfall war nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen. Es waren höchstens zwanzig Hörer zugegen, welche durchweg dem Schloßpersonale angehörten.
Zuerst wurde die Identität der Angeklagten festgestellt. Darauf fragte Graf Sandorf den Vorsitzenden des Gerichtshofes, wohin er und seine Genossen
Die Postkutsche fuhr im Galopp davon. (S. 75.)
behufs ihrer Aburtheilung gebracht worden wären, erhielt jedoch keine Antwort auf seine Frage.
Die Identität Sarcany’s wurde ebenfalls festgestellt, dieser sagte aber noch nichts, was seine Sache von derjenigen der Gefährten hätte trennen können. Alsdann wurde den Angeklagten die Abschrift des Billets vorgelegt, das der Polizei verrätherisch in die Hände gespielt worden war
Sie wurden einzeln eingekerkert. (S. 76.)
Als der Präsident sie fragte, ob sie eingeständen, das Original der ihnen vorgelegten Copie erhalten zu haben, antworteten sie, daß es Sache des Gerichtshofes wäre, den Beweis hiefür zu liefern.
Auf diese Antwort hin zeigte man ihnen das Gitter, welches im Zimmer Ladislaus Zathmar’s gefunden worden war.
Graf Sandorf und seine Freunde konnten nicht leugnen, daß dieses Gitter zu ihrem Besitze gehört hatte. Sie versuchten es
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