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Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster

Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster

Titel: Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann-Kathrin Kramer
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wir jetzt auch.
    Das ist heute doch noch ein besonders schöner Tag geworden! Denn seit heute habe ich eine beste Freundin. Eine, mit der ich alles zusammen machen kann. Morgen sind wir schon wieder verabredet. Da wollen wir uns in die Finger schneiden. Dann werden wir Blutsbrüder. Die Bine und ich.

    PS: Schicksal ist, wenn etwas eine ganz besondere Bedeutung hat, aber man weiß noch nicht genau, welche.
    PPS: Unsere Malbücher haben wir im Treibhaus vergraben. Gleich unter den Erdbeeren.

Das Leben ist schön!
    Heute ist ein so grausam langweiliger Tag, dass es die Sau graust. Sonntag eben. Der Innenhof ist leer wie ein Freibad an Weihnachten. Keiner zum Spielen da. Weit und breit keiner, noch nicht mal das Sahnegesicht von gegenüber. (Sahnegesicht heißt Sahnegesicht, weil die immer so guckt wie Dick und Doof, wenn sie ’ne Sahnetorte ins Gesicht geworfen kriegen. Dieses dämliche Grinsen meine ich.)
    Sahnegesicht will immer Gummitwist spielen oder noch lieber: blöde Puppen an- und ausziehen. Sie hat eine ganze Sammlung davon. Alle haben so Kleidchen mit Spitze an. Und lange Locken haben die auch alle. Also fast alle. Die eine natürlich nicht mehr. Die hat jetzt einen Meckie. Sieht wirklich viel besser aus. Ich kann nämlich sehr gut Haare schneiden. Früher wollte ich ja Friseuse werden. Klar, dass man da mal irgendwo üben muss. Ich habe gar nicht verstanden, warum Sahnegesicht so geheult hat. Schließlich hab ich ja nicht ihre Haare abgeschnitten.
    Seitdem hat sie kein Wort mehr mit mir gesprochen. Okay, ich habe auch kein Wort mehr mit ihr gesprochen! Wozu auch, ich wollte ja nicht mehr Friseuse werden. Aber heute, wo es so grausam langweilig ist, dass es die Sau graust, da wäre ich sogar bereit, mal ’ne Ausnahme zu machen. Und da passiert etwas Tolles.

    Im Haus gegenüber öffnet sich ein Fenster und wer schaut heraus? Das Sahnegesicht. Ob mir auch so langweilig ist, will sie wissen. Sie hätte ihre Eltern überredet, ins Schwimmbad zu gehen. Ob ich eventuell … vielleicht … also, äh … ob ich nicht mitgehen will?
    Spitzenidee!!
    Ich rase ins Haus, packe meine Sachen, schmiere Brote (Wasser macht hungrig) und suche meine Eltern. Die müssen mir Geld geben. Das kostet ja Eintritt.
    Die machen es natürlich wieder ganz kompliziert: Wer denn auf uns aufpasst? Und ob ich ihnen verspreche könne, dass ich wirklich nur ins »Nichtschwimmer« gehe? All diese Sachen, die man eh schon auswendig weiß. Aber als die Familie Sahnegesicht in der Tür steht, um mich abzuholen, da sind sie doch ganz beruhigt und wünschen mir einen schönen Nachmittag. Jetzt aber nix wie weg. Nicht, dass Mama jetzt petzt, dass ich noch nicht schwimmen kann. Das geht echt keinen was an!
    Im Babybecken mache ich dann erst mal Pipi. Dann spielen wir »Schönheitssalon«. Dann »Atomkraftwerk« und danach »Spiegelei im Sturm«.
    Dem Sahnegesicht wird schließlich langweilig. Sie steht auf und geht ins große Becken. Einfach so. Wieso kann die schon schwimmen und ich nicht? Das kann einfach nicht sein. Das Einzige, was die besser kann als ich, ist Puppen anziehen und Eltern überreden, ins Schwimmbad zu gehen. Mehr aber auch nicht!
    Das heißt: Logischerweise kann ich auch schon schwimmen!Und zwar besser als Sahnegesicht. Viel besser. Wahrscheinlich kann ich sogar schon Turmspringen. Synchron.

    Den Dreier, den nehme ich lieber noch nicht. Für den Anfang reicht mir das Einmeterbrett. Ist schon ganz schön hoch, so ein Meter. Hinter mir drängeln sich ein paar Jungs. Die sollen bloß aufpassen, sonst schubse ich die gleich auch mal …
    Auf der anderen Seite des Beckens entdecke ich Sahnegesicht ängstlich am Beckenrand. Ihr Papa ist im Wasser und will sie auffangen. Aber sie traut sich nicht hineinzuspringen. Sie klettert schließlich lieber über die Leiter ins Wasser und schwimmt zu ihm.
    Das ist doch ein Zeichen.
    Das ist mein Zeichen!
    Ich nehme all meinen Mut zusammen und gehe drei Schritte zurück, um Anlauf zu nehmen. Mein Ziel fest vor Augen:
    ICH KANN SCHWIMMEN!
    Der Absprung ist perfekt.
    Ich fliege!

    Gut, dass ich nicht Friseuse werde.
    Ich muss Pilot werden oder zumindest Zirkuskünstler oder Raumfahrer.
    Ich lande sanft im Wasser, tauche tief ein. Und tauche wieder auf. Ich schnappe nach Luft und … ja, ich kann schwimmen! Ich kann wirklich schwimmen. Einfach so. Weil ich mir glaube. Dass es Wunder gibt, das weiß ja jedes Baby (nur die Großen haben das oft schon vergessen), und das hier, das ist so ein Wunder.

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