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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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gekochten Bohnen mit Speck.
    »Ich heiße übrigens Johanna. Wo haben Sie Ihr Gepäck?«
    »Ich habe keines. Nur das.« Sie zeigte auf ihre Schultertasche.
    Johanna riss die Augen auf. »Sie reisen aber leicht.«
    »Es ist nur für eine Nacht.«
    »Dann sind Sie nicht zur Erholung hier«, Johanna bedachte sie mit einem bedauernden Blick.
    »Nein, leider nicht.«
    Der kleine Junge erschien wieder.
    »Moritz, komm, zeig Frau …« Sie schaute Nore Brand fragend an.
    »Brand, Nore Brand.«
    »Zeig Frau Brand, wo sie schläft.«
    Nore Brand schüttelte abwehrend den Kopf. »Ich sollte mich beeilen. Ich will ins Kurzentrum baden gehen. Ich fürchte, sie schließen schon bald. Es wird spät.« Sie schaute Moritz bedauernd an.
    »Macht nichts, das Zimmer ist oben«, sagte er großzügig. Er stand ruhig vor ihr, die beiden Fäuste in die Hosentaschen gestemmt. Sieben oder acht Jahre alt, schätzte sie. Der kleine Kerl, genauso rothaarig wie seine Mutter, musterte sie aufmerksam.
    Johanna warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Wenn Sie richtig baden wollen, dann müssen Sie aber los.« Johanna angelte sich einen Schlüssel von einem Nagel hinter der Haustüre. »Hier. Das ist der Hausschlüssel. Wenn ich alleine bin, lasse ich die Haustür nicht offen stehen.« Sie band ihre Schürze los und warf sie auf einen Stuhl. »Vielleicht bin ich noch lange im Stall heute Abend. Ich muss die Geißen herrichten für die Viehschau morgen und mein Mann ist im Militärdienst. Der Armee kann es ja egal sein, dass ich alles alleine machen muss. Aber Frauen traut man das zu, nicht wahr? Stall, Feld und Küche. Und dann noch Kinder.«
    Als Nore Brand wegfuhr, sah sie Moritz, der unter der Tür stehen geblieben war und ihr mit großen Augen nachschaute. Sein Staunen hatte ausschließlich mit ihrem Wagen zu tun. Zugegeben, der Wagen brauchte dringend einen neuen Auspuff.
    Und eine neue Karosserie. Eine neue Farbe vielleicht auch. Himbeerrot wäre eine Möglichkeit. Vielleicht nicht sehr schön, aber sehr verwegen. Und in ihrem Fall sozusagen eine Tarnfarbe.
    Die Frau an der Kasse des Kurzentrums schaute sie prüfend an. Ihre dicken Brillengläser waren verschmiert. Vor ihr stand eine Tasse Kaffee.
    »Doch. Vielleicht habe ich etwas für Sie. Ab und zu lässt jemand seine Sachen hier liegen.« Sie bückte sich unter den Tisch und tauchte gleich wieder auf mit einem dunklen, verschlissenen Badekleid, auf dem Brustteil prangte eine leuchtend rote Rose. »Die Größe könnte passen.« Sie zog das schwarze Ding in die Breite. »Elastisch genug ist es noch.«
    Diese Frau duldete keine Widerrede.
    Nore Brand betrachtete die Rose. »Kann man die nicht abschneiden?«
    Die Frau lachte gurgelnd. »Abschneiden?«, echote sie geräuschvoll. »Abschneiden wollen Sie das?« Sie schaute Nore Brand belustigt an. »Das einzig Schöne an diesem Ding?« Sie hielt den Badeanzug auf Augenhöhe und musterte ihn. »Im Wasserdampf sieht sie eh kein Mensch.«
    Sie riss einen Karton mit gebrauchten Badehauben hervor. »Große Auswahl. Hygienische Vorschriften eben«, knurrte sie.
    Sie lehnte sich vornüber, um die Zigarette auszudrücken. Dann schob sie ihr die Eintrittskarte, einen Schlüssel und das Badekleid zu. »Der Bademeister wird Ihnen nach dem Bad ein warmes Tuch zum Abtrocknen geben. Der Erholungsraum liegt gleich neben dem Wasserbecken.«
    In der Garderobe umfing sie warmfeuchte Luft, geschwängert vom beißenden Geruch von Desinfektionsmitteln. Nasse Frauen und Männer tappten tropfend durch die Gänge zwischen den Kabinen auf der Suche nach ihren Garderobenkästchen. Nore Brand trat in die erste freie Umkleidekabine. Als sie die Kabine verließ, sah sie sich in einem Spiegel. Wohin sie schaute, nichts als Spiegel, nichts als Nore Brand. Nein, das wäre nicht nötig gewesen. Nach vierzig waren jedes Jahr zwei Pfunde dazugekommen. Mittlerweile waren das acht überflüssige Pfunde, immerhin gut gegen Faltenbildung. In die dunklen Locken mischte sich die eine und andere graue Strähne. Diskret, aber nicht zu übersehen. Zugegeben, etwas ungewohnt war das schon. Doch verlieh ihr dieser dezente Hauch von Grau nicht eine gewisse Autorität? Das konnte ja auch mal nützlich sein.
    »Deine Augen habe ich nie vergessen«, hatte Jacques beim Abschied gesagt. Dazu hatte er gelächelt. So gelächelt, dass Nore für eine Weile keinen klaren Gedanken fassen konnte. Und das mit vierundvierzig. Hörte das denn nie auf? Wenn nur ihre Augen möglichst lange blieben, wie sie

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