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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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entschuldigend.
    Wofür entschuldigte er sich? Dass sein Bruder arbeitswütig gewesen war, dass er es selbst nicht war?
    »Und«, fuhr Jeremias Matthäus Simmer fort, »als er keinen Platz mehr hatte, bat er mich, eine Serie zu mir zu nehmen. Ich hatte Platz. Er hatte das Talent und ich gute Platzverhältnisse. Man kann nicht alles haben, oder? Aber wer hätte nicht lieber das große Talent und den Erfolg. Doch auch ich werde älter. Und gescheiter.« Er lachte und kratzte sich am Kinn. »Also versuche ich Menschen zu finden, die glücklich darüber wären, eines seiner Bilder zu erstehen. Gute Bilder brauchen gute Besitzer.«
    Der beste Besitzer ist derjenige, der am besten bezahlt. Deshalb bist du hier, wo alle die Reichen hinkommen, du Schlaumeier, dachte Nore Brand. Wer wollte sich in diesen Zeiten nicht mit einem echten Isidor Samuel Simmer schmücken?
    Er schaute zu Boden, als er weitersprach. »Es gibt aber auch einige, die meine Clowns mögen«, sagte er mit einem schüchternen Lächeln. »Sind Sie zur Kur hier?«, fragte er ohne Überleitung.
    Nore Brand war dankbar für den Themenwechsel. »Sehe ich etwa so aus?«
    »Nein, nein«, sagte er verlegen, »überhaupt nicht. Ich habe Sie bloß noch nie gesehen in diesem Haus.«
    »Ich bin nur zu Besuch hier.«
    Jeremias Matthäus Simmer hatte es auf sie abgesehen. Das musste seine Masche sein, so bändelte er mit zukünftigen Kunden an, das bedeutete für sie, dass sie hier nicht in aller Ruhe weiterkritzeln konnte.
    »Ihr Tagebuch?«
    »Ja, so etwas Ähnliches«, sagte sie und steckte ihr Notizbuch in die Jackentasche, erhob sich und streckte ihm die Hand entgegen. »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit Ihrer Ausstellung.«
    »Danke, danke«, sagte er zerstreut und ging langsam weiter. Sie knöpfte ihre Jacke zu und schaute ihm nach. Am Ende des Korridors blieb er ratlos stehen. Er tat ihr leid. Bei ihr hatte er sein Glück nicht gemacht. Sie verdiente nicht genug, um diese Preise zu bezahlen. Es waren horrende Summen. Wie war es möglich, dass dieser kleine, schüchtern wirkende Mann den Mut hatte, solche Preise festzulegen? Aber was wusste sie schon, was ein solches Bild wert war. »Wenn es teuer ist, ist es auch wertvoll«, hatte Maria Volta, die Kunsthändlerin gesagt, »nicht umgekehrt.«
    Nore Brand lehnte sich zurück und schaute Nino Zoppa an. Die Kaffeetasse war längst leer. Er hatte seine schwarzen Stöpsel im Ohr und wiegte sich wie üblich in einem seltsam verworrenen Takt. Er fing ihren Blick auf und zog die Stöpsel heraus.
    »Ist was?«
    »Da sind doch diese Gemälde im Hotel.«
    »Gemälde? Lauter grauenhafte Schmierereien sind das!«
    »Im Moment sind viele Menschen bereit, ihr Bankkonto zu plündern, um an so eine Kostbarkeit zu kommen.«
    »Kostbarkeit?«, wiederholte Nino Zoppa. Seine Stimme überschlug sich dabei.
    »Ich habe soeben den Künstler kennengelernt.«
    »Den Künstler? Künstler sagst du? Verhaften sollte man einen, der so malt. Und was ist mit ihm?«
    Nore Brand erzählte von der merkwürdigen Begegnung.
    »Hat der etwas mit unserem Fall zu tun?«, wollte Nino wissen, als sie fertig war.
    »Ich weiß nicht, aber ich habe das Gefühl, dass hier ein paar Geschichten durcheinandergeraten sind. Die Puzzlesteine, die wir bisher haben, gehören nicht alle zum gleichen Spiel.«
    »Und wie viele Spiele haben wir bis jetzt?«
    »Keine Ahnung. Für die Antwort auf diese Frage würde ich mittlerweile sehr viel bezahlen.«
     
     

DIE GESCHICHTE VON DEN
DREI TOTEN
    Kurze Zeit später lief Nore Brand in Richtung See.
    Es hatte aufgehört zu regnen, in den Straßenrinnen flossen schmutzige Bäche. Der Wind hatte ein Fenster in die Wolken gerissen, das so unnatürlich grellblau leuchtete, dass sie den Blick davon abwenden musste. Die Helligkeit schmerzte wie ein Blitz in den Augen.
    Als sie beim Holzhäuschen eintraf, saß Elsi Klopfenstein im Türrahmen. Auch ihre Arbeit hatte mit viel Warten und viel Geduld zu tun. In einer Hand hielt sie ein Sandwich, in der anderen einen Kaffeebecher.
    Sie winkte Nore Brand zu. »Kommen Sie vorwärts mit Ihrer Arbeit?«
    »Wenigstens tut die frische Luft gut«, entgegnete Nore Brand.
    »Zu viel müsste auch nicht sein, oder?«
    Nore Brand blieb stehen.
    »Und? Haben Sie etwas herausgefunden?«
    »Nein.«
    »Ich glaube, ich kann die Saison abschließen. Heute war niemand da. Die interessieren sich nicht mehr für Frau Ehrsam. Kein Wunder bei dieser Nässe.«
    Elsi Klopfenstein deutete auf die

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