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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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Fossilienausstellung so spannend sein soll, weiß ich auch nicht. Ich glaube, sie war manchmal doch etwas durcheinander«, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu. »So, und jetzt muss ich wieder«, erklärte Elsi Klopfenstein und erhob sich mühsam von ihrem Plastikstuhl. »Nur eines will ich Ihnen noch sagen. Wir haben bis jetzt zwei Tote. Es wird noch einen dritten geben.«
    »Wie kommen Sie auf diesen Gedanken?«
    »Eine Ahnung. Mehr nicht. Das wäre nicht einmal etwas Neues in diesem Tal. Drei Tote eben. Das kennen wir.« Elsi Klopfenstein wandte sich abrupt ab. »Denken Sie ja nicht, dass ich abergläubisch bin.«
    Für heute war offenbar Schluss. Heute war nichts mehr zu holen. Schade. Denn es schien, als ob das Gespräch eben eine vielversprechende Wende genommen hätte. Nore Brand blieb nichts anderes übrig, als zu gehen.
    Vielleicht wusste Bucher etwas von den drei Toten, aber so wie sie ihn einschätzte, würde er sich in Schweigen hüllen.
    Sie hoffte auf Neuigkeiten von Nino Zoppa. Dieser Anwalt aus Basel, wie hieß er schon? Merian, ja, Merian, der würde irgendwie weiterhelfen.
    Nore Brand blieb vor der Ausleihtheke stehen und grüßte.
    Die Bibliothekarin hob ihren Kopf. »Sind Sie Frau Brand?«
    Nore Brand nickte.
    Die junge Frau schob den Stuhl zurück und erhob sich. »Nino wollte ins Internet. Das ging nicht. Er erzählte mir etwas von einem Breitbandmodem. Fragen Sie mich nicht, was das ist«, lachte sie. »Zum Surfen sei das notwendig. Und er wisse, wo er so etwas bekommt. In Bern natürlich. Sie können sich nicht vorstellen, wie froh ich bin. Elektronisch sind wir hinter dem Mond und Informatiker sind Mangelware bei uns. Bevor einer bei uns oben angekommen ist, haben uns die Kilometer schon ein Vermögen gekostet. Mit dem Geld bestelle ich lieber eine Kiste voll mit neuen Büchern.«
    Nore Brand musterte die muntere junge Frau. Warum sah diese Bibliothekarin nicht so aus, wie eine Bibliothekarin auszusehen hatte? Sonnenklar, dass Nino Zoppa ihr beweisen musste, was für ein toller Kerl er war.
    Plötzlich platzte eine Kinderschar in den Raum. Ungestüm und aufgeregt, die nassen Regenjacken flogen in alle Ecken.
    »Ruhe!«, rief eine Frau, die sich im Korridor mit ihrem Regenschirm abmühte.
    »Ja, Ruhe!«, brüllten die Kinder einander zu und stoben in alle Ecken.
    »Keine Angst«, sagte die Bibliothekarin. Ihre Augen funkelten lustig. »Die sind schon bald ruhig. Heute Nachmittag ist Vorlesestunde.«
    Die Bibliothekarin wurde von drei kleinen Mädchen in die Kinderecke mitgerissen und Nore Brand verließ die Bibliothek unverrichteter Dinge.
     
     

NORE BRAND WEHRT SICH GEGEN DEN FILZ
    Es war Abend geworden. Die Wirtin saß mit einer Zeitung an der Bar, das Glas mit Weißwein in Reichweite. Sie hatte Nore Brand mit einem Anflug von Euphorie begrüßt. Das hatte nichts mit ihr zu tun, das war die Wirkung des Alkohols. Die Schminke in ihrem Gesicht war verwischt. Die Zigarette wieder ausgegangen. Oder war es noch dieselbe? Gegenüber der Bar hing oben an der Wand der Fernseher. Er lief ohne Ton. Reklamen wurden gesendet. Alles hektisch und bunt. Ein neues Auto fuhr durch die Wüste. Bei der letzten Einstellung rekelte sich Dolly Partons Enkelin auf dem Kühler und lächelte verführerisch. Dann ein Kampf zwischen einem Stier, einem Auto und einem Torero.
    Draußen hatte sich der Herbststurm zurückgemeldet; er zerrte und rüttelte an den Fensterläden. Nach dem Essen hatte sie sich mit einer Tageszeitung in einen alten Ledersessel gesetzt. Sie schaute auf die Wanduhr. Nino Zoppa musste jeden Augenblick zurück sein. Der letzte Zug ins Tal hinauf würde gleich im Bahnhof einfahren. Bei jedem Geräusch hob sie den Kopf.
    Nore Brand hatte die Zeitung längst ausgelesen, inklusive Todesanzeigen und Stellenausschreibungen, als sie das Warten aufgab. Nino kam nicht mehr. Vielleicht würde er den ersten Morgenzug nehmen. Sie war zu erschöpft, um zu entscheiden, ob ihr Ärger mit der Besorgnis oder Empörung über die Unzuverlässigkeit ihres Assistenten zu tun hatte. Sie hätte ihm ihren Wagen geliehen, dabei wusste sie nicht einmal, ob er fahren konnte.
    Sie zog sich in ihr Zimmer zurück. Mit Erleichterung stellte sie fest, dass das künstliche Licht die Hässlichkeit des Raumes milderte. Als sie im Bett lag und das Licht ausgemacht hatte, horchte sie hinaus.
    Der nächtliche Sturmwind hatte etwas nachgelassen, nun warfen böenartige Winde den Regen gegen die Scheiben. Das fahle Licht der

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