Matterhorn
Deckung zu nehmen. Alle legten sich hin. Sie warteten ungefähr fünf Minuten. Mallory kam wie wild um die Biegung des Pfades gerannt. Cassidy streckte das Maschinengewehr vor, brachte ihn zum Stolpern, und Mallory stürzte mit einem Angstschrei zu Boden.
Cassidy stand vor ihm, und als Mallory zu ihm aufblickte, bekam er das schwere Maschinengewehr voll ins Gesicht geworfen. Ein Zahn splitterte ab. Mellas zuckte zusammen.
»Hoch mit dir, du Feigling«, sagte Cassidy ruhig.
Mallory, dessen Lippen und Zahnfleisch bluteten, winselte wie ein Hund. Er hob das Maschinengewehr auf und eilte in einem seltsam schlurfenden halben Trab dem Rest der Kompanie hinterher.
»Worauf wartet ihr noch?«, knurrte Cassidy die anderen Marines an, »auf ein Skoshi-Taxi?« Voller Angst vor dem Zurückgelassenwerden beeilten sich alle, die Kompanie einzuholen.
Bei Einbruch der Nacht befanden sie sich auf halber Hanghöhe über einem tiefen Tal, wo nicht genug Platz war für eine kreisförmige Lagerbegrenzung. Die Kompanie grub sich in einem Halbkreis ein, der über einem vorspringenden Ausläufer lag. Falls sie hier angegriffen wurden, würden sie wahrscheinlich überrannt werden.
Sie hoben Löcher aus, die gerade so tief waren, dass man flach darin liegen konnte. Die Schussfelder, die sie freilegten, reichten nur wenige Meter über ihre Schützenlöcher hinaus. Mellas schleppte sich von Loch zu Loch, drängte, scherzte, wies auf die Gefahr hin, versuchte alle zu motivieren, noch ein wenig mehr Unterholz abzuhacken, noch ein wenig tiefer zu graben.
Als er später zurückkehrte, um zu kontrollieren, wie es voranging, fand er die meisten Brothers um Jacksons Plattenspieler versammelt. Mole war da, ebenso Broyer und Cortell. Mallorys Maschinengewehr war so in Stellung gebracht worden, dass es einen möglichen Annäherungsweg über eine schmale Rinne abdeckte, aber Mallory war nicht zu sehen, ebenso wenig Parker.
»Hey, Lieutenant, kommen Sie rüber und essen Sie was mit«, rief Cortell, »hier gibt’s ein bisschen Memphis Soul Stew.«
Mellas lachte und ging zu der Gruppe hinüber, froh darüber, dass man ihn zum Zuhören eingeladen hatte. Dass sie angesichts des ganzen Elends so gute Laune hatten, erfüllte ihn mit Stolz. Sie hörten King Curtis mit »Memphis Soul Stew«; die Platte war wellig, und der Tonarm hob und senkte sich mit jeder Umdrehung.
Mellas war zu müde, um den Zug aufzufordern, tiefer zu graben. Er setzte sich zu ihnen und der Musik.
»Mann, nie wieder werd ich über eine Dose Bohnen mit Speck die Nase rümpfen«, sagte Mole, der den Körper leicht im Takt der Musik wiegte. Mellas fühlte sich unbehaglich und wusste nicht, was er sagen sollte.
»Ja«, sagte Cortell sanft, »und auf das Ganze dann eine Prise« – er hielt um des Effektes willen inne und hob die Schultern – »Speck und Eier aus der Dose. Oooh, Mann.«
Mellas lachte. »Und eine volle Portion Tabasco-Sauce, um den Geschmack kaputt zu machen«, sagte er.
Ein Gemurmel von »Genau, Mann« und »Worauf Sie einen lassen können« antwortete ihm, leise Stimmen, die gegen das Elend anredeten.
»Ich weiß, Jesus hat gesagt, der Mensch lebt nicht vom Brot allein, Lieutenant«, fuhr Cortell fort, »aber ich hätt nie damit gerechnet, dass ich das mal beweisen muss, Mann.«
»Hey, wie viele Platten haben Sie eigentlich, Jackson?«, fragte Mellas.
»Hängt ganz vom Stärke- und Ausrüstungsnachweis ab, Sir«, sagte Jackson. »Wir haben den Zweiten Trupp mit Cortell, die tragen den Grundbestand, ein bisschen Otis, ein bisschen James Brown.« Jackson hielt inne und lieferte eine ziemlich gute Imitation des »Iiihhh«, das James Brown manchmal ans Ende einer Textzeile setzte.
»Ho, Brother.« Mellas lachte und berührte mit seiner Faust die von Jackson.
»Und Wilson Pickett hat er auch«, fuhr Jackson fort, »und meine Wenigkeit trägt Marvin Gaye. Parker und Brown, die haben den Rest von Motown. Und Mallory, der trägt, äh …« Jackson bemerkte, dass Mellas auf das unbeaufsichtigte Maschinengewehr blickte. »Äh, der schleppt die Instrumentaltitel, zum Beispiel King Curtis und Junior Walker.«
»Memphis Soul Stew« verklang, und die Nadel strich an dem Papierlabel entlang und machte ein kratzendes Geräusch. Broyer hob rasch den Tonarm an und brachte den Plattenteller zum Stehen.
»Wie geht’s Mallory?«, fragte Mellas.
»Was glauben Sie denn, Lieutenant?«, fragte Jackson. »Er hat mit einem MG die Fresse eingeschlagen gekriegt, und der Kopf tut ihm
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