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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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schwarzen Mann und seinem Finger.«
    »Und was tust du, Black Boy? Die sind davongekommen. Du lässt diese Scheiße einfach zu? Und machst gar nichts?«
    »Was soll ich denn machen?«
    »Du kannst damit anfangen, dass du dagegen protestierst, wie dieses scheißrassistische Marine Corps hier geführt wird. Wir haben Brothers, die keinen Urlaub kriegen. Wir haben scheißrassistische Weißbacken, die unseren Brother Parker vor allen anderen kastrieren, und derselbe Scheißweiße knallt einem anderen von unseren Brothers ein Maschinengewehr in die Fresse, und du, du steigst in die Führung auf. Scheiße, du bist Teil des Problems, Mann.«
    »Für mich sieht’s so aus, wie wenn Chucks genauso marschieren und umgebracht werden wie Splibs«, sagte Jackson, der sich bemühte, cool zu bleiben. »Chucks kriegen genauso wenig zu fressen wie die Brothers. Wir sind so ungefähr einer von zwölf, genau wie zu Hause.«
    »Und wie viele Offiziere in diesem Regiment sind Brothers?«
    »Einer.«
    »Und das hältst du nicht für rassistisch?«, fragte China.
    »Wie sollen die Brothers Offiziere werden, wenn sie keine Gruppenführer werden?«
    »Wie sollen die Brothers frei werden, wenn sie nicht zusammenhalten?«
    Jackson starrte China an, der unverwandt zurückstarrte.
    Mellas und Hamilton waren zu müde, um sich einen Unterschlupf zu bauen, deshalb lagen sie die Nacht über nebeneinander in einem flachen Loch. Es regnete. Das war ihnen egal. Nach und nach füllte der Regen das flache Loch mit Wasser. Mellas träumte, er läge in einer Badewanne und das heiße Wasser wäre abgelaufen. Er wollte nicht aus der Wanne steigen, weil es draußen noch kälter war. Weit weg hörte er Hamiltons panische Stimme. »Verdammt noch mal, Lieutenant, Sie müssen aufstehen und sich bewegen. Bitte, Sir, stehen Sie auf und bewegen Sie sich.«
    Hamilton zog Mellas auf die Füße. In der Benommenheit der Unterkühlung begann sich Mellas langsam zu bewegen. Die Welt um ihn herum, der dunkle Dschungel, sein Gewehr, der Regen, Hamilton, all das erschien ihm zusammenhanglos, ein Wirbel. Hamilton hüpfte mit ihm herum, packte ihn, drehte ihn hier und dahin wie in einem schaurigen Totentanz.
    Mellas’ Körper reagierte. Er begann Wärme zu produzieren. Sein Verstand begann klar zu werden. Während er davonstolperte, um die Stellungen zu inspizieren, wurde ihm klar, dass Hamilton ihm wahrscheinlich das Leben gerettet hatte.
    Cassidy lag im Dunkeln und lauschte Lieutenant Hawkes tiefen, gleichmäßigen Atemzügen. Er dachte daran, dass Lieutenant Mellas’ Warnung wahrscheinlich mehrere Jungs vor Unterkühlung bewahrt hatte. Er lächelte. Er hätte womöglich Marine-Corps-Geschichte geschrieben, als der einzige Kompanie-Gunny, der Männer durch Erfrieren in einem Dschungel verloren hatte.
    Er schaute auf seine Uhr. 0438 . Zu Hause wäre er jetzt schon dabei, leise ein Frühstück zuzubereiten, bemüht, Martha und das Baby nicht zu wecken, bevor er zur Tür hinausschlüpfte. Er würde den Motor anlassen, einen Moment abwarten, um ihn warm werden zu lassen, und dabei das dunkle Haus betrachten. Vielleicht würde er noch einmal seine steif gestärkte Uniform überprüfen oder die Stiefel oder Schuhe, die er am Abend zuvor gewienert hatte, und dann würde er einen letzten Blick auf das Haus werfen, ehe er wegfuhr. Die wenigen Gefühle, die Cassidy sich erlaubte, waren entweder solche, die er – wie die für das Marine Corps – offen aussprechen konnte, oder solche, die intim waren, wie etwa die für seine Familie, die sich nur in stillen Momenten einstellten, wenn er allein war und darauf wartete, dass sein Auto warm lief, oder wenn er im Dunkeln aufwachte und ganz still lag. Cassidy wusste, er konnte sich glücklich schätzen, dass er mit Martha verheiratet war, weil sie ihn niemals auffordern würde, sich zwischen der Familie und dem Marine Corps zu entscheiden. Wenn er gezwungen wäre, sich zu entscheiden, würde er sich für die Familie entscheiden. Aber er würde zögern.
    An diesem Gefühl für das Corps lag es auch, dass Cassidy so tief verletzt war, als er feststellte, dass der Sicherungssplint an einer seiner Handgranaten geradegebogen worden war. Irgendwann hätte sich der Stift von allein gelöst, und die Granate wäre explodiert. Als Cassidy an diesem Vormittag mit der Kompanie abrückte, tat er so, als wäre nichts geschehen, aber er fühlte sich beklommen und allein.

Kapitel 9
    E s war der fünfte Tag ohne Proviant, und die Kompanie bewegte sich in

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