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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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zur Tür hinaus, schloss sie leise, um Annes Mitbewohnerinnen nicht zu wecken, und stieg die Treppe hinunter.
    Das Taxi fuhr gerade rechts ran, als er sie die Straße entlangrennen hörte, barfuß, noch immer in ihrem Männerhemd. Er stand da wie gelähmt. Mit tränennassen Augen umarmte sie ihn, gab ihm rasch einen Kuss und ließ ihn dann los.
    Der Taxifahrer hatte seinen Val-Pak verstaut, saß wieder hinterm Steuer und ließ ihnen etwas Zeit.
    Anne setzte sich auf den Bordstein. »Geh jetzt«, sagte sie leise, den Blick starr auf die andere Straßenseite gerichtet. »Geh.«
    Zum letzten Mal sah er sie durch die Heckscheibe des Taxis. Vornübergebeugt, die Hände zwischen Gesicht und Knien eingeklemmt, saß sie auf dem schmutzigen Bordstein und wurde von Schluchzern geschüttelt.
    Als sie sich so weit entfernt hatten, dass sie nicht mehr zu sehen war, fragte der Taxifahrer, nicht unfreundlich: »Geht’s nach Vietnam?«
    »Ja.«
    »Ganz schön harter Abschied.«
    Hamilton sagte etwas, was Mellas wieder in die Gegenwart zurückholte. »Irgendwo muss es doch ein paar Frauen geben, die finden, dass es okay ist, hier zu sein.«
    »Kennen Sie welche?«, fragte Mellas. Er war sich unangenehm bewusst, wie sehr er allmählich verbitterte. Es war, als bediente sich ein anderer Mensch in ihm zuweilen seiner Stimmbänder. Auf einer bestimmten Ebene hasste er Frauen tatsächlich, wahrscheinlich weil sie zu Hause blieben und nicht eingezogen werden konnten. Vielleicht lag es auch an der Macht, die sie über ihn hatten, weil er sich danach sehnte, mit einer zusammen zu sein, bloß mit einer zu reden.
    »Nein«, sagte Hamilton.
    »So ist das«, sagte Mellas leise zu der dunklen Wand aus Dschungel. Er wandte sich an Hamilton. »Scheiß drauf. Ich gehe die Stellungen inspizieren.« Er ging. Hamilton fuhr damit fort, seine Karte anzustarren.
    Gegen drei Uhr dreißig an jenem Morgen informierte Fitch die Actuals über die vor ihnen liegende Aufgabe, die Drohung des Colonels, ihn abzulösen, und die implizite Drohung mit einem Kriegsgerichtsverfahren. Erbost bot Mellas an, zurückzutreten und sich zusammen mit Fitch dem Prozess zu stellen. »Damit käme die Geschichte ans Licht, und das Marine Corps würde die negative öffentliche Aufmerksamkeit unbedingt vermeiden wollen. Sie würden einen Rückzieher machen.«
    »Mellas«, sagte Hawke, »das ist hier keine Fortsetzung von Die Meuterei auf der Bounty, Scheiße noch mal.« Kendall und Goodwin lachten, und Mellas musste trotz seines Zorns lächeln. »Wir müssen bis morgen Mittag bei Kontrollpunkt Echo sein«, fuhr Hawke fort. »Das würde ungefähr acht Stunden absolut brutalen Gewaltmarsch bedeuten, um die Punkte Bravo, Charlie und Delta zu schaffen.« Er wandte sich an Fitch. »Das ist völlig unmöglich, Jim. Lass am besten den Funkkontakt abreißen. Schieb’s auf die Batterien. Überspring einfach ein paar Kontrollpunkte. Wenn wir Glück haben, schaffen wir es auf direktem Weg dorthin bis morgen Abend.«
    Fitch hatte nervös an seiner Unterlippe gekaut. Jetzt sagte er: »Du glaubst nicht, dass wir alle Punkte schaffen können?«, fragte er.
    »Jim, hast du Hippys Füße gesehen?«
    Fitch machte ein nachdenkliches Gesicht, sagte jedoch nichts.
    »Vielleicht könnten wir unsere Route mit den Sechzigern präparieren«, warf Kendall ein, »dann müssten wir auch nicht mehr so viele Mörsergranaten schleppen.«
    »Das Letzte, was man vergeudet, ist Munition, verdammt noch mal«, sagte Hawke.
    Kendall lief rot an.
    »Das ist alles, was wir noch haben«, sagte Mellas.
    »Stimmt genau. Und euer Leben.« Hawke holte tief Luft. »Nur damit ihr dämlichen Frischlinge kapiert, wie weit unser Arsch hier aus dem Fenster hängt: Sämtliche Infanteristen gehen nach Cam Lo. Und wo geht demnach die Artillerie hin, zumal wenn keine Infanteristen mehr da sind, die für Sicherheit sorgen? Die haben die Artillerie nicht nur vom Matterhorn abgezogen, sondern gestern haben wir auch noch den Eiger geräumt. Das bedeutet, wir haben nur noch die Acht-Zoll-Geschütze von Sherpa. Wir liegen am Rand ihrer effektiven Reichweite. In dem Bereich wird das Ganze ziemlich haarig.« Er wedelte mit der Hand, um seine Worte zu unterstreichen. »Wir alle wissen, wie bei Monsun die Chancen für Luftunterstützung stehen: Null Komma null. Also spart gefälligst eure Munition.«
    Zum ersten Mal begriff Mellas, dass Hawke Angst hatte. Ein Schauer der Furcht durchlief ihn. Er stellte sich vor, wie die in einem felsigen

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