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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Gürtelschnalle schnellte in ihrer Fantasie immer mehr in die Höhe.
    Mellas war außerstande, sich der allgemeinen Unbekümmertheit anzuschließen. Er konnte Fredrickson nicht ansehen. Er wusste, dass Fredrickson meinte, er hätte den Verwundeten töten müssen, habe aber nicht den Mumm dazu gehabt. Er fragte sich, ob Fredrickson recht hatte, genauso, wie er sich unentwegt fragte, ob er Fitch, was den Einsatz anging, belügen sollte.
    Beim Befehlsstand traf er auf Fitch und Hawke, die im Schneidersitz auf dem Boden saßen und C-Rationen aßen. Er zog die Brieftasche des Vietnamesen aus der Tasche und wog sie in der Hand. »Tut mir leid, dass ich den Einsatz abgebrochen habe, Jim. Ich weiß nicht, was ich zu meiner Verteidigung sagen soll.«
    »Sagen Sie, dass Sie Angst gekriegt haben«, sagte Fitch. »Scheiße, Beichten tut der Seele gut. Ich hab dem Bataillon gemeldet, Sie sind mit einem Stoßtrupp ausgerückt, haben einen Gook erledigt und keinen Verletzten gehabt. Ein voller Erfolg.«
    »Prima.« Mellas hielt den Blick auf die Brieftasche in seiner Hand gerichtet.
    »Außerdem ist es gut, dass Sie früher zurückgekommen sind«, sagte Fitch. »Wir werden morgen zur VCB ausgeflogen. Ich hab’s gerade erfahren.«
    Mellas starrte weiterhin auf die Brieftasche und blieb stumm. Hawke, der ihn durch den von seinem Konservendosen-Becher aufsteigenden Dampf hindurch beobachtet hatte, reichte ihm den Kaffee. Mellas zeigte ein kurzes Lächeln und nahm einen Schluck. Seine Hand zitterte. Hawke sagte mit ruhiger Stimme: »Irgendwas ist passiert. Wollen Sie darüber reden?«
    Mellas antwortete nicht sofort. Dann sagte er: »Ich glaube, ich weiß, wo die Gooks sind.« Er zückte seine Karte und zeigte mit noch immer zitternder Hand auf die entsprechende Stelle.
    »Woher wissen Sie das, Mel?«, fragte Hawke.
    »Aufgrund der Richtung, in die er gekrochen ist, nachdem er angeschossen wurde.« Mellas warf Fitch die Brieftasche zu. Dann zog er das Einheits- und das Rangabzeichen des Soldaten aus seiner Tasche. Er sah sie, dann Fitch und Hawke an, die aufgehört hatten zu essen. »Ich hab ihn mit raushängenden Eingeweiden nach Hause kriechen lassen.« Er fing zu schluchzen an. »Ich hab ihn einfach da liegen lassen.« Rotz lief ihm aus der Nase. »Es tut mir so leid. Es tut mir so verdammt leid.« Seine Hände zitterten wie sein ganzer Körper, während er sich die beiden Stoffstücke auf die Augen drückte.

Kapitel 11
    D as Deck des Hubschraubers vibrierte unter ihnen, während sie sich mit dem Rücken an das dünne Metall lehnten, das sie von mehreren Hundert Metern leerem Raum trennte. Der Flug von Sky Cap zur Vandegrift Combat Base war wie Zauberei. Dschungelbedeckte Berge, die zu überqueren Wochen gedauert hätte, schossen in Minutenschnelle unter ihnen vorbei.
    Vancouver fragte sich, ob sein Gook-Schwert und seine Rettungsdecke schon gekommen waren. Skosh träumte von Urlaub in Sydney und fragte sich, wie es eigentlich war, Geschlechtsverkehr mit einem Mädchen zu haben. Hawke fragte sich, ob er vielleicht zum letzten Mal im Busch gewesen war, ob er vielleicht einen Posten in der Etappe ergattern konnte. Fitch ging, in Vorbereitung seiner Verteidigung, immer wieder die Ereignisse des langen Marsches durch, krank vor Angst vor der Schande, seines Kommandos enthoben zu werden. Außerdem wollte er aus seinen dreckigen Kleidern herauskommen und duschen. China zählte die Anzahl der Leute, die vor ihm mit Messedienst dran waren und überlegte, wie er sich vordrängeln könnte, ehe die Kompanie zu einer neuen Operation ausgeflogen wurde. Er brauchte Zeit in der Etappe, um Verschiedenes zu organisieren. Pollini kniete neben einem offenem Bullauge und sah zu, wie die Landschaft unter ihnen vorbeiglitt. Er fragte sich, ob jemand von seinen Brüdern oder Schwestern an ihn dachte. Cassidy wollte schlafen – nur schlafen und schlafen und die Schande vergessen, dass einer seiner Männer ihn hatte töten wollen. Goodwin wollte sich besaufen. Das wollten auch Ridlow, Bass, Sheller, Rider, Tilghman, Pallack, Gambaccini, Jermain und viele andere. Jackson wollte sich bekiffen, genau wie Mole, Cortell, Broyer, Mallory, Jacobs, Fredrickson, Robertson und Relsnik. Jancowitz nestelte an dem inzwischen schmutzigen roten Seidentuch, das er sich in die Tasche gestopft hatte, weil er es nicht mehr ansehen, andererseits aber auch nicht wegwerfen wollte. Es roch immer noch schwach nach Susis Parfüm. Wie er es schaffte, war ihm egal – er wollte

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