Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
Vom Netzwerk:
Rippe.
    Es sah aus wie ein umgekehrt ablaufender Angriff. Zwischen den explodierenden Granaten hindurch hielten sie durch Zurufe Kontakt, manche mit wildem Johlen, manche mit dem Schrei: »Scheiß drauf! Scheiß auf alles!« Sie rannten, um ihre Toten zu holen. Einige wurden von umherfliegenden Granatsplittern gefällt. Sie wurden aufgehoben, kaum dass sie den Boden berührt hatten, und zusammen mit den Toten den Hügel hinaufgeschleppt. Binnen einer Minute waren die Hänge geräumt.
    Dann, als hätte Gott einen Vorhang hochgezogen, lichtete sich der Nebel vollständig. Die Marines auf dem Helicopter Hill sahen das Matterhorn nackt vor sich stehen. Kleine Gestalten in grünen Tarnanzügen wuselten hierhin und dahin, zogen andere kleine Gestalten in Tarnanzügen hinter sich her oder hatten sie um die Schultern gefasst und stützten sie beim Gehen.
    »Rufen Sie die Scheißvögel, Snik«, rief Fitch aufgekratzt.
    Mellas konnte deutlich sehen, wie Bass oben auf der Kuppe des Matterhorns mit seinem Stock auf etwas zeigte und jemandem etwas zurief.
    Da der Nebel sich gelichtet hatte, begannen nun allerdings zusätzlich zu dem Mörserbeschuss auch die NVA -Kräfte auf dem Kamm nördlich des Matterhorns, aus automatischen Waffen zu feuern. Jede Bewegung auf der LZ wurde unterbunden.
    Fitch und Mellas sahen einander hoffnungslos an. Die Vögel konnten nur bei klarem Wetter kommen. Doch wenn es klar war, nagelte die NVA die Marines mit automatischen Waffen fest.
    Dann stieg vom Helicopter Hill ein Schrei auf. »Mörserbeschuss! Mörserbeschuss!« Die Marines waren damit beschäftigt, einen zweiten Verteidigungsring innerhalb des ersten auszuheben – sie hatten nicht mehr genügend Leute, um den äußeren zu verteidigen –, hörten nun aber auf und pressten sich an den Boden. Sie warteten die Zeitspanne ab, die von den Abschussgeräuschen, die in direkter Linie an ihr Ohr drangen, bis zu dem Moment verstrich, da die Mörsergranaten ihre hohe Flugbahn vollendet hatten. Die Granaten schlugen harmlos weit unten am Hang ein. Dann sprangen die Marines wieder auf und gruben angestrengt weiter, um den neuen Verteidigungsring fertigzustellen.
    Mellas verspürte übelkeiterregendes Entsetzen. Die Abschussgeräusche waren aus einer anderen Richtung gekommen als beim ersten Mal.
    Er rannte zu den Stellungen hinunter und sprang in Goodwins Schützenloch, denn er hoffte, die zweite Serie von Abschussgeräuschen von hier aus hören und Daniels bei einer Kreuzpeilung helfen zu können.
    »Eins muss man den kleinen Arschlöchern lassen«, sagte Goodwin zu Mellas, während sie auf die nächste Mörsersalve warteten. »Es sind Profis. Zu blöd, dass sie nicht auf unserer Seite stehen.«
    »Wart’s einfach ab«, sagte Mellas. »Vor fünfundzwanzig Jahren waren sie schon mal auf unserer Seite.«
    »Ehrlich? Wer hat die Seiten gewechselt, wir oder sie?«
    »Wir, glaub ich. Wir waren mal gegen Kolonialismus. Jetzt sind wir gegen Kommunismus.«
    »Meine Fresse«, sagte Goodwin ganz nüchtern. »Aber egal, wogegen wir sind, Jack, das sind jedenfalls Profis.«
    Mellas hob die Hand und lauschte angestrengt auf die nächsten Abschussgeräusche. Sobald sie kamen, peilte er sie an und gab die Richtung über Goodwins Funkgerät an Daniels weiter. Dann wartete er darauf, dass die Mörsergranaten ihre langsame, hohe Flugbahn vollendeten. Er schaute von oben auf die Wolkenbank, die zwischen den beiden Bergkuppen waberte und die Täler darunter verbarg. Das Matterhorn wirkte wie losgelöst von der Erde, eine hässliche, aus Silbergrau sich erhebende Knolle. Dann schlugen die Granaten ein – überall, auch innerhalb des Verteidigungsrings. Die Hände auf den Ohren krümmten die Marines sich zusammen und versuchten, sich in ihren Helmen zu verkriechen.
    Der Beschuss hielt fünfzehn Minuten an. Bloß fünfzehn Minuten. Dann hörte er auf.
    Mellas wartete zwei Minuten ab. Dann spähte er über den Rand des Kraters, schließlich stand er auf, um die Schäden zu überprüfen. Er fand den Senior Squid schon damit beschäftigt, jemanden zu verarzten. Goodwin meldete zwei Gefallene: Sie waren beide im selben Loch gewesen. Ansonsten gab es nur leichtere Verletzungen durch Splitter.
    Mellas ging zu Fitchs Schützenloch zurück. Relsnik blickte zu ihm auf, in seinem Gesicht arbeitete es. Pallack wandte den Blick ab.
    »Was ist los?«
    Fitch brach das Schweigen. »Bass ist tot«, sagte er rasch. Als versuchte er, diese allzu sachliche Feststellung zu korrigieren, fügte

Weitere Kostenlose Bücher