Matterhorn
schmelzendem Eis ausgestopften Seesack, zwei Kästen Coca-Cola.
»Scheiße, der Gunny, Mann«, sagte Pallack.
Drei Stunden später kamen der Erste und der Dritte Zug auf den Helicopter Hill zurück, denn sie hatten ihr Marschtempo den Verwundeten anpassen müssen, für die in den Medevak-Hubschraubern kein Platz gewesen war. Connolly hatte Vancouvers Schwert. Er kam damit zum Befehlsstand und übergab es Mellas.
»Was soll ich mit dem Ding, Conman?«, fragte Mellas und wog die Waffe in der Hand.
»Weiß ich nicht.« Connolly blickte in den Nebel hinaus. »Ich weiß nur, wenn es bei Vancouver bleibt, wird es irgendwer kriegen, der es nicht verdient. Sie könnten es wenigstens gegen irgendwas eintauschen.«
»Das fände ich nicht richtig«, sagte Mellas. »Vielleicht sollten wir es nach Hause zu seinem Vater schicken«, fügte er wenig überzeugend hinzu.
»Was für einem Vater?«, sagte Connolly. »Der würde das bestimmt nicht wollen, Sir. Was sollte ein kanadischer Junge in einem amerikanischen Krieg machen, wenn er ein Zuhause und einen Vater hätte, zu denen er zurückwollte?«
Connolly setzte sich in den Morast und starrte an Mellas vorbei zum Matterhorn hinüber. »Scheiße, er war mein Bruder, Sir.« Er fing zu weinen an. Mellas schaute auf das Schwert, außerstande, etwas zu sagen. Tränen liefen Connolly über Mund und Kinn. Er wischte sie immer wieder mit seiner schmutzigen Hand weg und verschmierte sich dabei das Gesicht. »Er war mein Bruder.«
Mellas legte das Schwert in den Befehlsstandsbunker. Dann ging er hinunter zu den Stellungen des Ersten Zugs und übernahm ihn, ohne Fitch auch nur zu fragen.
Inzwischen waren auf dem Helicopter Hill fünfzehn von Totenstarre steif gewordene Leichen gestapelt. Mehrere von ihnen waren von einer Mörsergranate verstümmelt, die mitten unter ihnen explodiert war. Goodwins Zug hatte fünfzehn Mann verloren: acht Gefallene und zehn Evakuierte. Die anderen Verwundeten seines Zugs blieben zurück und waren noch kampffähig. Kendall hatte vierzehn verloren: sechs Gefallene und acht Evakuierte, womit zehn Leichtverwundete blieben, die noch einsatzfähig waren. Von den zweiundvierzig Mann des Ersten Zuges waren noch zwanzig übrig – einundzwanzig, wenn man Mellas dazuzählte. Davon war die Hälfte leicht verwundet, aber noch kampffähig. Damit umfasste die Kompanie einschließlich der Befehlsstandsgruppe und der Mörserleute siebenundneunzig noch Verwendbare. Sechzig Liter Wasser geteilt durch siebenundneunzig ergab gut einen halben Liter pro Marine. Außerdem hatte jeder eine halbe Dose Coca-Cola.
Es war erst 1015 .
Sie verteilten Wasser, Proviant und Munition der Toten, einschließlich derer der NVA . Einige Marines bewahrten das NVA -Wasser in gesonderten Feldflaschen auf. Andere schütteten beides einfach zusammen. Es machte kaum einen Unterschied. Maschinengewehrschützen setzten sich zusammen und teilten die noch verbliebene Munition gleichmäßig auf.
Den ganzen Tag saßen oder standen sie in ihren Löchern und starrten den Nebel an. Ab und zu rief jemand »Mörserbeschuss!«, dann kauerten sie sich zusammen, die Knie bis zum Helm angezogen, und warteten auf die Geräusche, die ihnen verrieten, dass nicht sie getroffen worden waren.
Am Abend lief Mellas’ Verstand infolge des unaufhörlichen Mörserbeschusses aus dem Ruder. Irgendwann hatte er einem Toten die Schutzweste ausgezogen und sie über seiner angelegt. Sein Verstand hörte nicht mit Rechnen auf: Wenn eine Schutzweste vor fünfzig Prozent des Beschusses schützt, dann schützen zwei vor fünfundsiebzig Prozent. Wenn ich drei trage, sind es schon siebenundachtzigeinhalb Prozent, und vier ergeben dreiundneunzigdreiviertel Prozent. Er machte damit weiter, bis sein umnebelter Verstand nicht mehr teilen konnte; dann fing er aus irgendeinem Grund wieder von vorn an. Wenn eine die Hälfte abhält, dann halten zwei drei Viertel ab … Er versuchte, die Berechnungen auszuschalten. Er ging von Schützenloch zu Schützenloch und redete mit Leuten. Doch dann hörte er die Abschussgeräusche und wusste, weitere Granaten waren unterwegs. Er kletterte in das nächstgelegene Schützenloch und ging erneut die Zahlen durch, während er auf die Explosionen wartete. Er erinnerte sich an einen Vortrag darüber, dass Mörser gegen Truppen, die sich eingegraben haben, ziemlich wenig ausrichteten. Die psychologische Wirkung auf die Truppen hatte der Vortrag verschwiegen.
Am Abend setzte Fitch eine Besprechung der
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