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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Karten spielen, oder kriegt ihr euren Arsch hoch?«
    Ein langer Moment des Schweigens trat ein. Die Piloten wussten besser als Hawke, was von ihnen verlangt wurde. Wenn sie sich unter diesen Bedingungen fast blind knapp oberhalb der Bäume entlangtasteten, weil das der einzige Luftraum war, in dem sie etwas sehen konnten, reichten ein winziger Navigationsfehler, eine einzige Sekunde Unaufmerksamkeit, eine winzige Temperaturveränderung, die klare Luft in undurchdringlichen Nebel verwandelte, und sie würden den Berghang etwa eine Sekunde sehen, bevor er sie und sämtliche Marines an Bord umbrachte.
    Hawke machte einen letzten, verzweifelten Anlauf. »Marines sind in Schwierigkeiten. Habt ihr Angst, ihnen zu helfen?«
    Ein jüngerer First Lieutenant schob seinen Stuhl zurück. »Scheiße, jetzt reicht’s«, sagte er. Er klatschte seine Karten auf den Tisch und stand auf. Hawke befürchtete, dass er zu weit gegangen war. Aber der Pilot sah seinen Bridge-Partner an, der offenbar sein Kopilot war. »Was meinst du, Nickels?«
    »Scheiße.« Nickels warf seine Karten mit der Bildseite nach oben auf den Tisch und stand auf, gefolgt von dem First Lieutenant.
    »Wie sieht’s aus, Major?«, fragte der Lieutenant. »Ich glaube, wir sind gerade Feigling genannt worden.«
    Der Mann mit dem roten Gesicht seufzte und warf seine Karten auf den Tisch. Er stand von seinem Stuhl auf und rief, an niemand Bestimmten gewandt: »Scheiße, hat jemand einen Jeep? Ich hab keine Lust, zu Fuß zu meiner eigenen Beerdigung zu gehen.«
    Das war der wahre Hintergrund der Geschichte, die später im Vierundzwanzigsten Marineinfanterieregiment und in der Fünften Marineinfanteriedivision die Runde machte: Ein Infanterielieutenant sei in den Offiziersklub des Regiments spaziert, habe vier Piloten seine Pistole unter die Nase gehalten und gedroht, sie umzubringen, wenn sie den Einsatz zur Rettung seines alten Haufens verweigerten.
    Die Geschichte, die bei der Marine Air Group 39 und beim Fünften Marine Air Wing die Runde machte, besagte, vier Piloten hätten einen Flugstopp missachtet, um sich mit zehn bis zwölf Metern zwischen ihrem Fahrwerk und den Bäumen im strömenden Monsunregen einen zweitausenddreihundert Meter hohen Berg hochzuschleichen und eine Kompanie Marines zu retten, die von einem NVA -Regiment umzingelt war.

Kapitel 17
    D er Forward Air Controller, empfing die Funkrufe der beiden Vögel lange, bevor sie zu hören waren. Er war verblüfft. Dass ein Hubschrauber sie fand, erschien unmöglich. Er hatte Bainford gerade die Wolkenhöhe durchgegeben, und Bainford hatte ihm gesagt, sie würden warten müssen, es sei zu gefährlich zum Fliegen.
    Geduckt rannte Mellas hinter dem FAC -Mann zur LZ hinauf, wo sie sich beide in ein nahe gelegenes Schützenloch zwängten. Eine einzelne Scharfschützenkugel pfiff über ihre Köpfe hinweg. »Ich weiß nicht, was da läuft, Sir, aber unten im Tal sind zwei Vögel, die uns zu finden versuchen. Sie sagen, sie haben Verstärkungen und Munition. Captain Bainford hat mir gesagt, es gäbe einen allgemeinen Flugstopp.« In diesem Augenblick rauschte das Funkgerät.
    Der FAC -Mann lauschte. »Negativ, Sir, kann Sie immer noch nicht hören. Over.«
    Er und Mellas saßen stumm da. Mellas bedeutete dem anderen, dass er das Funkgerät haben wollte, und schaltete rasch auf die Frequenz der Kompanie um. Pallack meldete sich.
    »Hier spricht Five Actual«, sagte Mellas. »Sagen Sie allen, dass uns ein Vogel zu finden versucht. Ich will absolute Ruhe. Over.« Bald wurde es im gesamten Verteidigungsring still, alle warteten im Nebel, wagten noch nicht zu hoffen.
    Nach ein paar Minuten sah Mellas, wie der FAC -Mann sich straffte, nach Süden blickte und seinen Kompass zückte. Mellas Ohren waren von dem zurückliegenden Gefecht so strapaziert, dass er nichts als ein schrilles Klingeln hörte, das sich dauerhaft in seinem Kopf festgesetzt zu haben schien. »Magpie, Magpie, hier ist Big John Bravo. Ich höre Rotorgeräusch auf eins sieben neun. Ich wiederhole, eins sieben neun Grad.« Der FAC -Mann sah Mellas an, dann schüttelte er aufgeregt eine geballte Faust. Er grinste. Irgendetwas kam über Funk. »Bestätige, Sir.« Erneut kurzes Schweigen. »Magpie, hier ist Big John Bravo FAC . Wir haben ungefähr« – er blickte mit zusammengekniffenen Augen zu den Wolken auf – »fünfzehn Meter.« Dann ließ er den Kopf hängen. Möglicherweise, dachte Mellas, verurteilte der FAC -Mann, indem er die Wahrheit sagte, die

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