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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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wusste, dass die Show so gut wie vorbei war. Nun, da eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Einsatz von Starrflüglern bestand, der Fluchtweg zur DMZ blockiert war, von Süden und Osten zwei Bataillone Marines heranrückten und eine verstärkte Kompanie genau auf der Nachschublinie der NVA stand, würde Nagoolian nach Laos zurückmarschieren. Die Gooks waren keine Idioten – jedenfalls nicht die aus dem Norden. Aber wahrscheinlich würden sie das Matterhorn verteidigen, um ihren Rückzug zu decken. Daraus müsste sich vielleicht noch was machen lassen.
    »Da haben Sie womöglich nicht unrecht, Sir«, sagte Blakely.
    »Und ob«, sagte Simpson und goss sich noch einen Bourbon ein. Er bot Blakely die Flasche an.
    Blakely schaute auf sein leeres Glas, nicht auf die Flasche, und überlegte rasch. Den Blick noch immer auf das Glas gerichtet, begann er zu reden. »Angesichts der Verluste der Bravo-Kompanie«, sagte er bedächtig, während er sich seine Argumente zurechtlegte, »der schlechten Kill Ratio, des Umstandes, dass sie im Einsatz eingeschlafen sind – die Liste lässt sich fortsetzen –, erscheint es eigentlich fast zwingend, dass ein guter Bataillonskommandeur sich persönlich einer derart aus dem Ruder gelaufenen Führungssituation annimmt.«
    Simpson sah ihn an, die Hand mit der Flasche noch immer ausgestreckt. Dann zog er sie langsam zurück.
    Blakely ließ ihn nachdenken.
    »Major Blakely«, sagte Simpson nach langem Schweigen. »Ich möchte, dass sich die Befehlsstandsgruppe bereit macht, heute Abend auf die Position der Bravo-Kompanie zu wechseln.«
    »Heute Abend, Sir?«
    »Sie haben mich schon verstanden. Stevens soll für ein paar Leuchtgranaten sorgen, und sagen Sie Bainford, wir brauchen nur einen Hubschrauber.« Er berührte den Hals der Flasche, als wäre sie ein Talisman. »Und ich möchte, dass für morgen früh ein Angriff aufs Matterhorn vorbereitet wird.«
    »Von wem, Sir?«
    »Von der Bravo-Kompanie. Die müssen ihre Ehre retten und ihren Stolz zurückgewinnen.«
    Die Befehlsstandsgruppe des Bataillons traf gegen 2200 auf dem Hügel ein und belegte sofort Fitchs Bunker mit Beschlag, weshalb dieser mit seiner Gruppe in ein offenes Loch in der Nähe der LZ umziehen musste.
    Gegen 2300 führte Mellas ein Spähtruppunternehmen durch. Er ließ die Gruppe langsam und leise vorrücken, bis er das Gefühl hatte, den feindlichen Stellungen nahe zu sein. Dann forderte er eine Leuchtrakete an. Im wabernden grünlichen Licht sah er die Linie verlassener Löcher, die der Feind überall auf dem Helicopter Hill gegraben hatte. Wahrscheinlich hatten sich die Nordvietnamesen in die Bunker auf dem Matterhorn zurückgezogen, sobald das Wetter aufgeklart war, da sie wussten, dass die Jets kommen würden.
    Mellas war um 0100 zurück. »Sie sind abgehauen, und wir sind morgen hier weg«, sagte er zu Fitch und Goodwin. Goodwin grinste. Fitch jedoch zeigte ein verkniffenes Gesicht. Er war gerade von seinem früheren Bunker zurückgerobbt, den nun Simpson und Blakely innehatten.
    »Was ist los?«, fragte Mellas, als er Fitchs Stimmung bemerkte. »Die Schwanzlutscher haben dich doch nicht etwa abgelöst, oder?« Er hatte plötzlich Angst, dass sein Freund gehen würde. »Hawke hat mir das mit dem Marschgepäck gesagt …«
    Fitch schüttelte den Kopf. »Wenn’s bloß das wäre.« Goodwin und Mellas sahen einander fragend an. Dann sagte Fitch verzweifelt: »Wir haben den Befehl bekommen, das Matterhorn zu nehmen. Angriff beim ersten Tageslicht.«
    Voll Angst holte Mellas Atem. »Wir können die da oben nicht noch mal angreifen«, flüsterte er. Goodwin stand auf, sodass sich seine Silhouette vor dem schwachen Licht des Nachthimmels abzeichnete. Er schaute in Richtung Matterhorn, obwohl der Berg nicht zu sehen war.
    »Der Colonel sagt, wir hätten uns von diesem Berg vertreiben lassen und dadurch unseren Stolz verloren«, sagte Fitch, »und den müssten wir uns jetzt zurückholen.« Er zitterte wieder.
    »Er ist wahnsinnig«, sagte Mellas. »Wir sind auch mit den Neuen immer noch weit unter Sollstärke.«
    Fitch versuchte, sich etwas einfallen zu lassen, was er zu seinen beiden Lieutenants sagen könnte. »Angeblich kriegen wir Unterstützung durch Starrflügler.«
    Mellas und Goodwin sahen ihn bloß an.
    Er versuchte es erneut. »Vielleicht ist es ja gar nicht so wahnsinnig. Ich meine, um die Initiative zu behalten, muss irgendwer im Dunkeln in Angriffsposition gehen. Der Rest von Delta ist noch nicht hier. Also

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