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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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hatte sie ihm den Rücken zugewandt. Wie kam sie dazu, zu weinen? Doch nun würde er nie mehr erklären können, wie er sich fühlte, konnte ihr nicht mehr erklären, wie weh es tat, würde nicht mehr dahinterkommen, warum sie es getan hatte; er konnte sich nicht mehr für sein fehlendes Verständnis entschuldigen oder ihr vorhalten, wie wenig sie ihn verstand. Sie waren auseinandergerissen und getrennt, ohne zweite Chancen.
    Er sah sich selbst, wie er sich mit Pollini den Hang hinunterwälzte; er sah das säuberliche Loch in Pollinis Kopf. Dann erinnerte er sich daran, wie Bass an seinem Short-Timer-Stock geschnitzt und wie Vancouver zu ihm und Scar in den leeren Bunker gekommen war und gesagt hatte: »Nagoolian ist nach da abgehauen.«
    Einmal, später in der Nacht, flüsterte Mellas: »Alles in Ordnung?« Die Frage richtete sich an Bass, Vancouver und Pollini. Jackson dachte, er sei gemeint, und bejahte. Mellas fragte sich, warum Jackson das gesagt hatte.
    Aus dem Funkgerät kam Goodwins Flüstern, mit dem er einen Horchposten überprüfte. Selbst vor einem Angriff lief die öde Routine ab.
    Der Nebel ballte sich dicht und schwer, während die Männer auf der Südseite vom Helicopter Hill eine Reihe bildeten. Mellas kam es vor, als wären die Wolken über ihm Schieferbrocken. Die Männer waren erschöpft und voller Verzweiflung angesichts des Irrsinns, den das Unternehmen darstellte. Trotzdem überprüften alle ihre Munition, ließen Spannhebel vor- und zurückgleiten, bereiteten sich darauf vor, an dem Irrsinn teilzunehmen. Es war, als hätten sich die Veteranen der Kompanie dem Irrsinn unterworfen und beschlossen, Selbstmord zu begehen. Mellas, dem vor Erschöpfung übel war, wusste nun, warum Männer sich auf Handgranaten warfen.
    Schweigend inspizierte er seinen Zug. Viele der Männer waren ihm fremd, andere dagegen vertraute Freunde. Er zog an einer zu locker befestigten Feldflasche, zupfte an einer Handgranate, die nachlässig angehakt war, durchlief die Routine der Inspektion, wie eine Mutter ihre Kinder zurechtmacht, bevor sie zur Schule gehen.
    Er hörte jemanden den Hang hinunter auf sie zustapfen. Aus dem dunklen Nebel löste sich eine geisterhafte Gestalt, ein M 16 auf der Schulter, mit Magazinen gefüllte Munitionsgurte schräg über der Schutzweste. »Also, Mel«, sagte Hawke, »wo ist mein Zug?«
    Mellas konnte nur den Kopf schütteln. Ihm fehlten die Worte. Schließlich sagte er: »Du nimmst den Dritten, Hawke, zusammen mit Conman. Er ist nicht viel größer als eine Gruppe. Es geht darum, das Heckenschützenfeuer vom nordöstlichen Ausläufer, in Scars Rücken, niederzuhalten. Dort ist ein MG .« Er zückte seine Karte und die Taschenlampe mit der roten Vorsatzlinse. »Genau da, vermute ich«, sagte er und zeigte auf die Stelle, die er berechnet hatte. »Wahrscheinlich musst du ein paar Bunker ausräumen.« Er blickte zu Hawkes intensiven dunklen Augen auf. »Danke, dass du gekommen bist, Jayhawk. Scheiße, ich hoffe, du gehst nicht drauf.«
    »Was glaubst du wohl, warum ich den Zug nehme, der nicht den Scheißberg raufgeht?« Hawke drehte sich um und ging an der Reihe von Männern entlang, die Finger der erhobenen Hand zum Hawk-Power-Zeichen gekrümmt.
    »Hey, Lieutenant Hawke, heute kriegen Sie den Arsch weggeballert«, rief jemand.
    »Nur, wenn die Scheiß-Gooks eine Kugel erfunden haben, die unterirdisch schießt.«
    Er brachte die Jungs dazu, dass sie über den Tod lachten.
    Über das PRC - 25 kam Pallacks Stimme. »Okay, Bravo One, Two und Three. Los geht’s.«
    Die Kompanie ging in den schwarzen Dschungel hinein, während die Artilleriegeschosse über sie hinwegkreischten, im Matterhorn einschlugen und den Boden zum Beben brachten. Das Licht der explodierenden Granaten wurde vom Nebel reflektiert und gedämpft und erreichte ihre Augen als fahler Schimmer.
    Sie kamen vorbei an Cortell und Jermain, Jacobs’ M 79 -Mann, die auf einem Baumstamm saßen und ihnen nachsahen.
    »Viel Glück, Jungs«, sagte Cortell mit warmer Stimme. Jacobs bedankte sich. Ein paar andere ebenfalls. Keiner dachte schlecht von den beiden. Jermain sah zu, wie seine Freunde vorbeimarschierten, und schüttelte stumm den Kopf, als sagte er sich: »Ich geh nicht. Diesmal nicht. Diesmal ist es total verrückt.«
    Die beiden sahen zu, wie der letzte Mann verschwand. Mindestens drei Minuten lang sagten sie gar nichts. Dann machte Jermain den Mund auf. »Irgendwie komm ich mir beschissen vor.«
    »Ich mir auch«, sagte

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